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Bleibt nichts mehr anders. In den Toplagen von Prenzlauer Berg müssen Hausbesitzer bei Sanierungen künftig das Placet des Bezirksamtes einholen. Verboten sind Zweitbalkone und Fußbodenheizungen. FDP und CDU sehen den „Milieuschutz“ kritisch.

© imago

Mieten in Pankow: Kein Luxus im Milieu

Pankow richtet neue Schutzzonen gegen hohe Mieten ein. Damit will der Bezirk gegen „die zweite Welle der Luxusmodernisierung und Wohnungsspekulation“ vorgehen. Doch nicht alle Verbote wirken.

Die aktuelle FDP-Kritik an den Berliner Milieuschutzgebieten hat Pankows grüner Stadtrat Jens-Holger Kirchner schon eingepreist. Die Pankower Milieuschutzverordnung sei nicht „verschärft“, sondern nur überarbeitet worden. Der nachträgliche Einbau von Aufzügen sei jetzt ausdrücklich erlaubt, und wer seine 200-Quadratmeter-Suite mit einem zusätzlichen Badezimmer ausstatten möchte, kann auf eine „Einzelfallprüfung“ für Wohnungen ab vier Zimmer hoffen. FDP-Chef Christian Lindner hatte am Sonntagabend in der Talkrunde von Günther Jauch über den Milieuschutz hergezogen. So was bevormunde die Wohnungsbesitzer und befördere „Blockwartmentalität“. Auch die Berliner CDU sieht das Instrument Milieuschutz kritisch.

Wo gilt der Milieuschutz?

Die Bezirksverordnetenversammlung Pankow soll am Mittwoch über die Einrichtung neuer Milieuschutzgebiete beschließen. Damit will der Bezirk gegen „die zweite Welle der Luxusmodernisierung und Wohnungsspekulation“ vorgehen. Künftig sollen in den ehemaligen Sanierungsgebieten Kollwitzplatz, Teutoburger Platz, Winsstraße, Helmholtzplatz und Bötzowstraße eine „soziale Erhaltungssatzung“ gelten. Damit wird der gesamte südliche Prenzlauer Berg, also das Gebiet zwischen Torstraße, Danziger Straße, Chorinerstraße und Volkspark Friedrichshain sowie die Gegend um den Helmholtzplatz zwischen Schönhauser und Prenzlauer Allee erfasst. Der Beschluss könnte im Juni rechtskräftig werden.

Was ist künftig verboten?

Im Milieuschutzgebiet sind praktisch alle Baumaßnahmen an oder in Wohnungen genehmigungspflichtig. Verboten ist, „was den zeitgemäßen Ausstattungsstandard durchschnittlicher Wohnungen überschreitet“. In der Satzung wird genau festgelegt, was als Luxusmodernisierung gilt: Einbau eines zweites Bades oder einer Gästetoilette, ein Innenkamin, ein zweiter Balkon bzw. Loggia, Tiefgarage und Fußbodenheizung.

In Friedrichshain-Kreuzberg wurden andere Luxus-Kriterien festgelegt: Einbauküche, zweites Doppelhandwaschbecken, getrennter Einbau von Badewanne und Dusche. In beiden Bezirken sind Wohnungszusammenlegungen verboten sowie die kurzfristige Vermietung als Ferienwohnung.

Wie darf energetisch saniert werden?

Auch Wärmedämmung und andere Systeme zur Energieeinsparung stehen im Milieuschutz unter Vorbehalt, doch diese Regelung hat sich laut Kirchner als zahnlos erwiesen. Die geltende Energieeinsparverordnung erlaube sehr aufwendige Baumaßnahmen. In einem Altbau in der Kopenhagener Straße soll sich deswegen die Miete mehr als verdoppeln, bis zu 1600 Euro kalt für eine Wohnung, die bislang 680 Euro kostete. Kirchner sieht hier dringenden Handlungsbedarf. „Die Energieeinsparverordnung ist zum Motor der Verdrängung geworden.“

Sind Selbstnutzer auch betroffen?

Auch Eigentümer, die ihre Wohnung selber nutzen, fallen unter die Milieuschutzsatzung. „Eigennutzung ist möglicherweise nur eine kurzfristige Entscheidung“, sagt Reiner Wild vom Mieterverein. Dem Vernehmen nach können Selbstnutzer aber mit einer wohlwollenderen Einzelfallprüfung rechnen.

Gibt es schon Rechtsstreit?

Viele Eigentümer haben erfolgreich gegen nicht erteilte Baugenehmigungen aufgund von Milieuschutz geklagt. Das Verbot von Aufzügen wurde so praktisch unwirksam. Auch Mietobergrenzen, die es ursprünglich im Milieuschutz gegeben hat, wurden vom Oberverwaltunsgericht kassiert. Eigentümer, die ihre Wohnung selber nutzen, hätten vor Gericht gute Chancen, gegen die Auflagen der Bezirksämter vorzugehen, glaubt Dieter Blümmel vom Verband Haus & Grund. Stadtrat Kirchner erklärt hingegen, seit Einführung der neuen Satzung im vergangenen Jahr habe es noch keine Gerichtsverfahren gegeben.

Wann sind Ferienwohnungen verboten?

Ab Mai gilt das Zweckentfremdungsverbot. Nach zähen Verhandlungen zwischen den Koalitionspartnern wurde die Ausführungsverordnung vom Senat vor kurzem beschlossen. Danach gilt das Verbot stadtweit. Vermieter von Ferienwohnungen müssen ab Mai die Vermietung anzeigen, anschließend gilt eine zweijährige Übergangsfrist. Erst danach muss die Wohnung wieder normal vermietet werden. Auch eine Umwandlung in Gewerberäume muss künftig genehmigt werden. Der Berliner Rechtsanwalt Lukas Wenderoth empfiehlt Betroffenen, gegen mögliche Verbote durch die Bezirksämter Rechtsmittel einzulegen. Es bestehe die Chance, dass das Gesetz in einigen Jahren wieder von den Gerichten gekippt werde. Die Bezirke klagen, für die Durchsetzung des Zweckentfremdungsverbots nicht genügend Personal zu haben.

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