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Fürs Leben Boxen. Izzet Mafratoglu hat 2005 den Verein Isigym in der Potsdamer Straße in Schöneberg gegründet.

© Sven Darmer

Mehr als nur Sport: Eine Boxschule fürs Leben

Im Verein Isigym von Izzet Mafratoglu in Berlin-Schöneberg gelten zehn Gebote. Die helfen nicht nur beim Training, sondern auch sonst im Leben.

Boxen ist für Izzet Mafratoglu viel mehr als nur ein Sport, der Verein „Isigym“ mehr als nur ein Club. Es ist für ihn eine Schule des Lebens. 2005 hat er das Boxgym in der Potsdamer Straße gegründet – seither haben dort in Schöneberg Hunderte von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen trainiert, Jungs und Mädchen, Männer und Frauen.

Mafratoglu – „Isi“ nennen ihn alle hier – ist in der Türkei geboren und als Zweijähriger nach Berlin gekommen. Aufgewachsen ist er in Schöneberg, im Kiez an der Potsdamer Straße. Hier ist er zu Hause. Für ihn war damals völlig klar, dass der Boxverein auch dort beheimatet sein muss.

„Ich wollte dem Bezirk etwas zurückgeben“, sagt Mafratoglu, der in seiner aktiven Karriere in der Gewichtsklasse bis 63/64 Kilogramm, dem Halbweltergewicht, geboxt und seit 17 Jahren eine Trainerlizenz hat. Er ist das Gesicht des Vereins. Keiner, der ihm beim Training über den Weg läuft, versäumt es, ihn zu begrüßen. In Corona-Zeiten ist es der Gruß mit der Faust.

Über zwei Etagen erstrecken sich die Räume des Clubs. Von den Wänden schauen Boxlegenden wie Muhammad Ali, Lennox Lewis oder Max Schmeling. In einer Ecke stehen die Pokale, sind die Urkunden ausgestellt, die die Erfolge der Isigym-Boxer dokumentieren. Im oberen Stockwerk finden sich neben dem Trainingsboxring viele Kraftgeräte. Hier hängen Boxsäcke von der Decke.

Rund 400 Mitglieder hat Isigym. Mafratoglu sagt, sein Verein sei der größte Boxclub Europas. Acht Trainer geben Unterricht, eine Trainerin wird gerade ausgebildet.

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Mafratoglu ist das soziale Miteinander besonders wichtig. An prominenter Stelle hängen die „10 Gebote für den Boxsportler“. Das erste laute: „Erscheine regelmäßig und pünktlich zum Training!“ Andere gelten aber nicht nur dem Sport: „Benimm Dich auch im Privatleben, achte Deine Eltern, sei korrekt und anständig, so dass Du den Durchschnittsmenschen überragst.“

"Meine Sportler haben Disziplin, können sich vorbildlich benehmen"

Darauf legt der 57-Jährige viel Wert: „Meine Sportler haben Disziplin, können sich vorbildlich benehmen.“ Er achte bei Kindern darauf, dass ihre Leistungen in der Schule stimmen. Wer schlechte Noten hat, dem organisiere er Nachhilfe. „Eine gute Schulbildung muss sein“, sagt Mafratoglu. Die meisten der Jungen und Mädchen gehen aufs Gymnasium. Für die Kinder sei er eine Vertrauensperson: „Ich bin für sie oft Vater, Mutter, Oma, Opa.“ Diese Verantwortung nehme er sehr ernst.

Während des Lockdowns war natürlich auch das Gym geschlossen. Erst Mitte Juni durfte es wieder öffnen. Aber ganz aufs Training musste nicht verzichtet werden. Mafratoglu hat zugesehen, dass die Trainer kontaktlosen Sport im Park anboten. Denn für viele der Kids im Boxverein sei in der Coronazeit eine wichtige Säule im Leben weggefallen. Da habe es einen Ausgleich geben müssen.

[350.000 Leute, 1 Newsletter: Die Autorin dieses Textes, Sigrid Kneist, schreibt den Tagesspiegel-Newsletter für Tempelhof-Schöneberg. Den gibt es hier: leute.tagesspiegel.de]

Aber jetzt wird wieder drinnen trainiert – natürlich erst nach einem Test. An diesem Nachmittag sind Jugendliche aus verschiedenen Berliner Vereinen an der Potsdamer Straße zu Gast. Sie nutzen hier die Möglichkeit, mit Sparringspartnern aus anderen Clubs zu trainieren.
Wer kommt ins Isigym? Hier boxt jeder oder jede, die Spaß daran hat. Kinder aus schwierigen Verhältnissen genauso wie Jugendliche aus bürgerlichen Verhältnissen, mit und ohne Migrationshintergrund. Oder Anwälte, Bankdirektoren, Ministeriumsmitarbeiter.

Auf diese Mischung ist Mafratoglu stolz. Er gibt auch Jugendlichen mit schlechtem Ruf eine Chance, holt sie von der Straße. Dafür hat er bereits vor Jahren vom damaligen Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit den Integrationspreis erhalten. Info und Kontakt

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