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27. Mai 2018. Mit diesem Tweet lobte Müller die Großdemo unter dem Motto „Stoppt den Hass! Stoppt die AfD“

© Twitter/

Nach AfD-Demo in Berlin: Gericht beschäftigt sich mit Tweet von Michael Müller

Hat Berlins Regierender Bürgermeister seine Neutralitätspflicht verletzt? Ja, meint die AfD. Der Fall wird Mittwoch vorm Landesverfassungsgericht verhandelt.

Der Kurznachrichtendienst Twitter verleite dazu, allerlei Unüberlegtes von sich zu geben, so erzählt es neuerdings Grünen-Chef Robert Habeck auf allen Offline-Kanälen. Gilt das auch für den Regierenden Bürgermeister? Das Landesverfassungsgericht will es am Mittwoch prüfen. Dann verhandeln die Richter ein Organstreitverfahren der Berliner AfD gegen Michael Müller.

Der Bundesverband der Partei hatte am 27. Mai 2018 unter dem Motto „Zukunft Deutschland“ demonstriert, begleitet von verschiedenen Gegendemos. Beeindruckt von der Mobilisierung des Guten verschickte der Regierende einen Tweet: „Zehntausende in Berlin heute auf der Straße, vor dem Brandenburger Tor und auf dem Wasser. Was für ein eindrucksvolles Signal für Demokratie und Freiheit, gegen Rassismus und menschenfeindliche Hetze.“

Herr Habeck hat Recht. Twitter, Facebook und Co. sind für einige Personen Gift. Zumindest, wenn diese das Konto selber (ohne Aufsicht) bedienen. Herr Müller gehört mit Sicherheit dazu.

schreibt NutzerIn Kommentator2018

"Werturteil über die veranstaltende Partei"

Ist das Werben für die AfD-Gegner ein Anschlag auf die im Grundgesetz geschützte Parteifreiheit? Die AfD jedenfalls sieht ihre Chancengleichheit im politischen Wettbewerb verletzt. Aus diesem Recht folge, dass Inhaber eines Regierungsamtes bei Äußerungen in amtlicher Funktion zur Neutralität verpflichtet seien. Sie dürften nicht einseitig zulasten einzelner politischer Parteien Stellung nehmen. Ihnen sei insbesondere verwehrt, aus Anlass einer politischen Kundgebung negative Werturteile über die veranstaltende Partei abzugeben.

Der Regierende meint dagegen, es fehle an einem Bezug zur AfD. Die Gegendemos positiv zu bewerten, bedeute nicht, die AfD und ihre Demo herunterzuputzen. Zumal die Gegendemonstranten eher allgemeine politische Anliegen artikuliert hätten, auf die Müller sich mit seinem Tweet bezogen haben will.

Eigentlich spricht daraus doch eine deutliche Selbsterkenntnis der AfD, wenn sie sich mit den Begriffen Hetze und Rassismus angesprochen fühlt.

schreibt NutzerIn dunkelreaktion

Beispiele aus anderen Bundesländern

Die AfD-Klage zielt auf eine empfindliche Flanke. Dass Politiker ihr Amt, so sie denn eines haben, zuweilen von Kundgaben politischer Positionen trennen sollten, ist für manche eine neuere Erkenntnis. Für die Ex-Bildungsministerin Johanna Wanka (CDU) zum Beispiel, die sich ebenfalls nach einer AfD-Klage vom Bundesverfassungsgericht erklären lassen musste, dass sie nicht einfach per Pressemitteilung auf der Ministeriums-Webseite gegen eine AfD-Demo Front machen durfte. Seitdem ist zumindest klar, dass der Rückgriff auf amtliche Kommunikationsmittel heikel ist, wenn es gegen den politischen Gegner geht.

Auch eine im Düsseldorfer Rathaus ersonnene Aktion, einer AfD-Demo die Stadtbeleuchtung auszuknipsen, war rechtswidrig, wie das Bundesverwaltungsgericht 2017 festgestellt hat. Eine Vorentscheidung für den Müller-Fall liegt darin jedoch noch nicht. Die Leipziger Verwaltungsrichter hatten Amtsinhabern sogar erhebliche Freiräume zugestanden, sofern sie in der Auseinandersetzung sachlich blieben. Doch auch wenn Müllers Tweet im Rahmen des Erlaubten geblieben sein sollte: Der Senat dürfte künftig noch genauer hinsehen, was auf den Twitter-Accounts seiner Mitglieder so alles passiert.

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