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Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik und Innensenator Andreas Geisel. (Archivbild)

© Christophe Gateau/dpa

Exklusiv

Mehr Neonazis registriert, mehr Haftbefehle: Berlins Polizei geht nun stärker gegen Rechtsextremismus vor

Die Berliner Polizei wird das Misstrauen nicht los, nicht genug gegen Neonazis zu tun. Eine Bilanz zeigt aber: Die Zugriffe haben sich deutlich erhöht.

Im Kampf gegen Rechtsextremismus hat der Staatsschutz des Landeskriminalamts (LKA) seine Schlagzahl deutlich erhöht: Es gab mehr Durchsuchungen und mehr Haftbefehle wurden vollstreckt. Bislang ist die Berliner Polizei damit noch nicht an die Öffentlichkeit gegangen, am Montag ist darüber aber unter Ausschluss der Öffentlichkeit im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses beraten worden.

Warum die Polizei die Bilanz bislang zurückhält, ist unklar. Dabei könnte sie damit dem Verdacht entgegentreten, gegen Neonazis und Rechtsextremisten zu zaghaft vorzugehen. Denn bislang kann die Polizei das Misstrauen nur schwer abschütteln – auch weil die rechtsextremistische Anschlagsserie in Neukölln noch immer nicht aufgeklärt ist.

Auch die von Innensenator Andreas Geisel (SPD) eingesetzte Soko „Fokus“ konnte die verdächtigen Neonazis Sebastian T., Tilo P. und Julian B. nicht mit rechtsstaatlichen Mitteln überführen. Es gibt auch keine Belege dafür, dass Polizisten und rechte Netzwerke die Ermittlungen sabotiert und interne Daten an Neonazis weitergetragen haben.

In der Polizei wird es daher als taktisches Manöver gesehen, dass Innensenator Geisel nun externe Experten mit der Überprüfung des Neukölln-Komplexes betraut. Die bisherigen Ermittler sehen sich von Geisel düpiert.

Die von der Anschlagsserie Betroffenen haben trotz allen Aufwands der Soko „Fokus“ kein Vertrauen mehr. Dabei hatte der Staatsschutzchef beim Landeskriminalamt, André Rauhut, alle möglichen Ressourcen für die Ermittlungen eingesetzt.

Offene Haftbefehle werden seit 2015 zentral bearbeitet

Und auch sonst zog er beim Staatsschutz die Zügel an. Nach dem Mord an dem Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke (CDU) im Juni 2019 sind alle als gewaltbereit eingestuften Rechtsextremisten erneut überprüft worden. Dadurch hat sich die Zahl der als relevant eingestuften Personen in der rechtsextremistischen Szene auf 30 verdoppelt.

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Bereits seit 2015 wird ein Konzept umgesetzt, mit dem offene Haftbefehle zentral bearbeitet werden. 65 Durchsuchungen gab es bei Angehörigen der rechtsextremistischen Szene. 67 Haftbefehle zu 59 Personen sind vollstreckt worden – nicht nur wegen rechter Umtriebe, sondern auch wegen anderer Straftaten. Auch gegen Waffenbesitzer, die sich am braunen Rand tummeln, geht die Polizei vor. 74 Zuverlässigkeitsüberprüfungen sind angeregt und 63 gültige Waffenverbote erwirkt worden.

Auch das für Linksextremismus zuständige Dezernat ist aufgestockt worden – von 77 Beamten im Jahr 2018 auf 89 im vergangenen Jahr. Angestrebt wird eine Zahl von 100 Ermittlern. Verstärkt wurde auch der technische Bereich, für Internetüberwachung und die Analysesysteme gibt es neues Personal. Derzeit wird noch das Analysesystem „Radar rechts“, mit dem Risiken bei Rechtsextremisten bewerten werden können, entwickelt.

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