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Berlin: Mit Köpfchen gegen rechts

Rund 400 Schüler beraten beim Jahrestreffen über „Schule ohne Rassismus“.

Vorn auf der Leinwand sind Bilder von Frauen und Männern zu sehen, die dunkel gekleidet sind und schwarz-weiß-rote Banner tragen. „Stoppt Globalisierung und Kapitalismus - Schützt unser Volk!“, steht darauf. „Wer könnte das fordern?“, fragt Workshopleiter Frank Metzger die 35 Mädchen und Jungen, die vor ihm sitzen. „Das Wort Volk deutet auf Rechtsextreme hin“, sagt ein Junge. Metzger nickt. Ein Mädchen jedoch scheint sich noch nicht ganz sicher zu sein, was sie von dem Banner halten soll: „Wenn ich gegen Kapitalismus bin, bin ich dann automatisch Rassist?“

Um Fragen wie diese geht es im Workshop „Bunt und Braun? Ideologien und Propaganda der Neonazis“, der im Rahmen des Berliner Jahrestreffens des bundesweiten Netzwerks „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ stattfindet. Fast 400 Kinder und Jugendliche aus 46 Schulen sind dazu ins Schöneberger Rathaus gekommen, um an mehr als 20 Workshops teilzunehmen, sich kennenzulernen und sich auszutauschen.

Das Treffen ist das bisher größte überhaupt – das hängt wohl auch mit den aktuellen Enthüllungen um die Zwickauer Neonazi-Gruppe zusammen, vermutet Britta Geithe von „Schule ohne Rassismus“. Von Beginn an wird auch darüber gesprochen. Die Vorfälle zeigten, wie wichtig präventive Arbeit mit Kindern und Jugendlichen sei, sagt Landeskoordinatorin Sanem Kleff. Da setzt Schule ohne Rassismus an. Zu dem Netzwerk gehören mittlerweile 1000 Schulen bundesweit. Alle engagieren sich gegen Rassismus. „Es geht um eine Kultur des Hinsehens und darum, Verantwortung zu übernehmen“, sagt Kleff.

Wer mitmacht, der verpflichtet sich dazu, sich aktiv gegen Gewalt und Diskriminierung einzusetzen und Projekte zum Thema auf die Beine zu stellen. In den vergangenen Jahren erinnerten Schüler bei Aktionen etwa an Menschen, die während der Nazi-Zeit jüdische Nachbarn versteckten oder organisierten Konzerte gegen rechts. Am Tegeler Menzel-Gymnasium, erzählt eine Lehrerin, sei es durch „Schule ohne Rassismus“ bereits Tradition, dass zwei ältere Schüler in die siebten Klassen gehen, um mit den Jüngeren über Rassismus zu sprechen.

Anregungen und Unterstützung für neue Projekte können sich die Schüler nun beim Jahrestreffen holen: Viele der rund 40 Kooperationspartner von „Schule ohne Rassismus“ wie etwa die Aktion „Gesicht zeigen“ oder der Verein Ufuq, der zu Jugendkulturen und politischer Bildung in der Einwanderungsgesellschaft arbeitet, bieten einen Workshop an. Dabei geht es nicht nur um Rassismus und Antisemitismus, sondern auch um Diskriminierung von Homosexuellen, Jugendkulturen zwischen Islam und Islamismus oder Dresscodes und Musik von Neonazis.

Interessant finde sie die Themen, sagt die 15 Jahre alte Anna aus Tiergarten, die sich für einen Workshop zu Rassismus entschieden hat. „Es ist nicht in Ordnung, Menschen zu diskriminieren“, sagt sie. Deshalb sei sie selbst gegen Rechte und Rassismus. Auch Tobias, Siebtklässler von der Alexander-Puschkin-Sekundarschule aus Friedrichsfelde, findet es gut, dass sich seine Schule gegen Rassismus einsetzt. „Um etwas zu verändern, müssen sich schon Jugendliche mit solchen Themen beschäftigen“, sagt er. Und Jonas aus Friedenau glaubt, beim Workshop viel gelernt zu haben. Im nächsten Wahlkampf und auf Demos, sagt er, werde er genauer hinsehen, wer da gerade Flagge zeigt. Patricia Hecht

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