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Hinter diesem gelben Hefter verbirgt der mutmaßliche "Maskenmann" im Gerichtssaal sein Gesicht.

© dpa

"Maskenmann-Prozess": Richter beschlagnahmt Ermittlungsprotokolle der Polizei

Das Verfahren in dem Entführungsfall wird seit geraumer Zeit von der schlampigen Polizeiarbeit bestimmt. Der Vorsitzende Richter hat jetzt die Herausgabe der Akten der Polizei veranlasst.

Irgendwann riss beim Vorsitzenden Richter im sogenannten „Maskenmann-Prozess“ am Freitag der Geduldsfaden. Er beschlagnahmte im Landgericht Frankfurt (Oder) kurzerhand die Protokolle über die ersten Ermittlungen der Polizei nach Bekanntwerden der spektakulären Entführung im Oktober 2012.

Der im Zeugenstand sitzenden Kriminalbeamtin war es zuvor nicht gelungen, von ihren Vorgesetzten in der Mordkommission eine Freigabe der Akten zu erhalten. 40 Minuten hatte sie telefoniert, um dem Gericht dann mitzuteilen: „Ich habe leider kein Ergebnis.“ Niemand wolle sich dazu äußern.

Ende des Verfahrens wegen Pannen nicht absehbar

In den Akten selbst standen nur die üblichen polizeilichen Schritte zur Tätersuche, nachdem sich das mutmaßliche Entführungsopfer nach eigenen Angaben selbst befreit hatte. Doch diese am Freitag zutage getretene unzureichende Führung der Polizeiarbeit in Frankfurt passt zum Prozessverlauf. Da sich mindestens die Hälfte aller bisher 48 Verhandlungstage mit der voller Pannen gespickten Polizeiarbeit beschäftigten, ist ein Ende des Verfahrens noch längst nicht abzusehen. Vor dem Frühsommer und damit mehr als ein Jahr nach Prozessauftakt spricht das Gericht auf keinen Fall ein Urteil über den angeklagten Mario K.

Der Verteidigung wird dabei die Arbeit für den Nachweis der Unschuld ihres Mandanten ziemlich leicht gemacht. Denn die wichtigsten Argumente für ernste Zweifel am Ablauf der vom mutmaßlichen Opfer geschilderten Entführung kam von kritisch zu ihren Vorgesetzten eingestellten Polizisten. Sie durften auf „Weisung von oben“ eben nur in eine Richtung, und zwar nur gegen Mario K. ermitteln.

Motiv bis heute nicht erkennbar

„Es gab durchaus andere Verdächtige“, sagte die Polizeibeamtin Yvonne B. gestern. Darunter hätten sich ein ehemaliger Polizist aus Berlin, Bekannte des Opfers und Mitglieder der Türsteher-Szene befunden. Vor allem sei ein Motiv der beiden Überfälle auf die Berliner Unternehmerfamilie P. auf dem Anwesen in Bad Saarow nicht gefunden worden. Im Unterschied dazu trug der später entführte Bankier Stefan T. einen Brief mit der Forderung von einer Million Euro in der Tasche. Den habe er auf Anweisung des Entführers schreiben müssen, sagte er. Zur Geldübergabe sei es aber nicht gekommen, da er sich nach 35 Stunden Gefangenschaft selbst befreit habe.

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