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Barbara Eschen blickt auf ereignisreiche und herausfordernde Jahre zurück.

© Britta Perdersen/´dpa

Mehr Zeit für die Trompete: Die Leiterin des Diakonischen Werks geht in den Ruhestand

Barbara Eschen beendet nach vielen Jahren ihre Tätigkeit beim Wohlfahrtsverband. Jetzt möchte sie wieder aktiv im Posaunenchor spielen.

Auf das Trompetespielen freut sich Barbara Eschen schon. Denn für das Üben im Posaunenchor ihrer Steglitzer Kirchengemeinde hatte die Direktorin des Diakonischen Werks Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz in den letzten Jahren nur wenig Zeit.

„Ich muss da endlich wieder so hingehen können, dass ich erhobenen Hauptes meine Trompete auspacken kann und nicht immer denke: Hoffentlich merken die nicht, was ich wieder nicht geübt habe.“

Seit 2014 ist Eschen Chefin des evangelischen Wohlfahrtsverbands in Berlin, Brandenburg und dem Osten Sachsens. Mit einem Gottesdienst in der Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche wird sie am Sonntag in den Ruhestand verabschiedet – nach einer Amtszeit, die so turbulent war, wie bei kaum einem ihrer Vorgänger.

Was mit der Flüchtlingskrise begann, in der sich die Diakonie so wie viele andere Sozialverbände massiv bei der Aufnahme und Integration der Zuwanderer engagierte, endete mit den Herausforderungen von Corona. „Ich hoffe sehr, dass unsere Gesellschaft nun die Zeit hat, Corona zu verarbeiten", sagt Eschen bei einem letzten Gespräch in ihrem Büro in der Diakonie-Zentrale in der Steglitzer Paulsenstraße.

„Zusätzlicher Ferienunterricht reicht da nicht.“

Besonders liegen der Diakoniechefin dabei die Belange der Kinder am Herzen. „Wir müssen ganz deutlich wahrnehmen, dass wir die Kinder in den letzten Monaten viel zu wenig im Blick hatten.“ Und wenn, sei es nur um die Schulen und die Frage, wie die Schülerinnen und Schüler ihren Lernstoff aufholen können, gegangen.

„Eigentlich müssen wir doch fragen: Wie können wir die Schüler so stärken, dass sie mit Zuversicht in die Zukunft gehen können“, sagt Eschen. „Zusätzlicher Ferienunterricht reicht da nicht.“

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Sorge macht ihr auch der zunehmende Mangel an Pflegekräften. Die Pflegeausbildung in Berlin und Brandenburg müsse dringend gestärkt werden – allein in Brandenburg würden bis 2030 44 000 zusätzliche Pflegekräfte in der Altenpflege benötigt, ergab eine Statistik des Gesundheitsministeriums. „Wir brauchen auch eine Akademisierung in der Pflege“, sagt Eschen.

Froh über Tarifbindung in der Pflege

„Nicht jeder Pfleger oder jede Schwester muss akademisch gebildet sein – aber die Pflegekräfte brauchen ein anderes Standing auch gegenüber den Ärzten.“ In der ambulanten Pflege könne die Pflegekraft vor Ort immer nur das machen, was verordnet sei.

„Die Pflegenden sind aber vor Ort, im Unterschied zu den Ärzten“, sagt Eschen. „Wenn ich da die Selbstständigkeit vorantreiben kann, ist das richtig und wichtig.“ Froh ist die Theologin hingegen darüber, dass es am Ende der Legislaturperiode des Bundestags noch zu einer Tarifbindung in der Pflege gekommen ist.

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„Wir wissen aber, dass die Pflegebedürftigen derzeit die daraus entstehenden Mehrkosten selber aufbringen müssen“, sagt Eschen. Das trage auf Dauer nicht. „Die neue Bundesregierung muss das mit einer Reform der Pflegeversicherung aufgreifen.“

Das allerdings wird Barbara Eschen selbst nur noch als Privatperson verfolgen: Denn vom 1. September an wird die Frankfurter Theologin Ursula Schoen an der Spitze des Diakonischen Werks in der Region stehen. Sie wurde bereits im März vom Diakonischen Rat in dieses Amt gewählt.

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