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Die Berliner Theatergruppe „Kombinat.030“ spielte Shakespeares „Was ihr wollt“.

© Julia Weiss

Mit Ordnungsamt am Bühnenrand: Die größte Posse hat das Berliner Monbijou-Theater hinter sich

Für Anwohner zu laut, die Strandbar zu groß: Nach langem Streit durfte das Monbijou-Theater in Mitte wieder öffnen. Zur Premiere gab's: „Was ihr wollt“.

Tangomusik klingt leise über die Spree. Zwischen Palmen und Tanzfläche sitzen erste Besucher in der Strandbar am Wasser. Drinnen im Amphitheater tritt Schauspieler Johann Jakob Wurster ans Mikrofon und eröffnet die Vorstellung. Neben der Bühne haben sich Männer in Uniform postiert. „Die Kollegen vom Ordnungsamt schauen, ob hier alles beim Rechten ist“, sagt Wurster. „Dieses Theater hat es schwer und das soll offenbar so bleiben.“

Das Monbijou-Theater eröffnete am Freitagabend nach zweieinhalb Jahren Zwangspause. Die Genehmigung vom Bezirk Mitte kam einen Tag zuvor. Vorausgegangen war ein langer Streit zwischen dem Bezirksamt und dem ehemaligen Theaterchef Christian Schulz. Anwohner hatten sich über Lärm beschwert und Mitglieder des Ensembles über schlechte Arbeitsbedingungen. Vor allem aber hatten sich Bezirkspolitiker daran gestört, dass die Strandbar zu groß geworden war.

„Dieses Jahr geht es darum, eine Bella Figura zu machen“, sagt Christian Schulz. „Wir wollen zeigen, wie wichtig dieser Ort für Berlin ist.“ Offiziell ist er jetzt nur noch Vermieter seiner Holzbauten. Die Leitung des Theaters hat der Verein „Zwei Drittel“ übernommen, das Ensemble leitet die Bühne als Kollektiv, so beschreibt es einer der neuen Betreiber, Daniel Sellier. Gemeinsam mit Johann Jakob Wurster übernimmt der Schauspieler die Verantwortung für das Theater.

Strandbar und Tanzfläche sind am Eröffnungsabend kleiner als früher, das war Bedingung des Bezirks. Das Amphitheater wurde an einigen Stellen mit Holzbrettern renoviert, sonst ist alles beim Alten. Der Himmel hinter der Museumsinsel färbt sich dunkelblau, als die Schauspieler die Bühne betreten. Die Berliner Theatergruppe „Kombinat.030“ spielt Shakespeares „Was ihr wollt“, laut und lustig. [Tickets und Programm gibt es online unter zweidrittel.berlin.]

„So ein schöner Ort mit der Museumsinsel im Hintergrund“

Die Ränge sind am ersten Abend noch spärlich besetzt, aber die Stimmung ist gut. Daniel Sellier als Narr mit roter Nase und gelben Hosen interagiert mit den Zuschauern, ruft ihnen Scherze und lustige Fragen zu. Am Ende gibt es Applaus, viele Besucher sind froh, dass sie hier wieder Theater sehen können. „Das ist so ein schöner Ort mit der Museumsinsel im Hintergrund“, sagt ein Mann nach der Vorstellung. Eine andere Besucherin freut sich, dass sie gleich noch Tango an der Spree tanzen kann.

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Dass das Theater wieder im Monbijoupark steht, haben die Betreiber geschickt geplant. Im Wahljahr war der Druck auf Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel (Grüne) und den zuständigen Bezirksstadtrat Ephraim Gothe (SPD) gewachsen.

Vor allem Linke und CDU in Mitte hatten ihnen vorgeworfen, das beliebte Theater zu verhindern. Zeitgleich ließ Christian Schulz sein hölzernes Amphitheater mit einem Kran aus dem Lager gut sichtbar auf die Bunkerflächen im Monbijoupark heben. Am Ende gab der Bezirk nach und ließ ihn gewähren.

Jede Vorstellung zählt: Theater auch finanziell unter Druck

„Wir wollten endlich wieder spielen und die verbleibenden Sommermonate ausnutzen“, sagt Wurster. Auch finanziell sei das Team unter Druck. Der Verein zahle eine hohe Miete an die Humboldt-Universität und für das Amphitheater. Die Ausgaben in der kurzen Saison einzuspielen, werde schwierig. Die Genehmigung gilt laut Bezirksamt bis Ende September, dann muss wieder abgebaut werden.

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Wurster hofft, dass jetzt endlich die Kunst im Vordergrund stehen kann und nicht mehr Streit und Skandale. Geplant sei ein Programm aus Theater, Konzerten und Openair-Kino. Auch das alte Ensemble soll bald wieder auf der Bühne stehen. „Wir wollen zeigen, dass wir ein Ort für alle Berlinerinnen und Berliner sind.“

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