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Gemüsehändler wie Ahmet Caliskan sollen durch eine Modernisierung des Gewerbemietrechts geschützt werden.

© Britta Pedersen/dpa

Mieterschutz für Gewerberäume: Bundesregierung soll die Kieze retten

Kleingewerbe, Kitas und Vereine werden aus der Innenstadt verdrängt. Der Bundesrat fordert auf Druck Berlins deshalb mehr Schutz für Gewerbemietverträge.

Von Christian Hönicke

Berlin hat einen Teilerfolg im Kampf gegen die Entmietung der Innenstadtläden errungen. Der Bundesrat und die Wirtschaftsministerkonferenz der Länder haben die Bundesregierung aufgefordert, das Gewerbemietrecht zu modernisieren. Der Bund solle so der „Verdrängung von Gewerbemietern in Ballungsräumen“ entgegenwirken.

Die gleichnamige, von Berlin eingebrachte Bundesratsinitiative ist mit breiter Mehrheit von den Ländern beschlossen worden. Man sehe „mit großer Besorgnis, dass sich in innerstädtischen Lagen in den letzten Jahren vor dem Hintergrund erheblicher Steigerungen der Gewerbemieten ein Strukturwandel abzeichnet, der auch von einer Verdrängung kleiner inhabergeführter Gewerbebetriebe und sozialer Einrichtungen geprägt ist“, hieß es zur Begründung.

Die Initiative war als Kooperation der Berliner Senatsverwaltungen für Wirtschaft und Justiz in den Bundesrat eingebracht worden. Sie hat zum Ziel, den im Vergleich zu Wohnungen schwachen Mieterschutz für Gewerberäume zu erhöhen.

Der Funktionsmix ist in gefragten Vierteln bedroht

Bei Gewerbeeinheiten gibt es zum Beispiel keine ortsübliche Vergleichsmiete, an der sich Vermieter orientieren müssen. Unbefristete Mietverträge sind jederzeit ohne Begründung kündbar, eine Befristung kann der Vermieter beliebig kurz ansetzen. Insbesondere in gefragten City-Vierteln ist dadurch der Funktionsmix bedroht. Dort ist ein Großteil der Infrastruktur in Gewerbeeinheiten untergebracht, die privaten Eigentümern gehören. Weil sich hier leichter Mietsteigerungen erzielen lassen als bei Wohnungen, würden „gewachsene Kiezstrukturen und Nachbarschaften“ aus Renditeinteressen zunehmend aus der Innenstadt verdrängt, so die Berliner Wirtschaftsverwaltung.

Neben nicht-gewinnorientierten Unternehmen sei besonders soziale Infrastruktur wie Kitas und Jugendeinrichtungen betroffen. Aber auch Handwerksbetriebe und kleine und mittelständige Unternehmen. In bei Touristen beliebten Quartieren wie Friedrichshain-Kreuzberg, Mitte oder Prenzlauer Berg breiten sich stattdessen oftmals internationale Ketten aus, deren Angebot sich an Gäste richten – häufig Gastronomie.

Überraschend große Unterstützung durch die anderen Länder

Diese Entwicklung soll nun gebremst werden. Zwar kam Berlins Ursprungsantrag, einen gesetzlichen Anspruch auf eine Mindestgewerbemietdauer von zehn Jahren zu gleichbleibenden Konditionen zu schaffen, nicht durch den Bundesrat. Dennoch erfuhr die Offensive eine überraschend große Unterstützung durch die anderen Länder. Sie fordern die Bundesregierung gemeinsam auf, bis zum Sommer 2019 einen Maßnahmenkatalog für besseren Gewerbeschutz auszuarbeiten. Zu prüfen seien Maßnahmen aus den Bereichen Gewerbemietrecht, Wirtschaftsförderung und Städtebaurecht.

Diese Forderung unterstrich die Wirtschaftsministerkonferenz der Länder per Beschluss am 20. November. Man beobachte „einen zunehmenden Verdrängungsprozess“ von kleinen Läden, Handwerk und Gewerbe aus Innenstadtlagen. „Verursacht wird dieser durch rasant steigende Gewerbemieten und eine immer kürzere Dauer von Mietverträgen.“ Das Bundeswirtschaftsministerium soll deshalb bis Ende Juni 2019 „darstellen, mit welchen Maßnahmen die Bundesregierung (…) beabsichtigt, dem Verdrängungsprozess kleiner und mittlerer Unternehmen entgegenzuwirken“.

Allerdings erwartet Berlin keine schnelle Abhilfe. Das Bundeswirtschaftsministerium habe sich lange „mit Händen und Füßen dagegen gewehrt“, den Antrag anzunehmen. Ein wirklich mieterfreundliches Gewerberecht aufzustellen, sei mit der aktuellen Bundesregierung wohl noch nicht drin. Doch der Druck der Länder wird als erstes Signal gewertet, dass es ein bundesweites Problembewusstsein gebe.

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