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Vor dem Werkstor zum Kraftwerk Reuter West: Aktivisten haben sich zu einer Sitzblockade niedergelassen.

© Yannik Achternbosch

Update

„Mit Steinkohle aus Russland befeuert“: Klima- und Friedensaktivisten protestieren gegen Berliner Vattenfall-Kraftwerk

Energiewende trifft Friedensappell: Dutzende Demonstrierende haben am Sonntag das Heizkraftwerk Reuter West blockiert. Einige drangen sogar aufs Gelände vor.

Von Yannik Achternbosch

Bei der Anreise gibt es einen kurzen Moment der Nervosität. In die U-Bahn nach Spandau steigen plötzlich zwei Polizist:innen ein. Von den 30 Klima- und Friedensaktivist:innen im Wagen nehmen sie jedoch höchstens kurz Kenntnis, mehr passiert nicht.

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Die Leute sind Teil einer Aktion, die unter anderem von den Gruppen Ende Gelände, Rheinmetall entwaffnen, Abolish Frontex und Fridays for Future initiiert wurde. Unter dem Motto „100 Milliarden bessere Ideen“ wollen sie deutschlandweit Zeichen „gegen Krieg und Klimakrise“ setzen - eine Anspielung auf das von der Bundesregierung angekündigte Sondervermögen über 100 Milliarden Euro zur Aufrüstung der Bundeswehr.

Das Ziel der Aktivist:innen an diesem Sonntag in Berlin: das Haupttor des Heizkraftwerks Reuter West im Spandauer Ortsteil Siemensstadt. Nach einem kurzen Fußmarsch kommt die Gruppe aus der U-Bahn gegen 9.30 Uhr dort an. Insgesamt finden sich nicht ganz 100 Leute ein, um das Kraftwerk zu blockieren - an mehreren Stellen. Betrieben wird es von Vattenfall, das „mit Steinkohle aus Russland befeuert wird“, wie eine Aktivist:in per Megafon der versammelten Gruppe zuruft.

Verladebagger des Kraftwerks blockiert

Als die Aktivist:innen das Kraftwerk erreichen, schließen zwei Angestellte einer Sicherheitsfirma noch schnell das Werkstor. Kurz danach unterhalten sie sich durch das Gitter mit den etwa 70 Demonstrierenden dort. Die Polizei trifft erst eine halbe Stunde später ein. Nach mehreren Verhandlungen gesteht sie den Leuten zu, bis 11.30 Uhr vor dem Tor zu demonstrieren und anschließend auf den Gehweg zu wechseln. Etwas weiter findet zudem eine spontan angemeldete Mahnwache mit einer Handvoll Leuten statt.

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Kurz nach Ankunft der Polizei gibt es großen Jubel: Ein halbes Dutzend weiterer Aktivist:innen ist bis auf das Werksgelände vorgedrungen und hat den Verladekran und das Förderband des Kraftwerks blockiert. Ein Vattenfall-Angestellter gibt sich jedoch gelassen, trotz der Blockaden sei die Stromproduktion bis Montag nicht gefährdet. Im Kohlebunker des Kraftwerks lagere für den Sonntag noch genug Kohle, Nachschub über das Fließband sei erst mal nicht nötig.

Eine weitere Blockade formiert sich schließlich auf der Südseite des Geländes: Dort versperrt eine Gruppe die Schienenzufahrt zum Kraftwerk über die Spree.

Die Polizei löst die Blockaden im Laufe des Tages auf, es gibt mehrere Festnahmen, zudem stellen die Einsatzkräfte die Personalien zahlreicher Beteiligter fest. Eine Polizeisprecherin beschreibt die Lage am Nachmittag als friedlich und nicht gewalttätig. Das Eindringen ins Werksgelände sei allerdings strafrechtlich relevant. "Die Arbeitsfähigkeit des Kraftwerks war nicht eingeschränkt", sagt sie.

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