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In Berlin müssen 2100 Lehrerstellen zeitnah besetzt werden.

© Gerhard Leber/Imago

Martenstein zum Lehrermangel in Berlin: Spargelstecher in die Klassenräume!

Der Lehrermangel ist und bleibt für die Hauptstadt ein großes Problem. Dabei gäbe es einfache Lösungen. Eine Glosse.

Eine Glosse von Harald Martenstein

In Berlin müssen 2100 Lehrerstellen zeitnah besetzt werden, wegen der schlechten Bezahlung ist dies schwierig. Nun will die Bildungssenatorin Studentinnen und Studenten unterrichten lassen. In Berlin wurde ein Flyer mit dem Motto „Unterrichten statt Kellnern“ produziert.

Für 14 Wochenstunden an der Grundschule kriegt man als studierender Unterrichtender etwa 1550 Euro im Monat, rund 28 Euro pro Unterrichtsstunde. Im Gymnasium sind es 1600 Euro für 13 Stunden – da ist etwaiges Trinkgeld nicht eingerechnet. Man wird nur „in der Regel“ in den Fächern eingesetzt, die man auch studiert, nicht zwingend. Vielleicht kann man nebenbei eine neue Fremdsprache lernen, indem man Französischlehrer für Anfänger wird. Ich habe sofort an den Film „Fack ju Göhte“ gedacht.

Es gibt so viele Straftäter, die zu Sozialarbeit verurteilt werden, warum werden die in Berlin nicht einfach zu 100 Stunden Unterrichten verknackt? Das wäre zum Teil ein deutlich höheres Unterrichtsniveau, als es von Studenten zu erwarten ist. Manche Straftäter sind Akademiker mit Berufserfahrung und Leitungskompetenz, womöglich sogar promoviert, vor allem bei den Steuer- und Betrugsdelikten. Dies würde als „Berliner Resozialisierungsmodell“ in die Geschichte eingehen.

Zurzeit sind auch Hunderte von Spargelstechern in Brandenburg aktiv, viele davon aus Osteuropa. Warum behält man die nicht gleich hier, und zwar als Sportlehrer? Körperlich fit sind sie garantiert, motiviert auch. Fürs Spargelstechen kriegt man nämlich nur neun Euro. Bei den frommen Polen sehe ich auch Potenzial für den Religionsunterricht.

Was machen eigentlich all die Berliner Bademeister außerhalb der Freibadsaison, die sich praktischerweise mit den Sommerferien überschneidet? Berliner Bademeister muss man in den sozialen Brennpunktschulen einsetzen, die wissen, wie man schwierige Jugendliche in Schach hält. Wie etlichen Reportagen zu entnehmen war, wird an solchen Schulen inhaltlich sowieso nicht mehr viel unterrichtet.

Einen ernsthaften Vorschlag machten Lehrer, als sie vor ein paar Monaten die Bildungssenatorin Sandra Scheeres für die Zeitschrift „News4Teachers“ interviewten. Warum besetzt man Lehrerstellen, für die sich zur Zeit niemand findet, nicht, zumindest vorübergehend, mit Sozialarbeitern oder Schulpsychologen? Die sind vielerorts bitter nötig. Antwort Scheeres: „Wir müssen alle Stellen für Lehrkräfte mit Lehrkräften besetzen.“ Gesagt am 20. November 2017.

Fest steht, dass die Studierenden billig sind. Da fällt mir eine Rede ein, die der damalige Bundespräsident Joachim Gauck im November 2015 in Hamburg gehalten hat: „Lehrer ist einer der schwierigsten Berufe. So vieles im Leben hängt von gelingender Bildung ab.“

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