zum Hauptinhalt
Ein Formular für Soforthilfen des Bundes. Bobby K. erfand Firmen, für die er Zuschüsse beantragte.

© dpa

Update

„Man hatte plötzlich die Taschen voll Geld": Ein Jahr und sieben Monate Bewährung wegen Soforthilfe-Betrug

Ein selbständiger Gebäudereiniger erfand Firmen und kassierte 21.500 Euro zu Unrecht. Es wurde ihm leicht gemacht, so das Gericht.

Wie bei einer „Rallye“ fühlte sich Bobby K., als er eine Corona-Soforthilfe nach der anderen beantragte. Sein Umfeld habe ihn inspiriert – „man hatte plötzlich die Taschen voll Geld“, so der 31-Jährige. Er zog den Kopf leicht ein, als er am Freitag das Urteil hörte. „Sozialschädlich“ habe er sich verhalten und eine besondere kriminelle Energie an den Tag gelegt. Es sei ihm allerdings „sehr, sehr leicht gemacht worden“. Das Amtsgericht Tiergarten verhängte ein Jahr und sieben Monate Haft auf Bewährung. Bobby K. wurde zudem die Zahlung von 2000 Euro auferlegt. 

Schuldig des Subventionsbetrugs in sechs Fällen, begründete das Gericht. Bobby K., ein selbständiger Gebäudereiniger, hatte für fünf Gesellschaften, die gar nicht existierten, sowie für sein Einzelunternehmen Zuschüsse für die Sicherung der betrieblichen Existenz in der Coronakrise beantragt und dabei versichert, dass die beantragten Mittel für betrieblichen Sach- und Finanzaufwand verwendet werden würden. Zwischen dem 6. und dem 8. April 2020 habe er unberechtigte Anträge in Höhe von insgesamt 77.500 Euro aus dem Soforthilfeprogramm des Bundes gestellt und 21.500 Euro kassiert. Er zahlte später alles zurück.

Bei der Vergabe von Corona-Soforthilfen hat Investitionsbank Berlin (IBB) die Anträge am Anfang nicht weiter unter die Lupe genommen. Schnell und unbürokratisch sollte es zu Auszahlungen kommen. Alles lief digital. Die Prüfung war nur maschinell. „Nur wenn es Auffälligkeiten gab, wurde manuell geprüft“, so ein Mitarbeiter der IBB im Prozess. Insgesamt rund 240.000 Anträge seien bei der IBB eigegangen – allein vom 27. März bis zum 1. April seien es 160.000 Anträge gewesen. Rund 3000 Anträge pro Stunde seien damals bearbeitet worden. 

Insgesamt zahlte die IBB Angaben zufolge Zuschüsse in Höhe von knapp 1,8 Milliarden Euro an Berliner Solo-Selbständige, Freiberuflicher und Kleinst-Unternehmer. Das Landeskriminalamt (BKA) warnte bereits kurz nach Beginn des Förderprogramms vor Ganoven. Inzwischen sind hunderte Verfahren wegen Verdachts auf Betrug anhängig. Das LKA nannte in der vergangenen Woche 929 Verdachtsfälle.

[Behalten Sie den Überblick: Corona in Ihrem Kiez. In unseren Tagesspiegel-Bezirksnewslettern berichten wir über die Krise und die Auswirkungen auf Ihren Bezirk. Kostenlos und kompakt: leute.tagesspiegel.de]

Die IBB setzt auch auf „nachgelagerte Prüfungen“ durch die Finanzbehörde und auf Hinweise von anderen Banken. Im Fall von Bobby K. war es eine Verdachtsanzeige seiner Hausbank, die das Verfahren ins Rollen gebracht hatte. Nachdem am 1. April auf sein Konto 5010 Euro Hilfe eingegangen waren, räumte er das Geld noch am selben Tag fast vollständig ab. Zehn Tage später dann weitere Eingänge. 

Die Bank vermutete, er könnte sich an den in der prekären wirtschaftlichen Lage im Land gewährten Zuschüssen bereichert haben. Neun Tage nach der Anzeige klickten für K. am 24. April die Handschellen. Zehn Wochen U-Haft lagen hinter dem vierfachen Vater, als der Prozess gegen ihn begann. Nur beim ersten Mal sei er davon ausgegangen, dass er tatsächlich Anspruch auf die beantragte Hilfe habe, gab K. zu. Er habe dann weitere Anträge gestellt, „weil es in ganz Berlin gemacht wurde“. Angst, dass er auffliegen könnte? „Eigentlich nicht“, so der Gebäudereiniger. „Ich dachte, da wird schon nichts kommen. Und wenn, dann zahle ich das Geld eben zurück.“ 

Im Gerichtssaal musste sich K. deutliche Worte gefallen lassen. „Wirklich unanständig, im höchsten Maße unsolidarisch“ habe er sich verhalten, so der Staatsanwalt, der die Taten juristisch als Computerbetrug einordnete. Er beantragte zwei Jahre Haft auf Bewährung und 3000 Euro als Auflage. 

Der Verteidiger sah die Taten seines Mandanten „nicht so kriminell“, der Betrug sei „kinderleicht“ gewesen. Er plädierte auf eine Strafe von etwa einem Jahr auf Bewährung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Kerstin Gehrke

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false