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Deutschland und Korea teilen die Geschichte jahrzehntelanger Teilung. In Berlin stehen Reste der Mauer noch.

© Doris Spiekermann-Klaas

"Mauerspechte"-App: Welche Geschichte Deutschland und Korea teilen

Ein Spiel in der Gedenkstätte Berliner Mauer will Wissen über die Geschichte beider Länder vermitteln.

Wann wurde die Berliner Mauer gebaut? Und wer ist der Staatschef von Nordkorea? Das sollte eigentlich jeder wissen. Dass hingegen einmal eine Frau im ausgeweideten Bauch einer toten Kuh aus der DDR fliehen wollte, haben die wenigsten je gehört. Erfolg hatte sie damit nicht.

Wer mehr solcher Geschichten über Deutschland und Korea kennenlernen will, kann sich beim Spiel „Mauerspechte“ in der Gedenkstätte Berliner Mauer digital durch die Vergangenheit bewegen. Für das Spiel wurde in der Gedenkstätte eine Installation mit Fotos, Grafiken, Karten und Textbausteinen zur deutschen und koreanischen Teilungsgeschichte aufgebaut.

Spieler benötigen ein Smartphone oder ein Tablet, auf das sie zu Hause oder vor Ort – es gibt W-Lan – die Mauerspechte-App laden. Wer kein solches Gerät hat, kann sich in der Gedenkstätte ein Tablet ausleihen. Damit gehen die Spieler auf Spurensuche in der Installation und stellen aus den vielen Informationen Fakten zu einem informativen Text zusammen.

Die Spieler rufen dazu die App auf und tippen auf einen Themenbereich, zum Beispiel „Menschen“. Hier finden sie Themen für die Artikel, die sie erstellen wollen, beispielsweise „Liebe“. Nun öffnet sich ein Text über eine Person „Auf der Suche nach Liebe, im Bauch einer toten Kuh“.

Jeder Artikel besteht aus Antworten auf sechs Fragen: Wer, was, wo, wann, wie und warum. Einige dieser Antworten sind bereits vorgegeben, andere müssen die Spieler ergänzen. Dazu müssen sie die Textschnipsel in der Installation genau lesen und immer wieder überlegen, was zur Geschichte passt.

„Auf der Suche nach Liebe, im Bauch einer toten Kuh“

Beim Artikel zur Frau in der Kuh ist die erste Frage: Wer ist diese Person? Einen Hinweis liefert das Wort „Wer“ am Anfang der Installation. An weißen Stangen sind hier blaue, grüne und orangefarbene Tafeln mit Zeichnungen mehr oder minder bekannter Persönlichkeiten aus den Teilungsgeschichten befestigt.

Die Spieler müssen genau nachlesen: Zur Auswahl gibt es unter anderem West-Berliner Studenten, Donald Trump und Kim Jong-Un. Wer aufmerksam weitersucht, findet „eine 18-jährige Frau aus Karl-Marx-Stadt (frühere Bezeichnung, heute: Chemnitz)“. Die Antwort hat einen Zahlencode, der in der App eingegeben wird. So wird die Frage beantwortet.

Die Felder „Wann?“ und „Wo?“ sind bereits ausgefüllt. Weiter geht es mit „Was?“ – die Frau will in den Westen fliehen – und „Wie?“ – im Bauch einer toten Kuh. Warum? Das ist vorgegeben: Sie will zu ihrem Verlobten nach West-Berlin.

Nun sind alle Felder ausgefüllt, der Artikel kann eingereicht werden. Die App prüft, ob alle Informationen korrekt sind. Wenn etwas nicht stimmt, fordert sie die Spieler noch einmal zum Nachlesen auf. Wenn alle Antworten richtig sind, ist der erste Text bereit zur „Veröffentlichung“, wird also in der App gespeichert. Für jeden fertigen Artikel erhalten die Spieler Punkte.

Zu Beginn können die Spieler selbst eine Spieldauer festlegen, dann droht der Redaktionsschluss. So werden die Mauerspechte mit der Zeit ehrgeiziger und wollen schnell letzte Punkte sammeln, laufen durch die Installation und suchen nach Schlüsselwörtern, bis die Zeit um ist. Die kleine Wissenssammlung aus allen fertiggestellten Artikeln kann als Mauerspecht-Zeitung per E-Mail versandt oder vor Ort ausgedruckt werden.

Geschichte spielerisch erarbeiten

Klar ist: Das Spiel ist kein Ersatz für eine klassische geschichtliche Auseinandersetzung. Wie Manfred Wichmann von der Gedenkstätte aber betont, könne es Neugierde wecken und digital motivieren, sich die Geschichten spielerisch zu erarbeiten. „Der besondere Reiz ist die Kombination von Ausstellung, Vermittlung und Spiel.“

Zum 30. Jubiläum des Mauerfalls hat die Stiftung Berliner Mauer das Spiel „Mauerspechte – von der DMZ zur Berliner Mauer“ fachlich unterstützt. DMZ – das meint die demilitarisierte Zone zwischen Süd- und Nord-Korea. Es ist ein Projekt des Goethe-Instituts Korea und des südkoreanischen Spieleherstellers Nolgong und entstand in Kooperation mit Arko – Arts Council Korea.

Auch Personen ohne technisches oder geschichtliches Vorwissen können es einfach ausprobieren und Mauerspechte werden, wie Youeun Jung vom Goethe-Institut Korea erklärt. Das Spiel, das am 24. Januar auch im südkoreanischen Dorasan nahe der demilitarisierten Zone vorgestellt wurde, könne dort auch besonders die jüngere Generation erreichen, die kein vereintes Korea mehr kennt. „Das Spiel soll auch ihr Interesse an dem Thema wecken.“ Dann können sie spielerisch Geschichten über Wolf Biermann oder die Frau im Kuhmagen rekonstruieren.

Einzelpersonen und Gruppen können das Spiel noch bis 3. Februar im Besucherzentrum der Gedenkstätte Berliner Mauer, Bernauer Str. 119, ausprobieren, dienstags bis sonntags, 10–18 Uhr. Gruppen sollten sich per E-Mail anmelden.

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