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Dicke Akten statt Digitalisierung: In den Berliner Verwaltungen wird es wohl noch eine ganze Weile händisch zugehen.

© imago/photothek

Auch durch Verzug bei E-Akte wird Geld frei: Senat plant Milliardeninvestitionen für die Digitalisierung der Berliner Verwaltung

Die Coronapandemie hat vor allem in Berlin die großen Defizite im Bereich der Digitalisierung gezeigt. Der Senat will diese nun in Ansätzen beheben.

Der Berliner Senat plant in den kommenden Jahren Investitionen in Höhe von knapp zwei Milliarden Euro für die Digitalisierung der Verwaltung. Das geht aus einer schriftlichen Anfrage des CDU-Abgeordneten Stephan Lenz vor, die dem Tagesspiegel exklusiv vorliegt.

Dementsprechend sind im aktuellen Doppelhaushalt für das Jahr 2020/2021 sowie laut Finanzplanung für die Jahre 2022/2023 jährlich knapp 490 Millionen Euro für Investitionen in die digitale Infrastruktur des Landes vorgesehen.

Das sind je 40 Millionen Euro mehr, als im laufenden Jahr (449,3 Millionen Euro) vorgesehen. Hinzu kommen jährlich rund 31 Millionen Euro aus dem Sondervermögen Infrastruktur der Wachsenden Stadt (SIWA). Insgesamt dürften die Ausgaben pro Jahr also knapp über 500 Millionen Euro liegen, wobei der größte Posten für die Anschaffung neuer Hard- und Software – vor allem von neuen Geräten – vorgesehen ist.

Klar ist: Die während der Coronapandemie offensichtlich gewordenen Versäumnisse im Bereich der Digitalisierung – fehlende Kapazitäten für Homeoffice oder virtuelle Konferenzen – sollen angegangen werden. Im zweiten Nachtragshaushalt 2020, der am Donnerstag im Abgeordnetenhaus verabschiedet worden ist, sind 18 Millionen Euro Mehrausgaben für die Digitalisierung vorgesehen.

Außerdem heißt es in der Antwort der zuständigen Staatssekretärin Sabine Smentek (SPD), es sei geplant, „nachhaltige technische Voraussetzungen für das mobile Arbeiten in der gesamten Berliner Verwaltung zu schaffen.“

Start für die E-Akte wohl erst 2025

Dazu dient auch Geld, das an anderer Stelle derzeit nicht gebraucht wird: Denn zur Gegenfinanzierung der im Nachtragshaushalt zusätzlich eingestellten Mittel werden Smentek zufolge zumindest teilweise „absehbar in 2020 nicht benötigte Mittel herangezogen“. Dabei handelt es sich insbesondere um Mittel, die für die landesweite Einführung der elektronischen Akte (E-Akte) vorgesehen waren und nun vorerst nicht benötigt werden.

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Zuletzt war die Ausschreibung durch die Vergabekammer des Landes Berlin beinahe auf Anfang zurückgesetzt worden. Als Gründe dafür gelten Formfehler in der Ausschreibung des 200 Millionen Euro Projekts. Der Zeitplan für den zentralen Meilenstein der Verwaltungsdigitalisierung ist damit nicht mehr zu halten.

Vorgesehen war die flächendeckende Einführung der elektronischen Akte zum 1. Januar 2023. Smentek sprach nunmehr von einem realistischen Starttermin zum 1. Januar 2025.

Stephan Lenz, Sprecher seiner Fraktion für das Thema E-Government, erklärte dazu: „Die Unfähigkeit, Geld zu verausgaben, weil die Ausschreibung fehlerhaft war, wird uns nun als Einsparung verkauft. Das kommentiert sich von selbst und ist geradezu absurd.“

Lenz verteidigte die vorgesehenen Summen zur Investition in die Digitalisierung der Verwaltung, sagte allerdings auch: „Damit einher geht eine sehr große Verantwortung. Der aktuelle Innovationsrückstand ist nicht damit zu begründen, dass das Geld fehlt oder fehlte. Es muss nur auch ausgegeben werden. Daran haperte es zuletzt gewaltig.“

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