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Vor allem in Großstädten sind die Schülerlotsen mit leuchtender Weste, Mütze und Kelle im Einsatz.

© picture-alliance / dpa

Nach Abbruch des Lotsenprojekts: Schulwege sind ein Sicherheitsrisiko für Kinder

Wegen Rasern wurde das Schülerlotsenprojekt der Berliner Werbellinsee-Grundschule eingestellt. Jetzt laufen Ermittlungsverfahren wegen Nötigung im Straßenverkehr.

Einige Polizisten und ein Elvis stehen am Freitagmorgen in Schöneberg an der Kreuzung vor der Werbellinsee-Grundschule. Dort, wo bisher Schülerlotsen für den sicheren Schulweg sorgten, übernehmen an diesem Tag unabhängig voneinander Beamte und der als Rockstar verkleidete Vater den Job. Einen Tag nachdem die Grundschule das Schülerlotsenprojekt wegen Sicherheitsrisiken durch Verkehrsrowdys eingestellt hat, wirkt die Szenerie wie ein kleines Zeichen: Man kümmert sich um die Sicherheit der Schüler. Wie diese gewährleistet werden kann, das beschäftigt jetzt Politik, Polizei und Schulen. An der Schöneberger Grundschule laufen laut Angaben der Polizei zwei Ermittlungsverfahren wegen Nötigung im Straßenverkehr. Meldungen über Fehlverhalten von Autofahrern an Lotsenübergängen gibt es laut Senatsverwaltung für Bildung in ganz Berlin.

Dass gerade der Schulweg ein Sicherheitsrisiko für Kinder darstellt, bestätigt der ADAC. Demnach seien Kinder „besonders häufig morgens auf dem Weg zur Schule, am frühen Nachmittag nach Schulschluss und während des Feierabendverkehrs nach 16 Uhr“ Opfer von Verkehrsunfällen. 2015 kam es berlinweit laut Stichprobenstatistik der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung zu 1.822 Unfällen auf dem Schulweg.

Verkehrssenatorin will bauliche Maßnahmen prüfen

„Die Stärkung der Verkehrssicherheit liegt mir besonders am Herzen“, sagt Verkehrssenatorin Regine Günther. „Wenn es sich als sinnvoll und notwendig erweist, werden wir auch bauliche Maßnahmen prüfen, zum Beispiel den Einbau von Mittelinseln“, ergänzt sie. Aus der Senatsverwaltung für Bildung heißt es: „Im konkreten Fall muss geschaut werden, ob die Lösung über Polizeipräsenz geht oder ob beispielsweise die Anlegung eines Zebrastreifens notwendig ist.“

Die Verbreitung von Tempo-30-Bereichen in schulnahen Verkehrszonen ist in Berlin laut Senatsverwaltung für Verkehr bereits sehr hoch. „Ein Tempo-30-Schild reicht leider nicht aus", sagt Sandra Hass, Pressesprecherin des ADAC. Stationäre und mobile Blitzer hält sie vor allem in Gefährdungsgebieten wie an Schulen für sinnvoll und fordert gleichzeitig die Autofahrer zu mehr Rücksicht auf. "Ich will nicht pauschalisieren, aber gerade an Schulen müssen sie aufpassen", so Hass. Feste Überwachungskameras, die Rotlicht- oder Geschwindigkeitsverstöße dokumentieren, gibt es in Berlin derzeit an 21 Orten. Wie viele davon an den 427 Berliner Grundschulen positioniert sind, konnte die Polizei am Freitag nicht sagen.

Im Jahr 2015 hat die Polizei zusätzlich 18.268 Mal den Verkehr mit mobilen Blitzern kontrolliert. Etwa jeder zwanzigste Fahrer war dabei zu schnell. Einen Anlass, die Überwachungsmaßnahmen an Schulen zu intensivieren, sieht die Polizei derzeit nicht. "Es ist nicht realistisch Blitzer und Polizisten vor jeder Schule zu positionieren", sagt Martin Pallgen, Sprecher der Senatsverwaltung für Inneres.

Anfang November hatte es aus den rot-rot-grünen Koalitionsgesprächen generell geheißen, man wolle Raser und andere Verkehrsrowdys in Berlin künftig konsequenter verfolgen.

Gefahr auch durch fahrende Eltern

Neben den Rasern gibt es für die Schüler allerdings noch ein anderes Risiko: die Eltern selbst. Das berichtet, neben Tagesspiegellesern, Peter Rohrbach, Schulleiter der Adolf-Glaßbrenner-Grundschule in Kreuzberg. „Unsere Schule liegt an keiner großen Durchfahrtsstraße. Das Hauptproblem sind die vielen Eltern, die ihre Kinder mit dem Auto bringen", sagt er. Dass die auch an der Werbellinsee-Grundschule ein großes Problem sind, bestätigt die dortige Schulleiterin Sabine Schirop: „Sie gefährden mitunter selbst ihre Kinder.“ Dass die gesamte Problematik endlich den Weg in die Öffentlichkeit findet, begrüßt die Schulleiterin: „Vielleicht schaffen wir es ja dadurch, alle nachhaltig für das Thema zu sensibilisieren.“

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