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Satiriker und Publikumsmagneten: Vier Monty Pythons im Jahr 2009 vor einem Plakat für den Film "Life of Brian", der auch in der Kreuzberger Passionskirche gezeigt wurde.

© Justin Williams/dpa

Monty Python im Kirchenschiff: Passionskirche in Kreuzberg wird zum Kinosaal

Ein Pfarrer und ein Filmproduzent wollen in der Passionskirche Lust auf Kino machen – und über die wichtigen Fragen des Lebens diskutieren. Dazu zeigen sie besondere Filme und laden Experten nach Berlin ein.

Solche Worte hören die Kirchenbesucher sonst nicht aus dem Altarraum: Gepriesen seien die Skifahrer! Ich bin der Messias, und jetzt verpisst euch! Es ist auch kein Gottesdienst, der da stattfindet, sondern ein Kino-Abend. Und es wird laut gelacht. Über alle Bänke verteilt blickt das Publikum nach vorne in den Altarraum, wo eine große Leinwand aufgebaut ist. „Das Leben des Brian“ wird gezeigt, ein Klassiker von Monty Python. Vor gut 35 Jahren kam die Komödie heraus.

„Damals hätte man sich nicht vorstellen können, sie in einer Kirche zu zeigen“, sagt Pfarrer Peter Storck. Jetzt, in der Kreuzberger Passionskirche am Marheinekeplatz, eröffnet der Film einen Gesprächsabend über Satire und Glauben, im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Kino Passion“. Einmal im Monat, immer mittwochs, wird das Gotteshaus zum Kino. Da werden die Lichter gedimmt, die Bar geöffnet und der Beamer angeworfen.

Kinos und Gespräche mit Regisseuren gebe es genug, sagt Erwin M. Schmidt, neben Pfarrer Storck Mitorganisator des Projekts. Aber Diskussionen über Fragen des Lebens, die gute Filme aufwerfen, seien selten. Passend zum Thema kommen Experten zu Wort. „Wir zeigen nicht unsere Lieblingsfilme“, sagt Schmidt. Er sucht die heraus, die anspruchsvoll über das Leben und Menschen erzählen, über Liebe und gescheiterte Liebe, Altwerden, die Bedeutung von Arbeit, aber auch über Politisches, Flucht, Migration. Oder eben Religion und Humor.

„In der Kirche wird zu wenig gelacht“

Der Abspann läuft, Pfarrer Storck schnappt sich das Mikrofon und bittet als Gast Angelika Obert zu sich, eine Cineastin und langjährige Fernseh- und Hörfunkbeauftragte der evangelischen Kirche für den RBB. Eine Zuschauerin meldet sich: „Ich habe den Film zum ersten Mal gesehen“, sagt sie. „Wenn ich gewusst hätte, was mich erwartet, wäre ich nicht gekommen.“ Ein anderer gesteht, dass ihm bei der Kreuzigungsszene am Schluss das Lachen im Halse stecken geblieben sei.

Wieder andere haben sich köstlich amüsiert und sehen in dem Film weniger eine Verletzung religiöser Gefühle als eine beißende Kritik an verblendeten Dogmatikern. Schließlich kommt die Sprache auf die Anschläge von Paris und Kopenhagen, in deren Folge die ganze westliche Welt sich fragte: Was darf Satire? „Karikaturen von Jesus muss ich als Gläubiger aushalten können“, findet ein Besucher. Und widersprechen mag erst einmal niemand. Dafür sagt eine andere Zuschauerin: „In der Kirche wird zu wenig gelacht.“ Also, an normalen Tagen.

Die Veranstaltungsreihe „Kino Passion“ sei „Work in progress“, sagt Erwin M. Schmidt. Welche Filme gut ankommen, welche Themen gewünscht sind, all das wollen die Macher im Lauf der Zeit herausfinden. Die Idee dazu hatte er. Schmidt ist Filmproduzent, hat unter anderem das Projekt „Kathedralen der Kultur“ entwickelt und als Produzent für Wim Wenders’ 3-D-Tanzfilm über die Choreografin Pina Bausch gearbeitet.

Ein Profi, der als Privatmann ganz hinten im Kirchenschiff steht und gespannt beobachtet, wie das Publikum auf den Film reagiert und der sich freut, wenn er manche Gesichter schon zum zweiten Mal sieht, wie zwei Schülerinnen, Freundinnen, die eine mit Kopftuch, die andere ohne.

Der Eintritt ist frei

Sie haben sich einen Platz in einer Bankreihe ganz vorn ausgesucht. Schmidt wollte sich ehrenamtlich engagieren. Er wohnt in der Nachbarschaft und sieht die Passionskirche, diesen massigen Bau aus Backstein, jeden Tag im Vorbeilaufen. Jetzt organisiert er die Filmauswahl, das technische Equipment, versucht weitere Freiwillige für das Projekt zu begeistern und lädt die Gesprächspartner ein.

„Die Filmreihe soll ein Angebot für diejenigen Menschen sein, die sich normalerweise kein Ticket an der Kinokasse leisten können“, sagt Schmidt. Der Eintritt ist frei.

Damit nicht nur die hiesige Mittelschicht rund um den Marheinekeplatz zu den Abenden kommt, werben die beiden Macher auch bei Terminen der Berliner Tafel und in kirchlichen Einrichtungen fürs Programm. Willkommen ist aber jeder. „Wir versuchen, die Milieu-Verengung zu knacken“, sagt Pfarrer Storck. Sein Ziel wäre erreicht, wenn Obdachlose neben Alleinerziehenden und gut situierten Unternehmern in der Kreuzberger Passionskirche säßen. „Wir wissen nicht, ob das klappt.“ Aber wenn, dann kämen viele unterschiedliche Menschen miteinander ins Gespräch. Und an diesem Abend sieht die Mischung schon ganz bunt aus.

An diesem Mittwoch, dem 13. Mai, wird um 19 Uhr „Buena Vista Social Club“ von Wim Wenders gezeigt. Als Gast spricht Milena Fessmann nach der Vorführung mit dem Publikum über die Leidenschaft für Musik. Sie ist Musikberaterin für Film und Fernsehen und arbeitet als DJ und Moderatorin bei Radio Eins. Passionskirche, Marheinekeplatz 1, Kreuzberg, www.kino-passion.de

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