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Hatte gewarnt: Michael Müller (SPD), Regierender Bürgermeister von Berlin.

© Wolfgang Kumm/dpa

Nach der Entlassung von Rackles: Senatorin Scheeres vs. Bürgermeister Müller

Die Bildungssenatorin setzt sich bei der Entlassung von Staatssekretär Rackles gegen den Regierenden durch. Der hatte andere Vorstellungen.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Die überraschende Entlassung des Bildungsstaatssekretärs Mark Rackles in den einstweiligen Ruhestand hat in der Berliner SPD heftige Kritik an der Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) ausgelöst, manche Genossen wünschen sich sogar ihren Rücktritt. Außerdem wird die Führungsschwäche des Regierenden Bürgermeisters und SPD-Landeschefs Michael Müller beklagt. „Dass Müller hier überhaupt nicht mehr führt, ist fatal“, sagte ein einflussreicher Parteifunktionär dem Tagesspiegel.

Dem Vernehmen nach hat Müller im Vorfeld versucht, die Parteifreundin und Senatorin Scheeres von ihrer Personalentscheidung abzubringen. Sie solle sich das gut überlegen und, falls sie wirklich nicht mehr mit Rackles zusammenarbeiten wolle, einen ausgewiesenen Bildungsexperten als Nachfolger suchen, soll der Regierende gesagt haben. Nicht nur er hatte Bedenken, auch Vertraute in der Senatskanzlei sollen die Entlassung von Rackles als „katastrophal“ eingeschätzt haben. Letztlich hielt sich Müller trotz solcher Bedenken an das ungeschriebene Gesetz, dass Senatsmitglieder für ihre Staatssekretäre allein verantwortlich sind.

Scheeres: Habe ein gutes Händchen

Der Frage, wie der Regierende auf ihre Entscheidung reagiert habe, wich Scheeres am Dienstag aus. „Wir haben das alles miteinander abgestimmt“, sagte sie auf Anfrage. Sie dankte Rackles „für sieben Jahre enger und vertrauensvoller Zusammenarbeit“, aber nach so langer Zeit sei „die gemeinsame Basis ausgedünnt“. Die Halbzeit der Legislaturperiode sei auch ein guter Anlass, um „neue Impulse zu setzen“. Mit ihrer bisherigen Pressesprecherin Beate Stoffers übernehme eine hervorragende Kennerin der Berliner Bildungslandschaft das Amt der Staatssekretärin. Sie habe, so sagt Scheeres, für Personalentscheidungen „ein gutes Händchen“.

In der vorhergehenden Senatssitzung, in der die Personalie ohne Diskussion innerhalb von einer Minute durchgewinkt wurde, war Müller wegen einer Dienstreise nach Buenos Aires und Montevideo nicht anwesend. Deshalb fehlte der Regierungs- und Parteichef auch am Montag, als in der Sitzung des SPD-Landesvorstands die Entlassung von Rackles durchsickerte. Viele Vorstandsmitglieder reagierten empört und entsetzt. Führende Genossen werfen Scheeres nun vor, dass sie die sozialdemokratische Bildungspolitik „gegen die Wand fahren lässt“. Sie sei nicht mehr tragbar. Man warte jetzt auf ein „Signal von Müller“, hieß es in Parteikreisen. Und aus der SPD-Fraktion verlautete: Die nächste Krise sei die von Scheeres und die übernächste die von Müller.

Auch die Koalitionspartner mischten sich am Dienstag in den Personalstreit ein. „Die Entscheidung von Frau Scheeres kann ich nicht nachvollziehen“, sagte die Chefin der Linksfraktion, Carola Bluhm. Dieser Einschätzung schließe sie sich voll und ganz an, so die Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek.

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