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Integrationsarbeit. Promess-Azubi Mahmoud Shobash und Tempelhof-Schönebergs Bürgermeisterin Angelika Schöttler (SPD).

© Magdalena Thiele

Modellprojekt "Geflüchtete in Arbeit": Mit einem Sprachkurs ist es nicht getan

Mahmoud Shobash aus Syrien lässt sich bei einer Metallfirma ausbilden. Das kostet viel Zeit und Geld.

Nur berlinern könne er „noch nich so jut“, gesteht Mahmoud Shobash und lacht. Die Worte kommen dem 29-jährigen Syrer flüssig über die Lippen. Als er vor gut einem Jahr seine Verbundausbildung beim Industriekonzern ABB und der Promess Gesellschaft für Montage- und Prüfsysteme mbH in Marienfelde begonnen hatte, war das freilich noch anders. Bleibt er weiter so gut dabei, darf er sich in zweieinhalb Jahren „Elektroniker für Betriebstechnik“ nennen.

Mahmoud Shobash und Promess-Gründer und Mit-Inhaber Gerhard Lechler haben sich durch das Modellprojekt „Geflüchtete in Arbeit“ (GiA) kennengelernt. Das ist eine gemeinsame Initiative der Wirtschaftsförderung des Bezirks Tempelhof-Schöneberg und der gemeinnützigen Gesellschaft für berufsbildende Maßnahmen mbH (GFBM).

Die Partner vermitteln nicht nur Menschen mit Fluchterfahrung an willige Ausbildungsbetriebe, sondern betreuen die beiden Seiten individuell. Das scheint nötig, denn die Sprachbarriere war auch in diesem Fall nicht die einzige Hürde, die beide Seiten gemeinsam nehmen mussten.

Rund 360 Bewerbungsgespräche wurden bisher geführt

Als die ersten Geflüchteten 2015 in Berlin ankamen, ging es im öffentlichen Diskurs vorrangig um deren Unterbringung“, erinnert sich Bezirksbürgermeisterin Angelika Schöttler (SPD). „Wir haben damals schon einen Schritt weiter gedacht, denn eine Wohnung ist nicht alles. Gerade junge Menschen brauchen Arbeit, um richtig anzukommen.“

Auf der anderen Seite stand das produzierende Gewerbe im Bezirk, das schon seit Langem unter dem zunehmenden Fachkräftemangel zu leiden hatte – auch Firmen wie Promess, die mit 100 Mitarbeitern am Standort Berlin und weiteren 150 Mitarbeitern weltweit zu den größeren Playern im Bezirk gehören. Beide Akteure zusammenzubringen war eine große Herausforderung, sagt Schöttler.

Auch die Arbeitgeber hätten lernen müssen, mit kulturellen Unterschieden umzugehen. „Wir sind anders an die Sache herangegangen als es bisher üblich war“, erklärt die Bezirksbürgermeisterin. Durch die Zusammenarbeit mit dem GFBM sei es möglich gewesen, sowohl die neuen Azubis, als auch die Unternehmen individuell zu unterstützen.

„Wir sind viel flexibler als die meisten Projekte“, ergänzt Silke Gmirek, Geschäftsführerin der GFBM. „Für den Spracherwerb wollten wir eigentlich mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) zusammenarbeiten, aber deren Angebot war viel zu unflexibel. Unsere Azubis brauchten keine allgemeinen Sprachkurse, sondern auf sie und ihre Ausbildung zugeschnittene Sprachtutorien.“

Damit waren Bamf und Arbeitsagentur als Finanziers des Sprachtrainings aus dem Rennen. Also hat der Bezirk Tempelhof-Schöneberg die Kostenübernahme organisiert. Insgesamt 200.000 Euro sind jährlich aus dem Integrationsfonds der Senatsverwaltung in das GiA-Projekt geflossen, das insgesamt 24 Unternehmen bei der Ausbildung Geflüchteter einbindet.

Rund 360 Bewerbungsgespräche mit konkreter Perspektivplanung wurden bisher geführt. Zum Ende des Jahres läuft die Förderung aus. Im kommenden Jahr wolle man noch gemeinsam mit der GFBM einen „Leitfaden“ erstellen, kündigt die Bezirksbürgermeisterin an. Er soll interessierten Ausbildungsbetrieben wichtige Hinweise geben.

Berufsschule ist Teamarbeit

„Für uns war das Projekt jedenfalls eine sehr positive Erfahrung, aus der wir großen Nutzen gezogen haben“, zieht Promess-Senior Gerhard Lechler ein Zwischenfazit. Die insgesamt fünf neuen syrischen Kollegen seien alle extrem motiviert, fleißig und bildungswillig – anders als mancher deutsche Azubi, den man schon ausgebildet habe. Was Sprachbarrieren angeht: Auch Muttersprachler müssten sich die vielen Fachbegriffe mühsam aneignen.

Ein wenig schade sei nur, dass sich keine weibliche Bewerberin gefunden habe. „Wir waren mit dem ehrgeizigen Ziel gestartet, zwei der fünf Ausbildungsplätze an Frauen zu vergeben“, erklärt Lechler. Das habe nicht geklappt, sei aber nicht unbedingt ein kulturelles Problem. Leider könnten sich auch deutsche Frauen immer noch zu wenig für einen technischen Beruf begeistern.

Dafür sind die fünf syrischen Azubis bei Promess immerhin in religiöser Hinsicht divers. Einer von ihnen ist strenger Moslem, unter den anderen vieren sind ein Christ, ein Alevit und ein Atheist. Der Fünfte unter ihnen, Mahmoud Shobash, ist auch Moslem. „Aber nicht so streng“, schmunzelt er. „Ich trinke auch mal ein Glas Alkohol mit den Kollegen.“

Er hat viel geschafft, auch durch die Hilfe seines Mentors, wie der Azubi betont. „Wenn ich etwas in der Berufsschule nicht verstanden habe, hat Herr Lechler sich mit mir am Wochenende hingesetzt und es mir erklärt, dafür bin ich ihm sehr dankbar“.

Heute hat Mahmoud Shobash eine eigene Wohnung in Hohenschönhausen, spielt dort in einem Fußballverein. Sportlich und sprachlich komme er mit. Nur wenn sein Trainer wieder zu stark berlinert, müsse er ab und zu noch mal nachfragen.

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