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Märkisches Museum

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Märkisches Museum: Trutzburg am Köllnischen Park feiert Geburtstag

Ein Speicher unterschiedlichster Exponate: Das Märkische Museum in Mitte wird hundert Jahre alt und zeigt in der Jubiläumsausstellung "Gefühlte Geschichte" seine Schätze.

Ein wundersamer Bau mitten in Berlin, es könnte die Kirche eines märkischen Städtchens sein, ein Gerichtsgebäude, eine freundliche markgräfliche Trutzburg, der kommunale Getreidespeicher oder auch das Rathaus einer wohlhabenden Stadt. Eine Backsteinorgie. Uralte, bucklige Feldsteine im Sockel unterm Turm. Und dann noch verschiedene Giebel. Gotik und Renaissance, der reine stilistische Mischmasch, so gewollt wie gekonnt. Das Märkische Museum, das nun sein hundertstes Bestehen feiert, vereint allerlei in einem: Der Turm erinnert an die Bischofsburg zu Wittstock, der Giebel ist eine Kopie von St. Katharinen in Brandenburg, und auch der Roland kommt aus der Stadt, die dem hiesigen Umland den Namen gab: Seit 1474 hält der steinerne Mann aus Brandenburg sein Schwert hoch und richtet die Augen schamhaft zu Boden.

Rund um das Märkische Museum: eine stille Idylle. Die Spree, ein freundlicher Park, Bänke, die leider dem Museum den Rücken kehren. Wer sich hier hinsetzt, will die lebenden Wahrzeichen und Wappentiere der Hauptstadt spielen und futtern sehen, Maxi und Schnute, die Symbole der „Bärenstadt“, wie Philipp Melanchthon schon 1549 Berlin benannt hatte. Dort vorn kommt die Plastik von Vater Zille ins Bild, und rechts von der Eingangstreppe zum Museum stehen sieben Mauerteile. Aus einem Lautsprecher im Freien kann man per Knopfdruck nicht nur Herrn Schabowskis Erinnerungen an den 9. November 1989 vernehmen, sondern auch das wilde Hacken und Picken der Mauerspechte. Die Tonleute vom VEB Deutsche Schallplatten, die direkt hinter der Mauer am Reichstag arbeiteten, haben nach dem Mauerfall nur mal ihre Mikrofone aus dem Fenster gehalten und so das akustische Zeugnis für Wut und Freude jüngster Geschichte bewahrt und ohne Kommentar hörbar gemacht.

Als erster Gast kam vor hundert Jahren Seine Majestät. Neun Jahre zuvor war Stadtbaurat Ludwig Hoffmann mit dem Neubau betraut worden. „Der Kaiser im Märkischen Museum“ titelte das Berliner Tageblatt in seiner Abendausgabe vom 3. Juni 1908 und beschrieb, wie sich das Kaiserpaar zwei Stunden lang das neue Museum zeigen ließ. „Die Führung ging zunächst in die kunst- und kulturhistorischen Sammlungen, die in allen Einzelheiten lange und genau besichtigt wurden. Vor allem erregten hier die Kirche mit ihren Altären und Figuren, die Innenräume wie der Rokokoraum, der Innungssaal und das Spreewaldzimmer das Interesse der Besucher.“

Heute, hundert Jahre später, spricht Kurt Winkler, der Kurator der ersten Jubiläumsausstellung „Gefühlte Geschichte“, von einem „Stimmungs- und Erlebnismuseum“. „Hoffmanns Inszenierungskonzept, das den historischen Exponaten eine ihrem Charakter entsprechende Stimmung verleihen sollte, gipfelte in Raumschöpfungen wie der Großen Halle, der Gotischen Kapelle, der Waffenhalle, dem Innungsraum oder dem Spreewaldzimmer, die zu den bedeutendsten Ensembles der deutschen Museumsgeschichte an der Wende zum 20. Jahrhundert gezählt werden dürfen.“

Keine Feldsteine, sondern Marksteine unserer brandenburgischen Historie waren und sind es, die diesem Museum das Gepräge geben.

Zugegeben, manch eine Ausstellung der Vergangenheit wirkte in den nach heutigen Maßstäben vielleicht ganz unmusealen, weil kleinteilig und zergliederten Räumen wie eine Rumpelkammer der Geschichte. Aber was soll man mit gut über vier Millionen handfesten Zeitzeugen vom Ölbild bis zum Pfandbrief, vom Richtschwert bis zur Hirschmaske anfangen? Wohin mit den Jahrhundert-Zeugen? Im Depot liegt schon genug. Also zeigen. Aber was? Wie viel kann oder muss man weglassen? Die Qual der Wahl haben die Ausstellungsmacher.

Pressesprecherin Anja Schulze ist nicht verlegen, wenn sie nach spektakulären Stücken der Sammlung gefragt wird. Unter den Schätzen sind Gemälde von Max Liebermann und Zeichnungen von Heinrich Zille, das Denkmal Theodor Fontanes und der letzte originale Pferdekopf von Schadow, der einst zur Quadriga gehörte. Sehr beliebt sind das Kaiserpanorama und die Musikautomatensammlung. Weniger bekannt dürfte sein, dass das Stadtmuseum auch das Skelett eines prähistorischen Elchs besitzt und die Dermoplastik vom Flusspferd Knautschke. Die Sammlungen werden zu einem Großteil im Zentraldepot in Spandau aufbewahrt, restauriert und gepflegt – das ist die große Schatzkammer des Märkischen Museums.

Die erste Jubiläumsschau hat sich dort bedient: „Gefühlte Geschichte“ bietet nach der feierlichen Eröffnung am Donnerstagabend ab Freitag einen virtuellen Rundgang durchs Museumsensemble von 1908, historische Innenaufnahmen von damals und Originalstücke aus der Ersteinrichtung vermitteln ein Bild vom Stimmungsmuseum anno 1908. Am 25. April folgt als zweite Ausstellung „Mark und Metropole“, die die Beziehungen zwischen Brandenburg und Berlin zum Thema macht, und am 24. Juni beginnt die große Jubiläumsschau „Berlin im Licht“ mit einem Streifzug durch die hauptstädtische Kulturgeschichte der letzten hundert Jahre.

„Gefühlte Geschichte – 100 Jahre Märkisches Museum“, Am Köllnischen Park 5, Mitte. Öffnungszeiten: Di und Do bis So 10-18, Mi 12 bis 20 Uhr. 4 Euro, erm. 2 Euro

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