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Medizinisches Personal wird gebraucht in der Coronakrise - nicht nur wie hier in China.

© Fei Maohua/XinHua/dpa

Medizinisches Personal gesucht: Berliner Krankenhäuser bitten Bevölkerung in Coronakrise um Hilfe

Ob Ärzte oder Pflegekräfte: Wer eine medizinische Ausbildung hat, soll sich bei den Kliniken melden. Kassenärzte suchen derweil Schutzausrüstung.

Kliniken, Gesundheitsämter und Praxen stehen unter enormen Druck - insbesondere die Krankenhäuser suchen dringend Personal. Das ist schon deshalb nötig, weil auch vor der Coronakrise in Berlin tausende Stellen im Gesundheitswesen unbesetzt waren. Nun soll, wie berichtet, eine Covid-19-Klinik auf dem Messegelände hinzukommen.

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Die Bundeswehr, die dem Senat beim Errichten der Ad-hoc-Klinik helfen soll, kann nach Tagesspiegel-Informationen allenfalls einen kleinen Teil der Mannschaft stellen, die in der 1000-Betten-Klinik gebraucht wird. Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) dämpfte am Donnerstag die Erwartungen.

Die Armee könne allenfalls bei Aufbau und Ausstattung helfen, sagte sie bei einer Pressekonferenz in Berlin. "Aber wir können ein solches Krankenhaus nicht mit eigenen Kräften betreiben." Bundeswehr-Ärzte und Pflegekräfte würden in den eigenen Krankenhäusern und Sanitätsbereichen gebraucht. [Alle aktuellen Entwicklungen zur Coronakrise in Berlin lesen Sie im Newsblog.]

Die Berliner Krankenhausgesellschaft (BKG), der staatliche, private, konfessionelle sowie frei-gemeinnützige Kliniken angehören, sucht nun mit einem öffentlichen Aufruf nach Fachleuten: Um den hohen Bedarf an Fachkräften für die Versorgung von Covid-19-Patienten zu gewährleisten, sei man auf "die Unterstützung aus der Bevölkerung angewiesen". Man rufe alle Berliner mit einer medizinischen Ausbildung auf, sich an Einrichtungen zu wenden, die zum jeweiligen Qualifikationsprofil passen.

"Um für die zu erwarteten Patientenzahlen ausreichend Personal in den Krankenhäusern vorzuhalten, müssen die Personalbestände aufgestockt werden", sagte BKG-Geschäftsführer Marc Schreiner. "Auch in den Pflegeeinrichtungen muss die pflegerische Versorgung sichergestellt sein, um Einweisungen von Bewohnern in Krankenhäuser zu vermeiden." Die BKG hofft, dass sich frühere Ärzte und Pflegekräfte mit Name, Geburtsdatum und Qualifikation via E-Mail an die Personalabteilung der Kliniken wenden.

Covid-19-Klinik braucht Ehrenamtliche, Pensionäre, Studenten

Auch Ex-Branddirektor Albrecht Broemme, der die Covid-19-Klinik aufbauen soll, hatte dem Tagesspiegel gesagt: „Auch mit Hilfe der Medien werden wir frühere Pflegekräfte dazu aufrufen, wieder in der Pflege zu arbeiten. Viele sind in Rente, aber fit, andere sind derzeit in anderen Jobs aktiv. Die Frage ist auch, was kann die Bundeswehr an Personal stellen. Der Wille zur Hilfe ist unter den Berlinern jedenfalls da.“

Ein Präsident des Technischen Hilfswerks (THW) und Berliner Feuerwehrchef: Albrecht Broemme.
Ein Präsident des Technischen Hilfswerks (THW) und Berliner Feuerwehrchef: Albrecht Broemme.

© Ole Spata/dpa

Gesundheitssenatorin Kalayci ergänzte, für das neue Covid-19-Krankenhaus wolle man Ehrenamtliche, pensionierte Ärzte und Pflegekräfte sowieso Medizinstudenten mobilisieren.

Viel Personal ausgebildet, doch viele haben auch die Gesundheitsberufe verlassen

Die Fluktuation in der Pflegebranche ist hoch, die Arbeitsbedingungen sind hart. Im Herbst 2018 hatte eine Studie ergeben, dass in den 25 Jahren zuvor 625.000 Pflegekräfte in Deutschland ausgebildet wurden. Davon hätten jedoch mehr als 300.000 den Beruf verlassen.

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Die Studie, die vom Medizinproduktehersteller Hartmann in Auftrag gegeben wurde, hatte auch ergeben: 48 Prozent dieser früheren Pflegekräfte könnten sich vorstellen, wieder in ihren alten Beruf zurückzukehren. Dazu müssten sich aber die Arbeitsbedingungen verbessern.

Rigide Schichten in Heimen und Kliniken, vergleichsweise knappe Löhne und strikte Hierarchien (insbesondere mit Blick auf die übergeordneten Ärzte) haben zudem dazu beigetragen, dass viele Pflegekräfte von Zeitarbeitsfirmen abwerben lassen.

Kassenärzte brauchen Masken, Brillen, Handschuhe, Desinfektionsmittel

Die Kassenärzte aus den Praxen wiederum fordern Berliner auf, Schutzmaterial abzugeben. Die für circa 9000 niedergelassene Mediziner zuständige Kassenärztliche Vereinigung (KV) Berlin bittet Betriebe nachdrücklich, dabei zu helfen: "Wir benötigen ganz dringend Schutzmasken, Schutzbrillen, Einmalhandschuhe und Desinfektionsmittel und würden uns freuen, wenn Unternehmen, die noch Lagerbestände haben, diese kostenfrei bei uns abgeben."

Wie berichtet, hatte die KV Landes- und Bundesregierung kritisiert, weil bestellte Schutzausrüstung nicht geliefert worden sei. Deshalb drohten Praxen damit, bald zu schließen. Die öffentlich-rechtliche KV ist für die ambulante Versorgung von gesetzlich Versicherten zuständig, die Kliniken für stationäre Fälle und die Gesundheitsämter für öffentliche Prävention und Infektionsschutz.

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