zum Hauptinhalt
Wer einen Test bekommt und wer nicht, entscheiden die Ämter sehr unterschiedlich. Bei Betroffenen führt das zu Verunsicherung.

© Sven Braun/dpa

Nach Coronafall eines Bezirksverordneten: Tempelhof-Schönebergs Gesundheitsstadtrat warnt vor Panikmache

Die Bezirksverordnetenversammlung und ein Ausschuss in Tempelhof-Schöneberg fielen aus. Das Gesundheitsamt sah dafür keinen Anlass. Die Verunsicherung ist groß.

Selbst wenn sich alle Teilnehmer einer Veranstaltung oder einer Sitzung an die Corona-Regeln halten, kann die Verunsicherung anschließend groß sein. Dann nämlich, wenn anschließend bekannt wird, dass unter ihnen jemand war, der positiv getestet wurde. Ein Beispiel dafür ist derzeit die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) in Tempelhof-Schöneberg.

Erst am Mittwoch war die BVV, die seit der Pandemie in der Sporthalle Schöneberg stattfindet, wegen eines Corona-Verdachtsfalls kurzfristig abgesagt worden. Am Donnerstag lag das positive Testergebnis eines AfD-Verordneten vor, der am Montag mehrere Stunden ohne Maske im Gesundheitsausschuss des Bezirks gesessen hatte. Das Tragen einer Maske ist allerdings auch nach den Hygieneregeln für die Sitzung nicht notwendig, sofern man an seinem Platz ist. Nur wenn dieser verlassen wird, ist es vorgeschrieben.

Ein Test aller Teilnehmer sei jedoch nicht nötig, meint Gesundheitsstadtrat Oliver Schworck (SPD). Auch die Absage der BVV hält er nach wie vor für unverhältnismäßig.

Am Samstag erhielten mindestens zwei Bezirksverordnete und weitere Teilnehmer des Ausschusses eine rote Mitteilung der Corona-Warn-App, dass sie ein erhöhtes Risiko haben, da sie über einen längeren Zeitraum in einem geringen Abstand einer Corona-positiv-getesteten Person begegnet seien.

Ebenfalls an diesem Tag bekamen die Bezirksverordneten eine Mail des Gesundheitsstadtrats, wie sie sich bei einer Corona-App-Warnmeldung verhalten sollen: einen Screenshot der Warnung ans Gesundheitsamt schicken, auf die Vereinbarung eines Testtermins warten und bis zu einem negativen Ergebnis „in Isolation“ bleiben.

Er habe das Schreiben nur verfasst, um der Verunsicherung der Bezirksverordneten zu begegnen, sagte Schworck am Sonntag. Es habe nichts mit der Sitzung des Ausschusses zu tun. Das Gesundheitsamt habe in dem Fall nicht aktiv werden müssen.

[Wenn Sie alle aktuellen Nachrichten live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere runderneuerte App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Auch bei Schworck steht die App auf Rot; er werde sich testen lassen und bleibe bis zum Ergebnis zu Hause, sagt er. Er wisse jedoch natürlich nicht, ob der Warnhinweis im direkten Zusammenhang mit dem Ausschuss stehe. In dem Saal seien alle Hygieneregeln – wie Abstände, desinfizierte Tische, ständiges Lüften – eingehalten worden.

Auch ein Ausschuss wurde abgesagt

„Ich halte nichts davon, in Aufregung zu verfallen“, sagte Schworck. „Ich warne vor Panikmache.“ Niemand im Saal sei eine direkte Kontaktperson gewesen. Für die Absage der BVV hat es laut Schworck aus Sicht des Gesundheitsamtes keinen Anlass gegeben.

[350.000 Leute, 1 Newsletter: Die Autorin dieses Textes, Sigrid Kneist, schreibt den Tagesspiegel-Newsletter für Tempelhof-Schöneberg. Den gibt es hier: leute.tagesspiegel.de]

CDU und Grüne hatten jedoch Bedenken: Viele ihrer Verordneten hätten nicht teilgenommen. Da dann die regulären Mehrheitsverhältnisse nicht mehr gegeben wären, sagte BVV-Vorsteher Stefan Böltes (SPD) die Sitzung ab. Am Donnerstag wurde auch der Ausschuss für Bürgerdienste abgesagt.

Kritik am Vorgehen Schworcks kommt weiterhin von der CDU: „Wir hätten uns eine proaktive Information des Gesundheitsstadtrats gewünscht, das hat eindeutig zu lange gedauert“, sagt Patrick Liesener, der am Montag im Ausschuss war. Er war geschützt, trug eine FFP-2-Maske und saß auch nicht in der Nähe des infizierten Bezirksverordneten. Nicht weit von diesem entfernt saßen aber Mitglieder des Betriebsrats des Wenckebach-Krankenhauses. Sie erhielten kein Schreiben des Gesundheitsstadtrats.

Zur Startseite