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Zur Mahnwache für die getötete Radlerin in Charlottenburg kamen viele Menschen. Zehn Minuten schwiegen die Teilnehmer.

© Cay Dobberke

Update

Mahnwache in Charlottenburg: Über 250 Menschen gedenken getöteter Radfahrerin

Zahlreiche Menschen kamen am Freitag zusammen, um der getöteten Radfahrerin in Charlottenburg zu gedenken. Anschließend ging es im Protestzug zum Roten Rathaus.

Eine stumme Trauer mit traurigen Blicken. Aber auch ein stummer Protest mit grimmigen Gedanken. Und ein weißes Fahrrad als Zeichen. Es steht für den Tod einer Radfahrerin, getötet in Charlottenburg neben einem Schild, das den Übergang von einer Spielstraße zu in eine Tempo-30-Zone verkündet.

Die Mahnwache, die am Freitagnachmittag um 17.30 Uhr am Unfallort stattfand, war auch ein symbolischer Hilfeschrei. Die Teilnehmer gedachten einerseits der 55-jährigen Frau, die am Mittwoch unter einem VW Touran gestorben ist, angefahren und eingeklemmt durch den Fehler eines 78-jährigen Autofahrers. Er hatte in der Krummen Straße beim Abbiegen in die Schillerstraße die Radfahrerin übersehen, die gerade die Fahrbahn Richtung Kantstraße überquerte. 50 bis 70 Menschen wurden im Vorfeld der Wache erwartet – laut Polizei vor Ort kamen über 250 Personen zum Gedenktreffen für die 55-Jährige.

Andererseits wollten die Menschen mit dieser Mahnwache auch aufrütteln. Die Autofahrer, die in dieser verkehrsberuhigten Zone, in der Schrittgeschwindigkeit vorgeschrieben ist, aufs Gaspedal drücken, mit wenig Rücksicht auf Fußgänger und Radfahrer. Die Politik, die für noch mehr Verkehrssicherheit und Schutzzone für Radfahrer sorgen soll. Noch kurz vor der Sperrung der Straße, die für die Mahnwache erhoben wurde, rasten vier Frauen mit einem PKW durch die Spielstraße. Die Polizei hielt den Wagen an und ermahnte die Fahrerin.

„Unser Ziel ist es, dass es überhaupt keine Verkehrstoten mehr gibt“, sagte Carolina Mazza, die Öffentlichkeitsbeauftragte des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) im Voraus der Veranstaltung. Der ADFC organisierte zusammen mit dem Verein „Changing Cities“ diese Mahnwache.

Zunächst verharrten die Teilnehmer am Unfallort in einer Schweigeminute, die man so eigentlich nicht mehr bezeichnen kann, blieben die Menschen rund um den Trauerort doch für fast 10 Minuten still. Plakate wie „Stop killing cyclists" und „Rasen = Mord" wurden mitgebracht. Das Rasen – in der Rede eines Vertreters von Changing Cities wurde es nicht erwähnt. Denn ob der 78-jährige Autofahrer, der die Frau tödlich verletzte, zu schnell in der Straße unterwegs war, ist bislang ungeklärt. Doch der Nachruf auf die getötete Frau war auch ein Nachruf auf alle Radfahrer, die in Berlin im Verkehr ums Leben gekommen sind. Im vergangenen Jahr sind in Berlin elf Radfahrer getötet worden. Im Februar 2019 starb eine 37-jährige Radfahrerin in Kreuzberg.

Protestzug zum Roten Rathaus

Dann das nächste Zeichen, so eindrücklich wie die Mahnwache, so auffallend, dass viele Beobachter den Anlass mitbekommen. Die Trauergemeinde bewegte sich mit den Fahrrädern als Protestzug zum Roten Rathaus, ein langer Weg, aber er führt vorbei an vielen Passanten, die auf diese Weise die Ziele, die Sorgen, die Appelle der Radfahrer zumindest in Ansätzen mitbekommen. Die Sperrung der verkehrsberuhigten Straße wurde gegen 18:30 Uhr aufgehoben, Autos können sie nun wieder passieren.

Im Gedenken. Charlottenburger Anwohnerinnen am Unfallort.
Im Gedenken. Charlottenburger Anwohnerinnen am Unfallort.

© Cay Dobberke

Am Roten Rathaus erhob ein Vertreter der ADFC die Stimme. Der nächste Appell an Politik und Autofahrer. Es sind immer wiederkehrende Sätze, die fallen.

Sie wiederholen sich, weil sich im Verhalten vieler Autofahrer nichts ändert. „Wir wollen, dass sich die Autofahrer, gerade in Spielstraßen oder in verkehrsberuhigten Zonen vorsichtig bewegen, dass sie aber auch woanders angepasst fahren“, sagt Carolina Mazza. Und sie wollen, dass die Polizei häufiger kontrolliert.

Es gibt positive Entwicklungen

Die häufigen Wiederholungen bedeuten nicht, dass hier Sinnloses produziert wird. „Wir haben schon ein paar positive Entwicklungen durch die Mahnwachen erreicht“, sagt die ADFC-Sprecherin. Es gibt mehr Fahrradstreifen auf den Straßen zum Beispiel. Aber das reicht nicht. Extra-Streifen retten keinen Radfahrer, wenn ein Autofahrer zu schnell und zu unvorsichtig fährt.

Aber immerhin, ein paar positive Entwicklungen sind zu sehen. Von „Erfolgserlebnissen“ freilich will Carolina Mazza nicht sprechen. Das Wort „Erfolgserlebnis“ wird sie erst dann verwenden, „wenn es überhaupt keinen Todesfall im Verkehr mehr gibt“.

Zumindest bei ihrem Protestzug auf den Fahrrädern zum Roten Rathaus konnten sie sich absolut sicher fühlen. Die Polizei begleitete die Demo.

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