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Anfang August gab es bereits am Rathaus Wedding eine Protestkundgebung gegen den Heimstaden-Kauf.

© imago images/Rolf Zöllner

Milliardär Ivar Tollefsen: Norwegischer Abenteurer kauft fast 4000 Wohnungen in Berlin

Eine der schillerndsten Figuren Skandinaviens steigt mit dem Konzern Heimstaden Bostad groß in den Berliner Wohnungsmarkt ein. Betroffene Mieter protestieren.

Der norwegische Milliardär und Abenteurer Ivar Tollefsen steigt über den von ihm kontrollierten schwedischen Wohnungskonzern Heimstaden Bostad groß auf dem Berliner Markt für Wohnungsimmobilien ein. Man werde für rund 830 Millionen Euro 3902 Wohnungen in zentralen Lagen Berlins kaufen, teilte das Unternehmen bereits am späten Freitag mit.

Insgesamt geht es um 130 Immobilien, die neben den Wohnungen auch 208 Gewerbeeinheiten und 321 Pkw-Stellplätze enthalten. Die Mietfläche summiert sich den Angaben zufolge auf 282.000 Quadratmeter. Es handelt sich also um kleinere Wohnungen und Ladengeschäfte mit knapp 67 Quadratmetern Grundfläche im Schnitt.

Der Kaufvertrag sei unterzeichnet, teilte Heimstaden mit. Das Geschäft solle im vierten Quartal abgeschlossen werden. Die Genehmigung der Behörden stehe noch aus.

Und diese dürfte mehr als eine Formsache sein. Denn Behörden und einige betroffene Mieter wissen schon seit Wochen von dem Projekt – und nicht alle sind glücklich damit: In einigen Wohnhäusern hat sich bereits Protest gegen das Vorhaben organisiert. So haben Anwohner eines vom Verkauf betroffenen Hauses an der Lausitzer Straße, Ecke Reichenberger Straße in Kreuzberg für Montag um 17 Uhr eine Kundgebung angekündigt.

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Friedrichshain-Kreuzberg prüfte Ausübung des Vorkaufsrechts

Sie waren bereits im August von den Plänen informiert worden. Friedrichshain-Kreuzbergs Bezirksbaustadtrat Florian Schmidt (Grüne) war auf Mieterversammlungen aufgetreten und hatte erklärt, er prüfe die Möglichkeit, dass der Bezirk ein Vorkaufsrecht ausübt. Mit der Anwendung dieses umstrittenen Instrumentes hatte Schmidt in den vergangenen zwei Jahren Beifall, aber auch viel Kritik geerntet. In diesem Fall kann oder will der Bezirk den Kauf durch Heimstaden Bostad offenbar nicht vereiteln.

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Der Konzern teilte mit, er werde den Kauf mit Eigen- und Fremdkapital finanzieren, was dem üblichen Vorgehen entspricht. Zu welchen Anteilen das Unternehmen das Geschäft durch Kredite finanziert oder finanzieren muss, blieb zunächst offen.  

Investor Tollefsen: von der Antarktis-Expedition bis zur Rallye Dakar

Hinter dem Unternehmen steht Norweger Ivar Tollefsen. Der 59-Jährige ist in Skandinavien weniger als größter privater Wohnungseigentümer und Vermieter bekannt, sondern als schillernder Typ und Abenteurer.

Der norwegische Milliardär Ivar Tollefsen
Der norwegische Milliardär Ivar Tollefsen

© Wikipedia/EditwikiAH/CC BY-SA 4.0

So hat er mehrere Antarktis-Expeditionen unternommen und dort offenbar als erster Mensch mehrere Gipfel erklommen, darunter den mehr als 3100 Meter hohen Berg Jøkulkyrkja. Später nahm er auch an der weltberühmten Rallye Dakar teil, belegte 2004 einen respektablen vierten Platz.

[Unser Autor wohnt in einem Haus, das Heimstaden kaufen will. Lesen Sie bei Tagesspiegel Plus, wie Kreuzberger Mieter aus Sorge vor dem Investor zusammenrücken.]

Laut dem US-Magazin „Forbes“ hat Tollefsen seit erstes Unternehmen im Alter von nur 14 Jahren gegründet und sein erstes Geld mit „DJ-Dienstleistungen“ und der dazugehörigen Ausrüstung gemacht. Das Geld aus diesem „Disco-Business“ habe er in Immobilien investiert. Aktuell steht Tollefsen auf Platz 804 der „Forbes-Liste“ der wohlhabendsten Menschen der Welt mit einem Vermögen von rund 3,1 Milliarden Dollar (2,6 Milliarden Euro).

Heimstaden Bostad ist auch in den Niederlanden aktiv

Neben Schweden und Norwegen besitzt seine Holding Heimstaden Bostad auch 43.000 Wohnungen in Tschechien und ist stark in den Niederlanden vertreten. Das Unternehmen behauptet „Der Mieter steht bei uns im Mittelpunkt“. In Tollefsens Heimat soll das Unternehmen beim Kauf von Wohnungen in der Hauptstadt Oslo gleichwohl versucht haben, das Vorkaufsrecht der Stadt zu umgehen, indem das Unternehmen einfach nicht über den Kauf informiert hat. Vor einigen Tagen hat die Stadt vor Gericht Recht bekommen.

Kurios ist die Geschichte, wonach Heimstaden kürzlich Wohnhäuser der Polizei zur Verfügung stellen wollte - als Trainingsplatz für Drogenspürhunde. Wegen Protesten der Mieter wurde das am Ende abgesagt. Sollte Tollefsens Holding ähnliche Pläne zwischen Kreuzberg, Neukölln und Mitte hegen, dürften diese allein schon an der Überforderung der Hunde scheitern.

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