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Stephan von Dassel (Bündnis90/Die Grünen), Bezirksbürgermeister von Berlin-Mitte.

© Jörg Carstensen/dpa

Milliarden-Einbußen durch Corona-Krise: Berlins Politik muss bald sparen – auch beim eigenen Gehalt?

Der Finanzsenator erwartet für den Etat Einnahmeausfälle von bis zu 20 Prozent. Ein Bezirksbürgermeister will auch das eigene Gehalt kürzen. Einige ärgert das.

Von
  • Ulrich Zawatka-Gerlach
  • Ronja Ringelstein

Die einen nennen es Solidarität, die anderen Populismus. Der Vorschlag des Bezirksbürgermeisters von Mitte, Stephan von Dassel (Grüne), dass Berliner Spitzenverdiener im Öffentlichen Dienst für mehrere Monate freiwillig auf zum Beispiel zehn Prozent ihres Gehalts verzichten sollten, wird von seinen Amtskollegen in anderen Bezirken sehr unterschiedlich aufgenommen. In einem Interview mit dem Tagesspiegel hatte von Dassel erklärt: „Ich wäre dazu bereit.“

Angelika Schöttler (SPD), Bezirksbürgermeisterin in Tempelhof-Schöneberg, hält „den Vorschlag von Herrn von Dassel auf einseitige Gehaltskürzung für einen Teil der Verwaltung für populistisch und nicht zielführend.“

[Was verdienen Bezirksbürgermeister und Stadträte eigentlich? Steht im Spandau-Newsletter vom Tagesspiegel, wo Bezirksbürgermeister Helmut Kleebank, SPD, eine andere Idee äußert.]

Auch Schöttlers Parteikollege Oliver Igel, Bezirksbürgermeister in Treptow-Köpenick, und die Bezirksbürgermeisterin in Steglitz-Zehlendorf, Cerstin Richter-Kotowski (CDU), lehnen den Vorschlag ab.

Die beiden Linken-Politiker Sören Benn, Bezirksbürgermeister in Pankow, und Michael Grunst in Lichtenberg, pflichten von Dassel hingegen bei. „Das Solidaritätsprinzip in Anwendung zu bringen, ist eine richtige Idee. Darum ist die Forderung nach einer Vermögensabgabe eine, die ich uneingeschränkt unterstütze, weil erst dies relevante Summen generieren würde, um die ökonomischen Lasten der Pandemie gegenfinanzieren zu können“, sagte Benn dem Tagesspiegel.

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Grunst sagte, es sei richtig, „genau in dieser Zeit relevante Themen nicht nur in Interviews anzusprechen, sondern auch zu bewegen.“ Dazu gehörten eine Vermögensabgabe und ein höherer Spitzensteuersatz. „Wir werden das Geld in den kommenden Jahren brauchen.“ Beide Linken-Politiker wiesen darauf hin, dass sie bereits mehr als zehn Prozent ihres Gehalts aus diesem Grunde für gemeinnützige Zwecke spendeten.

Finanzsenator bereitet Bezirke aufs Sparen vor

Unabhängig von der Debatte um Gehaltskürzungen wappnen sich die politischen Akteure in den Berliner Bezirken gegen die mit der Corona-Pandemie einhergehenden Sparzwänge. In einem ersten Austausch der Bezirke mit dem Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) habe der Senator darauf hingewiesen, dass hohe Einnahmeverluste im laufenden Landeshaushalt „bis zu 20 Prozent“ möglich seien, sagte der Pressesprecher der Finanzverwaltung, Alexis Demos.

Das wären rund sechs Milliarden Euro. Vorerst sei dies eine grobe Schätzung, ein „Worst-Case-Szenario“. Kollatz verstehe dies als eine „Frühwarnung“, damit sich die Bezirke rechtzeitig auf den Ernstfall einstellen könnten. Erst in den nächsten Wochen, nach der bundesweiten Konjunkturprognose und Steuerschätzung, werde man mehr wissen. „Derzeit ist das alles noch nicht bezifferbar“, so Demos.

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Selbstverständlich behielten die Bezirke ihre Budgethoheit über die eigenen Etats, sagte der Sprecher der Finanzverwaltung. Klar sei aber auch, dass sie einen Beitrag zu möglichen Sparmaßnahmen leisten müssten. Schon vor einer Woche hatte Kollatz darauf hingewiesen, dass die Bezirke in den vergangenen Jahren finanzielle Überschüsse von 137 Millionen Euro erwirtschaftet haben. Dieses Polster könnte abgeschmolzen werden.

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In den Bezirken wird man angesichts dieser Aussichten unruhig. Pankows Bezirksbürgermeister Sören Benn sagte, er werde sich gegen einen strukturellen Spardruck auf der bezirklichen Ebene „mit allen politischen Mitteln wehren“. Die Zeichen der Zeit verlangten eine bessere Ausstattung der Daseinsvorsorge in den Kommunen und kein erneutes Herunterfahren.

Wir in den Bezirken sind hier an der Front und halten den Laden am Laufen“, sagt Zehlendorfs Bürgermeisterin Cerstin Richter-Kotowski. Die Hauptausgabe in den Bezirken sei das Personal. Sie warnte davor, wieder in die Zeiten von Personalkürzungen zurückzukehren.

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