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Dauerbaustelle. Das "Lufthansa-Gate" am BER.

© Bernd Settnik/dpa

Update

Nach den Tagesspiegel-Enthüllungen: Flughafengesellschaft bestätigt „wesentliche Mängel“ am BER

Die Flughafengesellschaft hat gravierende Defizite bei der Fertigstellung des BER bestätigt. In der SPD zweifelt man, dass der Airport je eröffnet wird.

Von
  • Ulrich Zawatka-Gerlach
  • Sabine Beikler

Die Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg hat bestätigt, dass es beim Baufortschritt des BER „wesentliche Mängel“ gibt. In einer am Donnerstagnachmittag veröffentlichten Stellungnahme heißt es, dass es vor allem in sechs Bereichen noch gravierende Probleme gebe: Bei der Brandmeldeanlage, dem Elektroakustischen Notrufwarnsystem, der Sicherheitsbeleuchtung als Teil der Sicherheitsstromversorgung im Main Pier Nord, der Sicherheitsstromversorgung im Main Pier Nord, der Entrauchungssteuerung sowie der Sprinkleranlage.

Das bestätigt die Berichterstattung des Tagesspiegels, der am Donnerstag auf mehreren Sonderseiten zu 2000 Tage BER-Nichteröffnung gravierende Defizite bei den technischen System öffentlich gemacht hatte, vor allem beim Brandschutz.

Der Tagesspiegel-Bericht berief sich unter anderem auf aktuelle TÜV-Prüfberichte zu BER. Deren Inhalt wird von der Flughafengesellschaft bestätigt. Diese Berichte geben laut Flughafengesellschaft allerdings „bekannte Sachverhalte“ wieder. Begründet wird dies damit, dass „der Baufortschritt am BER und die jeweilige Situation bei der Abnahme der technischen Anlagen durch die Prüfsachverständigen regelmäßig Gegenstand der Berichterstattung der Geschäftsführung in den Sitzungen des Aufsichtsrates und in den entsprechenden Ausschüssen in den Landtagen“ sei.

Zu Tagesspiegel-Erkenntnissen, denen zufolge eine BER-Eröffnung vor 2021 durch die neuen Informationen zunehmend unwahrscheinlich wird, äußert sich die Flughafengesellschaft nicht direkt. Allerdings wird konstatiert, dass der „im September vorgelegte Rahmenterminplan zur baulichen Fertigstellung bis zum 31.08.2018 ambitioniert“ sei und „bewusst ohne Puffer geplant“ wurde. Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup wird in der Erklärung mit den Worten zitiert: „Es bleibt dabei: Am 15. Dezember werde ich dem Aufsichtsrat einen unternehmerisch verantwortlichen Termin zur Inbetriebnahme vorschlagen.“

„Jeder zusätzliche Monat ist sehr, sehr teuer“

Der Flughafenexperte der Berliner SPD, Jörg Stroedter, macht sich inzwischen „ernsthafte Sorgen, dass das Gesamtsystem des Flughafens BER jemals funktioniert und von den Prüfbehörden abgenommen werden kann“. Wenn schon der Main Pier-Nord vom TÜV dermaßen kritisch beurteilt werde, „wie sieht es dann erst mit der Haupthalle und den anderen Bereichen des Terminals aus?“

Er fühle sich in seiner Einschätzung bestätigt, sagte Stroedter am Donnerstag dem Tagesspiegel, dass man das Hauptgebäude nach der Nicht-Eröffnung 2012 bis auf den Rohbau hätte zurückbauen und die viel zu komplizierte Entrauchungsanlage durch bewährte Systeme ersetzen sollen. „Dann wäre BER längst eröffnet und weniger teuer geworden.“ Aber dafür sei es jetzt zu spät. „Jetzt müssen wir durch.“

Auch Stroedter bezweifelt, dass die Bauarbeiten bis Ende 2018 abgeschlossen werden können. Wann BER eröffnet werden könne, sei unter den aktuellen Bedingungen überhaupt nicht absehbar. Der SPD-Politiker geht davon aus, dass sich die Gesellschafter Berlin, Brandenburg und der Bund wegen drohender weiterer Verzögerungen auch mit der Finanzierungsfrage noch einmal beschäftigen müssen. „Jeder zusätzliche Monat ist sehr, sehr teuer.“

Der Hauptstadtflughafen BER - immer noch unfertig.
Der Hauptstadtflughafen BER - immer noch unfertig.

© Ralf Hirschberger/dpa

Hinzu komme, dass spätestens Ende 2019 in den Schallschutz für die Anwohner des Flughafens Tegel investiert werden müsse. Das werde insgesamt zwei Milliarden Euro kosten. Hinzu kämen eine Milliarde für eine Grundsanierung des City-Airports, der nicht noch viele weitere Jahre auf Verschleiß gefahren werden könne.

Dies alles sei, so Stroedter, „schlicht der Wahnsinn!“ Für die Sitzung am 13. Dezember habe er als Vorsitzender des Beteiligungs- und Kontrollausschusses im Abgeordnetenhaus nicht nur die Geschäftsführung der Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg, sondern auch Vertreter von Siemens und Bosch eingeladen.

Bisher habe es von beiden Konzernen, die zu den Hauptauftragnehmers des Flughafenbaus in Schönefeld gehören, noch keine Zusage gegeben. „Ich werde aber den Druck erhöhen“, kündigte Stroedter an. Den Anträgen von FDP und AfD, Anhörungen zu BER im ansonsten vertraulich tagenden Beteiligungsausschuss künftig öffentlich abzuhalten, stehe er positiv gegenüber, sagte der SPD-Mann.

Ex-Wirtschaftssenator und Verkehrspolitiker Harald Wolf (Linke) erwartet wie Stroedter eine „zeitnahe Information“ im Beteiligungsausschuss. Wolf forderte Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup auf, so schnell wie möglich mit den bauausführenden Firmen Gespräche zu führen. Der Grünen-Verkehrspolitiker Harald Moritz hält die Gründung einer Projektgesellschaft für den Bau und die Erweiterung von BER für unabdingbar. Es fehle in diesem Bereich seit zehn Jahren an einer klaren Führung, der Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup könne dies nicht allein stemmen. „Das ist unfassbar“, sagte CDU-Verkehrspolitiker Oliver Friederici dem Tagesspiegel. Statt endlich Transparenz beim BER herzustellen, würden bei Michael Müller (SPD) und dem Flughafenchef weiter das Motto „Tricksen und Täuschen“ regieren. Die bestehenden Mängel würden den „Anti-Tegel-Kurs“ von Müller und dem brandenburgischen Ministerpräsidenten Dietmar Woidke „zerlegen“, sagte FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja, der den Weiterbetrieb von Tegel fordert. Die AfD will einen Flugverkehr-Sonderausschuss einrichten.

Das Dasein des BER als ewige Baustelle folgt aus dem fortgesetzten Verstoß gegen die Vernunft, kommentiert Chefredakteur Lorenz Maroldt.

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