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Flächenverteilung. Mehr Platz für Radfahrer und Trams fordert Gastautor Matthias Dittmer (Grüne).

© Annegret Hilse/Reuters

Mobilität in Berlin: Fünf Vorschläge für eine schnelle und preiswerte Verkehrswende

Wie könnte die Verkehrswende in der Hauptstadt gelingen? Zum Beispiel mit dem Berlkönig als Zubringer und einem Nulltarif am Wochenende. Ein Gastbeitrag.

Matthias Dittmer ist Sprecher der Landesarbeitsgemeinschaft Mobilität bei den Berliner Grünen. Als Schauspieler war der 65-Jährige unter anderem im „Tatort“ zu sehen.

Über das Für und Wider einer Verkehrswende wird mit Leidenschaft gestritten. Die einen reden vom Untergang der Welt, weil ohne Verkehrswende das überlebensnotwendige Klimaziel verfehlt wird. Die anderen sehen ihre Freiheit gefährdet, wenn sie nicht mit dem Auto zu jeder Zeit überallhin fahren können. Tief scheint der Riss zu sein, der Berlins Gesellschaft durchtrennt. Doch es gibt Schritte jenseits des Widerspruchs, die konsensual und einfach umsetzbar die notwendige Transformation einleiten könnten. Fünf Vorschläge, die schnell und preiswert realisierbar sind.

1. Das Netz der schönsten Wege

Ein flächendeckendes Netz für Radfahrende hat verkehrspolitische Priorität. Noch immer ist es nicht vorhanden. Es gibt dafür ein Mobilitätsgesetz und Behörden, die bislang nicht in der Lage sind, dem Bedürfnis gerecht zu werden.

Das Netz der schönsten Wege bestünde aus Fahrradstraßen. Einfach wäre es und zugleich wirkungsvoll realisierbar. Schilder braucht es und politischen Willen.

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Ein Angebot an jene, die sich bislang mit dem Rad nicht durch die Stadt wagen. Kinder, Familien und ältere Menschen. Hauptstraßen wären nicht betroffen, aber Schleichwege durch Wohngebiete unmöglich. Die Straßen im Kiez würden leiser, die Luft sauberer und sie gewännen enorm an Lebensqualität.

2. Nulltarif am Wochenende

In den Schubladen der Senatsverwaltung für Verkehr verstaubt das Konzept der Bärenkarte. Es sieht vor, übliche Fahrkarten durch eine Umlage zu ersetzen. Fahrscheinlos zum Ziel für monatlich 15 Euro.

Ein grünes Konzept, das Eingang in den Koalitionsvertrag fand. Warum probieren wir das nicht einfach mal aus?

Als Verkehrsversuch: Am Wochenende ist in Bussen und Bahnen ausreichend Platz vorhanden. Von Samstag 0 Uhr bis Sonntag 24 Uhr gälte der Nulltarif.

Der Einnahmeausfall würde auf die Dauer von drei Monaten nicht mehr als zehn Millionen Euro betragen. Ein überschaubarer Betrag für ein Experiment, in dem sich änderndes Fahrgastverhalten untersucht werden könnte. Eine Werbekampagne für die öffentlichen Verkehrsmittel wäre inbegriffen.

3. Vorfahrt für die Tram

Noch immer ist die Tram das Stiefkind Berliner Verkehrspolitik. Die rot-rot-grüne Koalition wollte das bei Amtsantritt ändern. Vier Strecken sollten ins Netz gehen, hieß es im Koalitionsvertrag. Fünf weitere Strecken sollten geplant und deren Bau bis 2021 begonnen werden.

Doch die Vorhaben wurden nicht umgesetzt. Stattdessen wurden acht Machbarkeitsstudien für U-Bahn-Verlängerungen abgeschlossen, die im Koalitionsvertrag keine Erwähnung fanden.

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Ein U-Bahn-Kilometer kostet das Zehnfache eines Tramkilometers, und der ökologische Fußabdruck des Tunnelbaus ist klimapolitisch verheerend.

Ein Straßenbahnnetz ist im Westteil Berlins bis heute nicht nennenswert vorhanden. Hier muss Politik umsteuern und die Priorität zugunsten der Tram ändern. So wie es der Koalitionsvertrag vorsieht. Dann werden auch Ergebnisse sichtbar.

4. Zubringerdienste in den Außenbezirken

Der „Berlkönig“ steht auf der Kippe. Mit Erhöhung seines finanziellen Aufwands stellt sich die Frage zu Recht, welchen Sinn ein Sammeltaxi in Berlins Mitte macht. Die Verbindungen von Bussen und Bahn gelten hier als vorbildlich.

Wieso kann dieser Fahrdienst nicht dort eingesetzt werden, wo er verkehrspolitisch nützlich wäre? Im Berliner Rand als Zubringer zu S- und U-Bahn-Stationen. Hier sind die Wege weit. Gewinner wären die Schwachen, Älteren, Jugendlichen und Kinder.

5. ICE-Halt am Bahnhof Zoo

Die City West boomt. Es wird geplant und gebaut. Der Fernbahnhof Berlin Zoologischer Garten aber ist seit 2006 Vergangenheit. Aus betriebswirtschaftlichen Gründen musste sich die Bahn auf den neu errichteten Hauptbahnhof fokussieren. Der ist nun längst etabliert.

Alexander Kaczmarek, Konzernbevollmächtigter der Deutschen Bahn für Berlin, deutete an, dass ein weiterer ICE-Halt auf der Stadtbahn möglich wäre. Warum nicht in der City West? 130.000 Unterschriften verlangten seinerzeit, den ICE-Halt am Zoo zu erhalten. Jetzt könnten und sollten ihre Stimmen Gehör finden.

Matthias Dittmer

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