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Zurückbleiben, bitte: Masken im Nahverkehr bleiben Pflicht, Abstand ist geboten.

© imago images/Seeliger

Update

Mindestabstand statt Kontaktbeschränkungen: Welche Corona-Lockerungen Berlin ab 25. Juni plant – und was bleibt

Der Senat will Kontaktbeschränkungen bis auf Abstand und Maskenpflicht aufheben. Neue Regeln gibt es für Veranstaltungen. Strittig: ein Bußgeld für Maskenmuffel.

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Der Berliner Senat unterzog sich am Dienstag nicht das erste Mal einer Lehrstunde in Sachen Corona, mit Wissenschaftlern wie Christian Drosten. Trotz dessen Warnung, dass die Pandemie noch nicht vorbei ist, will der Senat die Kontaktbeschränkungen lockern.

Ab dem 25. Juni sollen nur noch der Mindestabstand von 1,50 Metern und das Tragen von Masken im ÖPNV, Einzelhandel oder in Restaurants weiter gelten. Die Beschränkung, nach der sich maximal fünf Personen oder Mitglieder zweiter Haushalte treffen dürfen, soll ebenfalls entfallen. Statt der umfangreichen Eindämmungsverordnung werde es eine neue Verordnung mit 15 Paragrafen geben, kündigte Innensenator Andreas Geisel (SPD) an.

Die Lockerungen will der Senat erst in seiner nächsten Sitzung am kommenden Dienstag beschließen. „Wir wollen soviel Normalität wie möglich. Aber wir müssen deutlich machen, dass die Zahlen kein Zufall sind. Und wir müssen auch mit den Folgen umgehen“, sagte Geisel.

Unabhängig von den Lockerungen will der Senat die Berliner weiterhin anhalten, soziale Kontakte so weit wie möglich einzuschränken, um Infektionen mit dem Coronavirus zu verhindern.

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Die Beschränkung, nach der sich maximal fünf Personen oder Mitglieder zweier Haushalte treffen dürfen, soll nächste Woche wegfallen. Und für den Einzelhandel soll es keine Vorgabe wie bisher mehr geben, dass jedem Kunden in einem Laden 20 Quadratmeter Fläche zur Verfügung stehen müssen, sondern nur noch zehn Quadratmeter.

Veranstaltungen: Teilnehmerzahl soll schrittweise steigen

Für Veranstaltungen in geschlossenen Räumen soll die bisher erlaubte maximale Teilnehmerzahl von derzeit 150 auf zunächst 300, ab August auf 500 und bis Oktober auf 1000 steigen. Das könnte bedeuten, dass die allermeisten Hochzeiten oder Abitur-Bälle stattfinden dürften, allerdings unter Einhaltung der Hygiene- und Abstandsregeln. Großveranstaltungen mit über 1000 Teilnehmern sind zunächst bundesweit bis Ende August untersagt.

Neue Regelungen zur Quarantäne nach der Einreise

Am Dienstag wandelte der Senat auch die bundesweite Quarantäneverordnung in Landesrecht um: Wer sich nach seiner Einreise aus dem Ausland in eine 14-tägige Quarantäne begeben muss, kann diese unter Umständen verkürzen. Er darf die häusliche Isolation wieder verlassen, wenn er einen Covid-19-Test macht und dieser negativ ausfällt.

Wie die Innenverwaltung am Mittwoch klarstellte, gilt die Quarantänepflicht nicht für Einreisende aus EU-Ländern einschließlich Norwegen, Großbritannien, Irland und der Schweiz. Wer aus Schweden kommt, muss sich jedoch in eine zweiwöchige Isolation begeben. Für Einreisende, die sich innerhalb der letzten 14 Tage vor ihrer Einreise in einem Risikogebiet aufgehalten haben, gelten die Quarantäne- und Meldepflichten ebenfalls.

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Als Risikogebiete gelten Staaten oder Regionen außerhalb der Bundesrepublik Deutschland, für welche zum Zeitpunkt der Einreise ein erhöhtes Infektionsrisiko mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 besteht. Die Einstufung als Risikogebiet erfolgt durch das Bundesministerium für Gesundheit, das Auswärtige Amt und das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat und wird durch das Robert Koch-Institut veröffentlicht.

Darüber hinaus besteht für Rückkehrende aus Risikogebieten die Pflicht, sich unverzüglich beim zuständigen Gesundheitsamt zu melden und auf die Einreise hinzuweisen. Die Meldung bei anderen Stellen – Hausarzt, kassenärztliche Dienste usw. – ersetzt die verpflichtende Kontaktaufnahme mit dem Gesundheitsamt nicht.

Dokumente müssen 14 Tage aufbewahrt werden

Ausnahmen von der häuslichen Quarantäne gelten laut Verordnung für Menschen, die keine der vom Robert Koch-Institut definierten COVID-19-Symptome vorweisen und die ein ärztliches Zeugnis und einen aktuellen Laborbefund in deutscher oder in englischer Sprache vorweisen können, welches bestätigt, dass keine Anhaltspunkte für eine Infektion mit dem Coronavirus bestehen.

Diese Dokumente müssen für mindesten 14 Tage aufbewahrt und der zuständigen Behörde auf Verlangen unverzüglich vorgelegt werden. Das Zeugnis muss sich auf eine molekularbiologische Testung stützen, die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem sonstigen durch das Robert Koch-Institut veröffentlichten Staat durchgeführt und höchstens 48 Stunden vor Einreise in die Bundesrepublik Deutschland vorgenommen worden ist.

Mehr Badegäste dürfen in die Freibäder

Auch in den Freibädern gibt es Lockerungen, die schon am Mittwoch in Kraft treten sollen. Für jedes einzelne Bad haben die Bäderbetriebe die maximale Auslastung erhöht, so könnten ins Strandbad Wannsee jetzt doppelt so viele Besucher kommen wie bisher, heißt es in einer Mitteilung. „Wir freuen uns sehr, dass wir zusätzliche Kapazitäten schaffen können“, sagte Johannes Kleinsorg, Chef der Bäderbetriebe. Er dankte den Badegästen, "fast alle" hätten sich bisher an die Regeln gehalten. "Das macht uns optimistisch, dass es auch bei höherer Besuchszahl klappt.“

Ab Mittwoch öffnen die Spielplätze in den Freibädern, auch die Planschbecken sollen nach und nach wieder in Betrieb gehen. Kinder bis zu 5 Jahren können wieder kostenlos ins Freibad oder Strandbad mitgenommen werden, wenn Sie von einem Erwachsenen begleitet werden. Alle Kinder benötigen aber eine separate Online-Eintrittskarte.

R-Wert 1,49: Eine Corona-Ampel springt auf Gelb um

Als der Senat am Vormittag beriet, standen noch alle Corona-Ampeln auf Grün. Am Abend sprang die Ampel für die Reproduktionszahl „R“ aber auf Gelb um, Geisel hatte das schon erwartet. „R“ gibt an, wie viele Menschen ein Infizierter im Durchschnitt ansteckt. Die Zahl lag schon zweimal über dem Grenzwert von 1,1.

Hintergrund-Informationen zum Coronavirus:

Auch die Zahl der Neuinfektionen ist deutlich höher als die der letzten vier Wochen. Nur der Wert für die für Covid-19-Patienten benötigten Plätze auf den Intensivstationen ist stabil auf niedrigem Niveau. Wenn zwei der drei Indikatoren gelb sind, muss darüber gesprochen werden, ob es wieder zu Einschränkungen oder neuen Regeln kommen soll.

SPD-Senatsmitglieder wollen Bußgeld für Maskenmuffel

Dazu zählt auch das Tragen der Masken. Wer sich daran nicht hält, im ÖPNV, im Einzelhandel oder in Restaurants, muss bisher kein Bußgeld zahlen. Das könnte sich aber ändern. Geisel sagte, er habe mit den Bürgermeistern der Bezirke vergangene Woche darüber gesprochen, ob man zum Beispiel das Tragen von Masken in Restaurants kontrollieren solle. „Die Bezirke sind bereit, die Verordnungen durchzusetzen und zu ahnden, sofern es Strafen gibt.“

Plädiert für Bußgelder für Maskenmuffel.
Plädiert für Bußgelder für Maskenmuffel.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Der Innensenator signalisierte seine Zustimmung für ein Bußgeld bei einem Verstoß. Nach Tagesspiegel-Informationen haben sich auch Geisels Parteifreunde, Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci, der Regierende Bürgermeister Michael Müller und Fraktionschef Raed Saleh dafür ausgesprochen. Grüne und Linke haben bisher ein Bußgeld für das Nichttragen von Masken abgelehnt. Darüber wird der Senat am Dienstag wohl intensiv diskutieren.

Geisel zitiert Drosten: „Ob es eine zweite Welle gibt, bestimmen wir“

Geisel verwies auf die Äußerungen des Virologen Drosten. Der Leiter des Instituts für Virologie an der Charité informierte die Senatsmitglieder am Dienstag neben Petra Gastmeier, Leiterin des Instituts für Hygiene und Umweltmedizin an der Charité, und Johannes Hübner, stellvertretender Klinikdirektor und Leiter der Abteilung für pädiatrische Infektiologie im Dr. von Haunerschen Kinderspital München, über die Gefahren der Lockerungen.

„Ob es eine zweite Welle der Pandemie gibt, bestimmen wir. Und die kann auch gefährlicher werden. Die Gefährlichkeit des Virus hat nicht nachgelassen“, zitierte Geisel Drosten mit seinen eigenen Worten. Aufgrund der „schnellen Reaktionen“ im März, also des Lockdowns, habe man das Ziel erreicht, niedrige Infektionszahlen zu registrieren. Das müsse so nicht bleiben.

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