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Zeynab Khyam alias Thoom (li.) lässt sich von Profimusiker Khyam Allami (re.) mit ihrer Musik helfen.

© Doris Spiekermann-Klaas TSP

Mit Musik erfolgreich sein in Berlin: Das Programm „Amplify“ hilft Nachwuchs ins Geschäft

Wie funktioniert das Musikbusiness? Bin ich auf dem richtigen Weg? Das Programm Amplify bringt junge Musiker und alte Hasen zusammen.

Der Raum ist vollgestellt mit Instrumenten. Mit Synthesizern aller Art, aber auch mit seltsamen selbstgebauten Saiteninstrumenten aus Holz. Zentral im Zimmer steht ein Computer – das bevorzugte Arbeitsgerät von Zeynab Ghandour in den vergangenen Wochen.

Ghandour ist Musikerin und Sängerin. Unter ihrem Künstlernamen Thoom hat sie bereits ein Album mit experimenteller elektronischer Musik herausgebracht. Sie wurde im Libanon geboren und lebte in den letzten Jahren in Chicago. Seit einem Jahr wohnt die 25-Jährige in Berlin und war nun einen Monat lang regelmäßig im Kulturort Acud in der Veteranenstraße in Mitte, um zu lernen.

Sie nimmt teil am Fortbildungsprogramm Amplify, das sich an junge Musiker richtet. „Ich habe in dem Monat wirklich viel gelernt“, sagt Thoom. Das liegt auch an ihrem Mentor, der ihr im Rahmen von Amplify zur Seite gestellt wurde: Khyam Allami teilt mit ihr sein Wissen und seine Erfahrung. Der Profimusiker und Instrumentalist spielte in verschiedenen Bands und studiert derzeit Komposition in Berlin.

Jetzt wurde er selbst zum Lehrer. Sie habe mit ihrem Mentor natürlich fleißig an neuer Musik gearbeitet, so Thoom. Man sei aber auch mal einfach nur zu zweit spazieren gegangen oder habe über Musik geredet. „Zwischen uns hat sich in der Zeit fast so eine Art Freundschaft entwickelt.“

Wer wie sie einen Monat lang bei Amplify teilnehmen möchte und derzeit in Berlin lebt, kann sich bei einem Open Call, den es zwei Mal im Jahr gibt, bewerben. Man muss mitteilen, welche Instrumente man spielt, welche Musik man selbst gern hört, in welche Richtung sich die eigene Kunst idealerweise entwickeln soll. Wer dann angenommen wird, verpflichtet sich, einen Monat lang intensiv zu arbeiten: mindestens 50 Stunden im Arbeitsraum des Acud oder auf der Bühne des Clubs. Am Ende soll es eine kleine Radioshow und ein Konzert geben. Unterstützt wird das Ganze von der Senatskulturverwaltung und vom Musicboard Berlin, das Programm ist für die Teilnehmer kostenlos.

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Ausgedacht hat es sich Shub Roy, ein Kanadier, der seit ein paar Jahren in Berlin lebt. Er ist selbst Musiker, spielte in der Indie-Band Dirty Beaches mit, bis diese sich auflöste. Danach war er als Disponent für den Acud Club tätig. „Als ich jung war, hat mir das manchmal gefehlt, dieser Austausch mit erfahreneren Musikern", sagt der 38-Jährige.

Ihn hätten Fragen umgetrieben: Wie funktioniert das Business? Bin ich auf dem richtigen Weg mit meiner kreativen Arbeit? Damit andere leichter an Antworten kommen, gibt es nun Amplify, wo es eines der primären Ziele sei, „eine Verbindung zwischen verschiedenen Musikergenerationen herzustellen“.

Bloß nicht zu viel Routine

Die Mentoren, auch das ist besonders bei dem Programm, wechseln ständig. Das soll verhindern, dass sich zu viele Routinen entwickeln, erklärt Roy. Außerdem bilde sich so ein immer größeres Netzwerk. Die Mentoren kommen aus den unterschiedlichsten musikalischen Ecken, oft aus der eher experimentellen Musik. 22 Mentoren hat Shub Roy inzwischen bereits für Amplify gewinnen können. Darunter Größen wie Andi Toma vom Elektronic-Duo Mouse on Mars oder die in Berlin lebende Produzentin Laurel Halo. Derzeit ist auch Jochen Arbeit, Gitarrist bei den Einstürzenden Neubauten, Mentor bei Amplify.

[In den Monaten Januar und Februar sind die Künstler Afriqua und Lyra Pramuk Mentoren bei Amplify. Die Berwerbungsfrist dafür läuft bis 15. November. Weitere Infos: www.amplify-berlin.de]

Seit Corona komme es häufiger vor, dass Musiker sich proaktiv für den Kurzzeitjob als Mentor bei ihm bewerben würden, sagt Shub Roy. Die Zeit ohne Auftritte muss eben sinnvoll genutzt werden, eine finanzielle Quelle ist der Job außerdem auch.

Nächstes Jahr läuft die Förderung von Amplify aus. Den Antrag auf Verlängerung habe er bereits gestellt, sagt Roy, der Amplify auch gern in anderen europäischen Städten anbieten würde. „Die Clubs verwaisen gerade wegen Corona“, sagt er, dank Amplify und der Konzerte am Ende der Lehrgänge könnten sie wieder ein wenig Leben in die Bude bekommen. Auch um die Zusammenarbeit mit Festivals bemühe er sich.

Thoom spielt nun eines ihrer Stücke vor, die sie während ihrer Zeit bei Amplify produziert hat. Es klingt ruhiger und gesangsbetonter als die Tracks, die man auf ihrem Album hören konnte. Gesungen hatte sie direkt in den Hörer des alten Telefons mit Wahlscheibe, das neben dem Computer steht. Es wurde zu einem Mikrofon umfunktioniert. Mentor Khyam Allami lauscht andächtig mit und schaut recht zufrieden. Rund um die Uhr hatte Thoom Zugang zu dem Raum im Acud, in dem sie gerade ihre Musik präsentiert. Und sie habe dieses Privileg fleißig genutzt, betont sie. Schade, dass ihr Monat nun bald rum ist. „Es war super, so einen Platz gehabt zu haben.“

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