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Vor einem Monat hatte der 38-jährige Fler für Aufsehen gesorgt, weil er aus Verärgerung über einen Journalisten den Gerichtssaal verließ.

© Paul Zinken/dpa

Update

Mehrfache Beleidigung, versuchte Nötigung: Rapper Fler bekommt Bewährungsstrafe und muss 10.000 Euro Strafe zahlen

Die Staatsanwaltschaft hatte für Patrick Losensky ein Jahr und zehn Monate Haft ohne Bewährung gefordert. Das Urteil fiel milder aus.

Rapper Fler rieb sich möglicherweise trotz Schuldspruch aus der Ferne die Hände: Der Musiker wurde zu zehn Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Zudem soll er eine Geldbuße von 10.000 Euro zahlen.

Er habe sich der Beleidigung, der versuchten Nötigung, des Fahrens ohne Fahrerlaubnis sowie der Beihilfe zu verbotenen Mitteilungen über Gerichtsverfahren schuldig gemacht, begründete das Amtsgericht Berlin-Tiergarten sein Urteil am Mittwoch in Abwesenheit des Rappers.

Damit war das Gericht weit entfernt vom Antrag der Staatsanwältin, die eine Strafe von einem Jahr und zehn Monaten Haft ohne Bewährung verlangt hatte. Der vorbestrafte Musiker sei „nicht bereit, sich an Regeln zu halten“, hieß es in ihrem Plädoyer.

Weil sie keine positive Prognose sehe, komme keine Bewährungsstrafe in Betracht. Sie werde Rechtsmittel prüfen, kündigte sie nach dem Urteil an. Auch der Verteidiger, der sieben Monate Haft auf Bewährung für Fler verlangt hatte, schloss Rechtsmittel nicht aus. Das Urteil sei allerdings deutlich in seine Richtung gegangen.

Im Plädoyer hatte der Anwalt argumentiert, Fler sei auch eine Kunstfigur. Die vorgeworfenen Taten hätten teilweise auf der Bühne des Gangsta-Rap stattgefunden. Nun erklärte der Anwalt: „Die Staatsanwaltschaft ist als Tiger gestartet und als Bettvorleger gelandet.“

Fler berief sich auf künstlerische Freiheit

Das Gericht war in den Großen Konferenzsaal gezogen, um am fünften Tag des Prozesses das Urteil zu verkünden. Der 38-jährige Fler, bürgerlich Patrick Losensky, hatte sich allerdings bereits am dritten Tag aus seiner Verhandlung entfernt. Weil ihm die Anwesenheit eines ihm nicht genehmen Journalisten nicht passte, stürmte er wütend und schimpfend aus dem Saal und ließ sich nicht mehr blicken.

Er hatte teilweise gestanden – „nicht immer einsichtig“, hieß es vom Gericht. Fler hatte im Prozess verkündet: „Für mich ist es künstlerische Freiheit, dass ich mich so verhalte, wie sich ein Rapper verhält.“

Von 17 Vorwürfen sei es in elf Fällen zu einem Schuldspruch gekommen, sagte der Vorsitzende Richter. Fast alles Delikte aus dem Bereich der Bagatellkriminalität. Die versuchte Nötigung eines Tagesspiegel-Journalisten allerdings sei ein anderes Kaliber.

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Es sei „der schwerwiegendste Vorwurf“, hieß es weiter im Urteil. „Ein No-Go, ein Angriff auf die Pressefreiheit und nicht im Ansatz von Kunstfreiheit gedeckt.“

Der Rapper hatte dem Reporter Sebastian Leber laut Anklage gedroht, weil ihm dessen Beitrag zur Dauerfehde zwischen ihm und Bushido missfallen habe. Er habe Druck ausgeübt, um den „missliebigen Artikel“ aus dem Netz zu bekommen. Zunächst habe er versucht, dem Journalisten einen „Hausbesuch“ abzustatten.

Leber machte dies daraufhin bekannt. Fler twitterte danach im Oktober 2019: „Haue dir für jeden frechen Tweet einfach mehr auf die Fresse.“ Zudem sei von „Zähne einschlagen“ die Rede gewesen.

Bei einer Verkehrskontrolle beleidigte er Polizisten

Sechs Beleidigungen sahen die Richter als erwiesen an. Betroffen davon waren eine Nachbarin, mehrere Polizisten, ein Rechtsanwalt und ein Influencer. Die Vorfälle hatte Fler zum Teil zugegeben.

Im Fall des Anwalts und des Influencers erfolgten die Verbal-Attacken über das Internet – mit rufschädigender Wirkung. „Kunstfreiheit gibt ihm nicht das Recht, über andere herzuziehen im Netz“, sagte der Richter.

Bei einer Verkehrskontrolle sei es im September 2019 zu einem Schwall von Beleidigungen gegen Polizisten gekommen. „Er ließ seiner Wut verbal freien Lauf“, sagte der Richter. Dass Fler vor Ort vorübergehend gefesselt wurde, sei „nachvollziehbar und verhältnismäßig“ gewesen. Ein fehlerhaftes Verhalten durch Polizeibeamte habe das Gericht nicht festgestellt.

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Zum Fahren ohne Fahrerlaubnis sagte der Richter, dies sei für Fler zunächst „etwas unglücklich gelaufen“. Ihm sei die Fahrerlaubnis, die er wegen zu vieler Punkte verloren hatte, zwar zunächst neu erteilt worden. Als seine Lebensgefährtin den Führerschein abholen wollte, sei er ihr aber nicht ausgehändigt worden.

Erst Wochen später habe Fler erfahren, dass eine Strafanzeige wegen illegalen Fahrens der Hintergrund war. Im September 2019 saß er allerdings trotzdem zweimal unerlaubt hinterm Steuer.

Eine frühere Bewährungszeit habe der Rapper erfolgreich bewältigt, hieß es weiter. Bei anderen Verurteilungen habe es sich um Geldstrafen gehandelt. „Das Gericht hat die Erwartung, dass eine Bewährungsstrafe ausreicht.“

Damit der Rapper spürt, dass dies alles andere als ein Freispruch ist, scheine „etwas Druck“ angebracht. Deshalb soll Fler 10 000 Euro an die gemeinnützige Organisation Gangway – Straßensozialarbeit zahlen.

Im Prozess ging es zunächst um acht Anklagen. Einige wurden abgetrennt – darunter eine wegen Beleidigung des Rappers Bushido. Fler soll ihn im Internet als „Bastard“ und „ekligen Hund“ betitelt haben. Der Fall wird nun gesondert geprüft.

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