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Illegaler Sperrmüll ist keine Seltenheit in Neuköllner Straßen.

© Gregor Fischer/dpa

Müllproblem in Berlin-Neukölln: „Erwischen wir einen, rechnet sich das“

Private Sicherheitsdienste kämpfen in Neukölln gegen illegalen Sperrmüll, damit sind nicht alle zufrieden. Ein Interview mit Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey.

Frau Giffey, Neukölln hat ein Müllproblem, jetzt lauern nachts schwarze Sheriff Umweltsündern auf. Helfen nur Strafen?

Nein, wir reagieren, indem das Ordnungsamt den Müll bei der BSR meldet, die ihn abräumt. Wir beugen vor, gehen in Schulen und Quartiere informieren und mobilisieren die Bürger. Der Einsatz privater Sicherheitsdienste ist ein weiterer Baustein. Es gibt leider Menschen, die keine Verantwortung übernehmen, sich nicht um den Kiez kümmern und asozial mit der Umwelt umgehen. Um die zu stoppen gibt es zwar genügend und mit bis zu 50.000 Euro ausreichend hohe Bußgelder. Die Schwierigkeit ist bisher nur, die Leute auf frischer Tat zu ertappen.

Und hat das schon geklappt?

Wir haben einen Fall, bei dem der Fahrer zu schnell weg war. Es geht halt alles sehr schnell, vorfahren, auswerfen und weg. Außerdem gehen die Sicherheitsdienste nicht eigenmächtig vor, sondern sie rufen die Polizei oder das Ordnungsamt. Wir kooperieren auch eng mit der BSR. In einem anderen Fall haben wir ein Fahrzeug aus Irland mit Schutt beschlagnahmt – dabei waren Bauleute, die aber keine Papiere hatten. Das war aber am Tag. Die Nachteinsätze haben sich vermutlich herumgesprochen, denn es gibt weniger Vorfälle.

Dazu mögen Bilder mit grimmig dreinblickenden Security-Leuten beigetragen haben. Nicht allen dürfte die Privatisierung der Müllbekämpfung gefallen, oder?

Ich bin auch nicht dafür, alles mit privaten Sicherheitsfirmen zu machen. Aber die Mitarbeiter der Ordnungsämter haben Uniformpflicht und vor deren Augen kippt niemand Müll aus. Außerdem haben sie feste Dienstzeiten von 6 bis 22 Uhr und das wissen auch die Täter. Nachts ist die Polizei zuständig, aber die hat oftmals wichtigere Probleme. Berlin ist die Stadt, die niemals schläft und 24 Stunden lang werden auch Ordnungswidrigkeiten begangen. Deshalb hilft hier der Einsatz von Sicherheitsdiensten.

Neuköllns Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) hat das Müllproblem zur Chefsache erklärt.
Neuköllns Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) hat das Müllproblem zur Chefsache erklärt.

© Davids/Sven Darmer

Die Privaten sind eine Notlösung?

Ja und zwar auch, weil die Ordnungsämter nicht ausreichend ausgerüstet sind für eine Großstadt. Neukölln hat 355 Kilometer Straßenland, aber nur 42 Mitarbeiter im Außendienst, die für Müll, Falschparken, Lärm, für alle Ordnungswidrigkeiten zuständig sind. Weil immer zwei Mitarbeiter eine Streife bilden und diese im Schichtbetrieb unterwegs sind, bekommen wir zehn Streifen auf die Beine und nur, wenn keiner krank ist.

Ist in Neukölln die Rücksichtslosigkeit besonders verbreitet?

Die illegalen Müllablagerungen sind ein berlinweites Problem. Von 20 000 Ordnungswidrigkeiten, die über unsere Neuköllner Online-App gemeldet wurden, waren im letzten Jahr 11 000 Müllablagerungen. Der Hausrat von Menschen, die in Berlin nur zur Durchreise sind, landet auf der Straße: Matratzen, Kühlschränke, Fernseher, Couch- Garnituren. Firmen kippen Bauschutt ab, mit asbesthaltigen Stoffen, Chemikalien, Farben und Lacke. 1,5 Millionen Euro geben wir pro Jahr für Entsorgung des Mülls und Reinigung von Grünanlagen aus. Davon könnten wir viele Spielplätze sanieren.

Haben die Neuköllner Vorschläge, wie das Problem zu lösen wäre?

Ja, sie wünschen sich kostenlose Sperrmüll-Tage wie früher. Das will die BSR nicht. Dann seien oft Fledderer unterwegs. Außerdem würden sich die Leute nicht immer an die Abholtage halten.

Wie lange läuft der Versuch?

Von Ende April bis Ende Mai, dann werten wir den Test aus. 9500 Euro kostet uns das. Wenn wir einen erwischen, kann sich das schon amortisieren.

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