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Der Berliner Mieterverein rät Betroffenen, erstmal Kontakt mit dem Bezirksamt aufzunehmen.

©  Stefan Boness / Imago

Modernisierungsankündigung vor Neujahr: Berliner Vermieter fordern Mieterhöhung vor Gesetzesänderung

Kurz vor Neujahr erhielten viele Mieter Ankündigungen zur Mieterhöhung. Offenbar wollten Vermieter noch von den alten Regelungen profitieren.

Seit dem neuen Jahr gilt ein Gesetz, das Mieter besser schützen und Mieterhöhungen stärker beschränken soll. Wie jetzt bekannt wurde, nutzten offenbar unzählige Berliner Vermieter die Gelegenheit, in der kurzen Frist vor Inkrafttreten des Gesetzes noch von den alten, vermieterfreundlicheren Regelungen zu profitieren.

Wenige Tage vor dem Jahreswechsel verschickten verschiedene Eigentümer Modernisierungsankündigungen, die nach den neuen Regelungen ab dem 1. Januar 2019 rechtswidrig wären. Ausschlaggebend ist jedoch die Zustellung der Ankündigung – sofern diese noch im alten Jahr erfolgte, ist sie formal rechtsgültig.

Neue Regelung seit Jahresbeginn

Seit Jahresbeginn dürfen Vermieter nur noch acht statt bisher elf Prozent der Modernisierungskosten auf die Jahresmiete aufschlagen. Außerdem darf die Miete in den ersten sechs Jahren nach der Modernisierung um maximal drei Euro pro Quadratmeter steigen.

In den vergangenen Tagen hätten sich drei betroffene Mietparteien an das Bezirksamt Neukölln gewandt, sagt Baustadtrat Jochen Biedermann (Grüne). Er vermutet eine deutlich höhere Dunkelziffer. In einem Fall gehe es um eine Mieterhöhung von 472 Euro, die die bisherige Miete offenbar mehr als verdoppeln würde. „Da wird offensichtlich versucht, auf den letzten Drücker noch die elf Prozent Umlage zu kassieren“, sagt Biedermann. Teilweise seien die angekündigten Modernisierungen noch nicht einmal behördlich genehmigt worden

Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, spricht von vielen hundert Fällen, die berlinweit von kurzfristigen Modernisierungsankündigungen betroffen seien. Da sich nicht alle Mieter an den Mieterverein wenden, dürfte die Dunkelziffer aber auch hier deutlich höher liegen. Insbesondere in Milieuschutzgebieten, zu denen weite Teile der Berliner Innenstadt gehören, gebe es Möglichkeiten, gegen die Ankündigung vorzugehen.

„Die Rechtsauffassungen, inwiefern eine handlungsrechtliche Genehmigung vor der Modernisierungsankündigung vorliegen muss, sind unterschiedlich.“ Das bedeutet, dass es erfolgreich sein kann, sich gegen noch nicht behördlich genehmigte Modernisierungen zu wehren. Kompliziert würde es insbesondere, wenn Mieter einer Modernisierung bereits zugestimmt haben, die dann womöglich gar nicht erlaubt wird.

Betroffene sollen erst zum Bezirksamt

Daher rät Wild Mietern, sich nach Erhalt der Modernisierungsankündigung zunächst an das Bezirksamt zu wenden – oft seien die Bezirksämter noch gar nicht über geplante Maßnahmen informiert. Und nur so können Mieter herausfinden, ob die Genehmigungen vorliegen. Gerade in Milieuschutzgebieten sind die Auflagen für Modernisierungen streng.

Und auch wenn diese bereits genehmigt wurden, können Mieter womöglich eine Härtefallregelung geltend machen, etwa wenn die geplanten Maßnahmen finanziell nicht zumutbar sind. Manche Zuschriften enthalten auch Formfehler, die die Ankündigung ungültig machen. Für die Prüfung der Ankündigung und eventuelle Beantragung einer Härtefallregelung bleibt den Mietern lediglich eine Frist von einem Monat. „Hier sollte man keine Zeit verstreichen lassen“, rät Wild.

Vermieter werden regelmäßig vor Gesetzesänderung aktiv

Parallel kritisiert er jedoch auch den Gesetzgeber. Es komme immer wieder vor, dass Vermieter bei neuen Gesetzesregelungen – insbesondere, wenn diese den Mieterschutz verbessern – noch alle Möglichkeiten nutzten, um unter die alte Regelung zu fallen. „Das ist ein grundsätzliches Problem, das wir immer wieder beobachten“, sagt Wild und fordert Regelungen, die dieses Umgehen neuer Gesetze beschränken.

Im Falle der neuen Mieterschutzregelungen betrug die Frist zwischen Verabschiedung und Inkrafttreten lediglich 13 Tage. Erst am 18. Dezember 2018 war das Gesetz verabschiedet worden.

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