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Die grüne Bürgermeisterkandidatin Renate Künast und Landesgeschäftsführer André Stephan.

© dpa

Nach Alkoholfahrt: Grünen-Wahlkampfchef schläft betrunken an Ampel ein

Die Berliner Grünen haben ihren wegen Trunkenheit am Steuer festgenommenen Wahlkampfmanager André Stephan gefeuert. Die Konkurrenz reagiert mit Spott.

Die Grünen haben zwölf Wochen vor der Abgeordnetenhauswahl ihren Wahlkampfmanager von seinen Aufgaben entbunden. Gründe wurden offiziell nicht genannt – sie waren aber bei der Polizei zu erfahren: Der 31-jährige André Stephan, der auch Landesgeschäftsführer war, soll sich am frühen Mittwochmorgen gleich mehrerer Delikte schuldig gemacht haben: Alkohol am Steuer, Körperverletzung, Beleidigung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte.

Stephan war gegen 4 Uhr früh einer Polizeistreife aufgefallen: in einem Auto an der Kreuzung Holzmarkt- und Lichtenberger Straße. Er war an einer Ampel hinter dem Steuer eingeschlafen. „Der Mann hatte offenbar sehr viel Alkohol getrunken“, sagte ein Polizeisprecher. Die Beamten weckten Stephan, der bis nach Mitternacht beim Hoffest des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit im Roten Rathaus zu Gast gewesen war. Zahlreiche Gäste erinnerten sich daran, Stephan gesehen zu haben, doch niemand wollte ihn beim Trinken außergewöhnlicher Alkoholmengen gesehen haben. Eine Parteifreundin sagte, sie habe ihn gegen halb eins vorbeigehen sehen, da habe er einen klaren Eindruck gemacht.

Die Polizisten forderten eine weitere Streife an, um den Betrunkenen zur Blutentnahme auf die Wache in die nahe Wedekindstraße zu bringen. „Beim Eintreffen der Kollegen versuchte er dann zu flüchten“, teilte die Polizei mit. Als ihn die Beamten festhielten, soll er einen von ihnen geschubst, einen weiteren getreten haben. Schließlich wurde Stephan doch noch im Polizeigewahrsam Blut entnommen, danach wurde er entlassen. Seinen Führerschein zogen die Polizisten ein. Wie viel Promille festgestellt wurden, teilte die Polizei nicht mit.

Am frühen Nachmittag zog der Landesvorstand der Grünen Konsequenzen. Andreas Schulze, Sprecher der grünen Spitzenkandidatin Renate Künast, sagte nur, dass man die Lage „mit einem höheren Einsatz aller“ bewältigen werde und „zeitnah“ einen Ersatz für Stephan finden werde. Düstere Kommentare über die Außenwirkung von Stephans Auftritt waren bei den Grünen nicht zu hören. Einer bemerkte jedoch, Stephans Verhalten mitten im Wahlkampf sei unmöglich.

Sozialdemokraten und Linkspartei hielten sich mit boshaften Kommentaren weitgehend zurück. Die Sprecherin der Berliner SPD, Daniela Augenstein, erklärte: „Für jede Partei hat die Position des Landesgeschäftsführers und Wahlkampfleiters eine Schlüsselfunktion für die Organisation und Koordinierung der gesamten Kampagne. Jede Neubesetzung an dieser Stelle ist da schwierig und macht das Wahlkampf-Leben sicher nicht leichter.“ Politiker der Linkspartei wollten sich zu dem Vorgang nicht zitierfähig äußern. Allerdings hieß es in der Fraktion, nun habe ausgerechnet die Partei ein Problem, die sich anderen immer moralisch überlegen fühle. CDU-Generalsekretär Bernd Krömer sagte, es könne jedem mal passieren, dass er ein Glas zu viel trinke und dann Auto fahre. Doch es gehe nicht, bei einer Kontrolle auf Polizisten loszugehen. Stephan solle darüber nachdenken, ob eine Entschuldigung angebracht sei.

Ähnliche Vorkommnisse gab es schon früher: Der Sprecher der damaligen PDS, Hanno Harnisch, brach 1993 betrunken den roten Trabant des Theaterregisseurs Johan Kresnik auf und fuhr damit davon. Der frühere CDU-Innensenator Heinrich Lummer wurde Weihnachten 1996 mit 1,96 Promille erwischt. Drei Jahre später soll ausgerechnet ein Funktionär der Gewerkschaft der Polizei nach einem Weingelage erst den Fahrer des Taxis, in dem er saß, und dann zwei Beamte beschimpft haben. 2000 wurde der Neuköllner Jugendstadtrat Lutz Reichert (CDU) betrunken am Steuer erwischt und verlor seinen Führerschein. 2001 fiel der damalige CDU-Landesgeschäftsführer Matthias Wambach angetrunken bei einer nächtlichen Radarkontrolle auf.

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