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Der Chef der Berliner Senatskanzlei, Björn Böhning (SPD), im Hauptausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses zur Diwell-Affäre.

© dpa

Nach der Anhörung zum Fall McKinsey: Björn Böhning bleibt, seine Selbstherrlichkeit auch

In der McKinsey-Affäre ist Senatskanzleichef Björn Böhning nur vorerst gerettet. Zu viele Fragen bleiben auch nach seiner Anhörung offen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Ulrich Zawatka-Gerlach

In letzter Minute haben die Sozialdemokraten dem Chef der Berliner Senatskanzlei Absolution erteilt. Nach derzeitiger Sachkenntnis sei die Angelegenheit für die SPD erledigt, gab deren Fraktionsgeschäftsführer Torsten Schneider am Mittwoch im Abgeordnetenhaus zu Protokoll. Der Genosse Björn Böhning darf also seinen Job im Roten Rathaus behalten. Noch einmal Glück gehabt. Vorerst jedenfalls.

Die Affäre um die Beratung des Unternehmens McKinsey für den Senat und die stillschweigende Mitarbeit des Ex-Staatssekretärs und Genossen Lutz Diwell ist nicht ausgestanden. Zu viele berechtigte Fragen, von der Opposition und den Medien gestellt, blieben in der Sondersitzung des parlamentarischen Hauptausschusses offen.

Bestätigt wurde, dass Kanzleichef Böhning Ende 2015 ohne Abstimmung mit den Mitgliedern des Senats aus eigenem Entschluss McKinsey beauftragt hat, mit Daten, Prognosen und Analysen sowie organisatorischem Know-how zu helfen, einen Masterplan des Senats für die langfristige Integration der Flüchtlinge in Berlin auszuarbeiten. Das Honorar und den Umfang des Auftrags legte der SPD- Mann ad hoc selber fest.

Björn Böhnings Selbstüberschätzung - und Selbstherrlichkeit

Alles ist merkwürdig an diesem Vorgang. Erst wurde der Auftrag mündlich vergeben, dann erst der Inhalt des Vertrags festgelegt und die Vereinbarung Wochen später unterzeichnet, als die Arbeit am Masterplan schon fast fertig war. Die Finanzverwaltung und das Parlament, die für die Kontrolle der öffentlichen Finanzen originär zuständig sind, wurden mit großer Verspätung informiert. Scheibchenweise. Und es ist offensichtlich, dass sich Böhning der ganzen Wahrheit nicht verpflichtet fühlte. Das war kein flexibles, unbürokratisches Handeln in einer Notsituation, sondern Selbstüberschätzung – und Selbstherrlichkeit.

Böhning bleibt auch in der Erklärungspflicht, ob die Beratungsleistung McKinseys wirklich dazu beigetragen hat, einen realitätsbezogenen und zukunftssicheren Masterplan für Integration herzustellen. Liest man den Entwurf, kommen schwere Zweifel auf. Die angeblich exzellente Expertise des Unternehmens verbirgt sich jedenfalls perfekt zwischen den Zeilen. Hat die Senatskanzlei also 238000 Euro brutto in den Sand gesetzt, in freihändiger, unkontrollierter Vergabe? Die Frage bleibt offen.

Die Rolle des Anwalts und altgedienten SPD-Manns Diwell bleibt ebenfalls in einer schwer durchleuchtbaren Grauzone stecken. Spätestens im Oktober 2015 hatte Diwells Parteifreund Böhning dienstlichen Kontakt mit dem Asylrechtsexperten, als der ein Gutachten für die Senatskanzlei anfertigte. Für ein Honorar, das knapp unterhalb der Schwelle von 10000 Euro blieb, ab der das Parlament informiert werden muss.

Und dieser Diwell, der noch im September vergangenen Jahres Koordinator für Flüchtlingsangelegenheiten des Senats werden wollte und zwischendurch ehrenamtlich den Senat beriet, tauchte im Januar urplötzlich als Unterauftragnehmer McKinseys auf, um am Masterplan mitzuwirken. Was Diwell dafür bekam, was er fürs Geld tat, wer ihn holte oder nehmen musste – das alles weiß Böhning angeblich nicht. Es habe ihn nicht interessiert, sagt er. Wer’s glaubt. Da stinkt der Fisch doch vom Kopfe her.

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