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Almromantik in Berlin. Schauspielerin und Gastronomin Jennifer Mulinde-Schmid in ihrer zünftigen Fondue-Hütte am RAW-Gelände.

© Doris Spiekermann-Klaas

Moderne Alpen-Küche in Berlin: „Grüezi miteinand, ich bin’s, das Heidi“

Jeniffer Mulinde-Schmid machte als „Schwarze Heidi“ Comedy. Doch zur Zeit macht sie lieber Fondue – in einer Schweizer Hütte in Friedrichshain.

Wer Jenniffer Mulinde-Schmid zum ersten Mal gegenübersteht, reibt sich die Augen. „Grüezi miteinand, ich bin’s, das Heidi“, stellt sich die 36-jährige Gastronomin in perfektem Schweizerdeutsch vor und versichert: „Ja, ja, ich bin’s. Ich bin in Schokolade gefallen.“ Mulinde-Schmid trägt ein schickes Dirndl zur dunklen Lockenmähne und hat erkennbar afrikanische Wurzeln. Ja, Heidi sei in einen Schokotopf geplumpst, so wie einst Obelix in seinen Zaubertrank-Kessel, dann habe sie sich wieder hochgezogen und sei als schwarzes Schweizer Mädchen aus dem Topf geklettert, erklärt Mulinde-Schmid noch und grinst.

Das Komödiantische steckt in der Gastronomin drin, die in Kreuzberg ein Restaurant betreibt und in Friedrichshain eine temporäre Fondue-Hütte. Die steht jetzt schon den zweiten Winter in Berlin, diesmal direkt im „Haubentaucher“-Club auf dem RAW-Gelände an der Warschauer Brücke. Ist irgendwie ein surrealer Anblick, ein lustiger dazu: eine urige Schweizer Holzhütte mitten in Berlin. Bis Ende Januar 2019 lädt Mulinde-Schmid hier zum „besten Käsefondue jenseits der Alpen“ ein.

Schon als Siebenjährige vor der Kamera

Geboren ist sie 1982 in Kenia. „Direkt in Mombasa am Meer.“ Allerdings kam sie schon mit drei Monaten in die Schweiz. Daher sieht sie sich als Schweizerin. Ihre ugandische Mutter erzog sie allein, kannte als Stewardess bei einer kenianischen Fluglinie die ganze Welt. Helvetia gefiel ihr am besten, und so tauschte sie mit Klein Jeniffer die afrikanische Küste gegen das Berner Oberland ein. „Als meine Mutter dann meinen Ziehvater kennenlernte, adoptierte er mich und wir zogen nach Zürich-Kloten.“

Schon als Siebenjährige stand das Energiebündel vor der Kamera, moderierte die Kindersendung „Kidz“ im Schweizer Fernsehen. „Dazu wurde ich immer mit dem Auto abgeholt. Das fand ich toll“,. erzählt Mulinde-Schmid. Mit 13 modelte sie, kam vier Jahre später über ihre Agentur zum Film. In „Dragan und Madlaina“, eine dramatische Liebesgeschichte, spielte sie 2001 die Hauptfigur Madlaina und wurde mit dem „Premier Grand Prix du Meilleur Film de Télévision Suisse“ ausgezeichnet. „Seither war mir klar, ich möchte schauspielern.“ Nach dem Abitur ging sie nach München an die Schauspielschule und wurde von der Fritz Gerber Stiftung für junge begabte Menschen gefördert.

„Plötzlich konnte ich nicht mehr lustig sein“

Ihr erstes Engagement hatte sie am Schauspielhaus Zürich, 2010 spielte sie in der Schweizer Kinokomödie „Die Standesbeamtin“ mit, machte aber vor allem als Stand-up-Comedian in Deutschland Karriere. Aus der Frustration heraus, dass ihr manche (Bühnen-)Rolle als Schauspielerin mit afrikanischen Wurzeln verwehrt geblieben sei, habe sie das Solo-Programm der „Schwarzen Heidi“ erfunden und beim Quatsch Comedy Club mitgemacht, erzählt sie. Mit Bravour.

„Ich bin ständig aufgetreten, habe meine Texte bald nicht mehr selber geschrieben.“ Gefallen habe ihr das immer weniger. Dennoch trat sie weiter auf – bis ihr Vater 2011 unerwartet starb. „Plötzlich konnte ich nicht mehr lustig sein. Das war mir alles zu oberflächlich“, sagt Jeniffer Mulinde-Schmid. Sie verabschiedete sich von der Bühne und lebte ihr zweites Ich in der Gastronomie aus.

Zusammen mit einem Partner führte sie die nächsten Jahre die „Helvetia Röschti-Bar“ in Kreuzberg, in der sie zuvor gekellnert hatte. Als das Schweizer Restaurant unweit des Kottbusser Tores dicht gemacht werden sollte, entschloss sie sich, es zu übernehmen und eröffnete dort 2016 ihre rustikal-szenige „Schwarze Heidi“. Unter dem Logo einer Helvetia mit Gabel, Dauerwelle und Schweizer Kreuz richtet sie die Klassiker der Alpen-Küche auf moderne Weise an: Die Käsespätzle werden kross angebraten, die Rösti kommen mit Fisch auf den Tisch, es gibt eigens erfundene Schwapas, Schweizer Tapas, und zu allem Mulinde-Schmids Witz und Charme. „Hier ist es auch wie auf der Bühne“, sagt sie und lacht.

„Vielleicht trete ich bald wieder als ,Schwarze Heidi’ auf“

Live-Musik gibt’s jeden Abend in der Fondue-Hütte in Friedrichshain. Gelegentlich sind Alphörner zu hören. Käsefondues, die in drei Varianten angerührt werden, und an langen Holztischen serviert werden, sind dazu ein Muss. „Wichtig ist die Konsistenz. Nicht zu flüssig, nicht zu dick dürfen sie sein“, erklärt Mulinde-Schmid. „Unsere Fondues sind aus original Schweizer Käse, die aus Familienbetrieben stammen.“ Allesamt laktosefrei, weil sie lange gereift sind.

So ganz konnte die Gastronomin das Schauspielern aber nicht sein lassen. Neben dem laufenden Restaurantbetrieb war sie im Schöneberger Theater Strahl in „Nathan der Weise“ zu sehen. 2012 übernahm sie in der schweizerisch-nigerianischen Filmproduktion „Amara“ die Hauptrolle und aktuell in der neuen Krimi-Serie mit Devid Striesow „Schwartz & Schwartz“ einen kleinen Part. „Allmählich kann ich auch wieder lustig sein“, freut sich Jenniffer Mulinde-Schmid. „Vielleicht trete ich bald wieder als ,Schwarze Heidi’ auf, in meinem eigenen Laden und mit eigenem Programm.“ Natürlich im Dirndl und mit beneidenswert dunkler Lockenpracht.

Anja Reinbothe-Occhipinti

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