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Ein Demonstrationszug zieht in Gedenken an die Opfer vom rechtsextremen Anschlag in Hanau vom Hermannplatz zum Rathaus Neukölln. (Symbolbild)

© F. Bungert/ imago images/Future Image

Nach erneutem Brandanschlag in Neukölln: Aktivisten rufen zu Demo am Hermannplatz gegen rechten Terror auf

Seit Jahren werden in Neukölln rechtsextrem motivierte Anschläge verübt und kaum aufgeklärt. 500 Menschen wollen am Freitag dagegen protestieren.

In Neukölln hat es erneut einen Brandanschlag gegeben, der mutmaßlich von Rechtsextremen verübt wurde. Demonstranten wollen deshalb am Freitag durch den Kiez ziehen. Unter dem Motto „Den rechten Terror stoppen“ wird im Internet dazu aufgerufen.

„Letzte Woche wurde die Bäckerei Damaskus zum siebten Mal Opfer eines rechten Anschlags“, heißt es dort. Seit zehn Jahren würden Neonazis Anschläge gegen Migranten und Linke in Neukölln verüben. Zu der Demonstration auf dem Hermannplatz (17 Uhr) sind 500 Teilnehmer bei der Polizei angemeldet.

Anlass ist ein Brandanschlag auf einen Lieferwagen in der Sonnenallee in der Nacht zum vergangenen Freitag. Die Polizei war am Freitag zunächst von einer unpolitischen Tat ausgegangen. Am Sonntag teilte sie dann mit, an der Hauswand direkt neben dem Tatort sei ein „mit Farbe aufgetragenes NS-Symbol“ festgestellt worden. Damit landete der Fall beim Landeskriminalamt (LKA). Auf die Fassade der Bäckerei wurden SS-Runen gesprüht.

Aktuelle Bedrohung richtet sich nicht gegen Einzelpersonen

Ein Mitarbeiter der Bäckerei sagte dem RBB, dass es in den vergangenen Monaten sieben Anschläge auf die Bäckerei gegeben habe. Die Zahl habe auch die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR) überrascht, sagt Matthias Müller von der MBR dem Tagesspiegel am Telefon.

Bislang seien der MBR nur drei Vorfälle im Zusammenhang mit „Damaskus“ bekannt gewesen. Einen engeren Zusammenhang zwischen den Angriffen und der rechtsextremen Anschlagserie auf Engagierte und Lokalpolitiker sieht der MBR nicht unbedingt. Vielmehr reihe sich die Tat in eine Häufung von Vorfällen rund um die Sonnenallee und Wildenbruchstraße ein.
Im Gegensatz zur rechtsextremen Anschlagserie seit 2016 würden sich die aktuellen Bedrohungen nicht gegen konkrete Einzelpersonen richten. Müller sieht die rechtsextremen Angriffe eher als generellen Ausdruck eines militanten Rechtsextremismus und Rassismus in Neukölln. „Für die Betroffenen ist es allerdings eher zweit- oder gar drittrangig, ob die Taten direkt zusammenhängen – der Effekt, der durch die Drohungen erzielt wird und erzielt werden soll, bleibt“, sagt er.

Verurteilungen gegen die Anschläge gab es bisher nicht

Seit Jahren schmieren in Neukölln Rechtsextremisten Nazi-Symbole und Drohungen an Hauswände, verschicken Hass-Botschaften und beschädigen Schaufenster. Anfang 2018 wurden die Autos eines Kommunalpolitikers und eines Buchhändlers angezündet. Danach durchsuchte die Polizei Wohnungen von mehreren verdächtigen Rechtsextremisten, fand aber keine Beweise.

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Die Polizei setzte eine Ermittlungsgruppe zu der Serie ein und geht inzwischen von 72 Taten aus, darunter 23 Brandstiftungen. Gegen zwei Verdächtige wurde im November wegen Nazi-Schmierereien im Jahr 2017 Anklage erhoben. Verurteilungen gab es bisher nicht.

Der stellvertretende Sprecher der Linken in Neukölln, Ferat Kocak, dessen Auto 2018 angezündet wurde, kritisierte: „Die Aufklärungsrate beträgt null Prozent. Und die Täter sind dadurch motiviert weiter die Bevölkerung zu terrorisieren.“ Die Forderung der Betroffenen nach einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss werde von der Politik nicht gehört. „Die einzige Stimme, die wir noch haben, ist der Protest auf den Straßen.“ (Tsp/dpa)

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