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Will an Berlins CDU-Spitze: Kai Wegner

© imago/IPON

Machtkampf in Berlins CDU: Wie Kai aus der Kiste

Aufstand der Gartenzwerge: Kai Wegner fordert Berlins CDU-Chefin Monika Grütters heraus. Das hilft niemandem, noch nicht mal Wegner selbst. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Lorenz Maroldt

Der Berliner Straßenjunge Kai, in der Stadt auch als „Große Klapperschlange“ bekannt, schafft es im berühmten Kinderroman von Wolf Durian mit einem Überraschungscoup und den fiesen Tricks seiner Gang bis zum Titel „Reklamekönig“. Das wird dem Berliner Lokalpolitiker Kai Wegner, trotz ähnlicher Anlagen und wirksamer Netzwerke, wohl verwehrt bleiben.

Eine schlechtere Reklame für das eigene Produkt, in diesem Fall die Berliner CDU, lässt sich kaum vorstellen: Aus Übermut und Überdruss, und weil ihm die Gelegenheit gerade günstig erscheint, zieht Wegner die eigene Landesvorsitzende und bis eben noch mögliche Spitzenkandidatin, die überparteilich angesehene Kulturstaatsministerin Monika Grütters, tief zurück in den fauligen Sumpf der eigenen Partei, dorthin, wo die Klapperschlangen hausen.

Natürlich gibt es gute Gründe für die latente Unzufriedenheit mit Grütters. Sie ist zu wenig präsent in der politischen Tiefebene der Stadt, selbst ein Termin mit der eigenen Fraktion im Abgeordnetenhaus kommt erst nach Monaten zustande. Ihre Ideen für Berlin wirken wie zufällig gezündete Ladykracher in der Silvesternacht.

Der Fraktionsvorsitzende ihrer Wahl, Burkard Dregger, kommt als freundlicher Hardliner nur bei einer Minderheit an. In den Umfragen segelt der Landesverband im kleinen Kreis um die eigene Tonne herum. Und seit in der CDU mit dem Ende der Ära Merkel ein gesellschaftspolitisches Rollback läuft, kann sich Grütters als weltoffene Konservative des Aufstands der Gartenzwerge aus der parteieigenen Kleingartenkolonie „Union Berlin“ kaum mehr erwehren.

Kalt erwischt: Die Kandidatur von Kai Wegner hat Monika Grütters offenbar überrascht.
Kalt erwischt: Die Kandidatur von Kai Wegner hat Monika Grütters offenbar überrascht.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Trotzdem ist Grütters die beste Option für die Spitzenkandidatur

Und doch ist Grütters, gut zwei Jahre vor der nächsten Abgeordnetenhauswahl, die beste, wenn nicht die einzige Option für die Spitzenkandidatur. Wegners Plan, sie als Vorsitzende abzulösen, dient nicht der Partei, die in den Europawahlkampf als Trümmertruppe zieht und danach in ein schwarzes Loch fällt. Er dient auch nicht der Stadt, die eine Opposition verdient hat und keine weitere Selbstbeschäftigungsgruppe braucht.

Wegner befriedigt nur sein eigenes Interesse und das einiger Freunde, sei es zur Machterhaltung, aus Schadenfreude oder aus Rache. Eine substanziell andere Politik verbindet sich damit nicht. Und Spitzenkandidat will er auch nicht werden. Setzt Wegner sich durch, was derzeit wahrscheinlich wirkt, wäre Grütters als Galionsfigur abgesägt, in einen Wahlkampf zöge sie als Marionette der Strippenzieher.

Könnte Wolf Durian daraus einen Roman machen, wäre das vielleicht lustig. Für eine Partei mit Regierungsanspruch ist das nur eins: lächerlich.

Lesen Sie mehr zur CDU-Debatte im Tagesspiegel

- Wer ist noch mal dieser Kai Wegner? Ein Portrait von Tagesspiegel-Politik-Kenner Ulrich Zawatka-Gerlach. Den Text finden Sie hier.

- Kandidatur Wegners trifft in CDU auf Zustimmung. Seit 2005 ist Kai Wegner Vorsitzender der CDU-Spandau, nun greift er nach dem Landesvorsitz, den Monika Grütters innehat. Insider sind wenig überrascht.

- Tagesspiegel-Podcast: Die CDU Berlin - ein Krimi! Die Kandidatur von Kai Wegner für den CDU-Landesvorsitz ist eine Kampfansage an Monika Grütters. Doch der Konflikt reicht weit zurück. Hier geht es zum Tagesspiegel-Podcast "Fünf Minuten".

- Herthaner seit 1981, Präsident der DLRG - und seit wie vielen Jahren CDU-Chef in Spandau? Steht hier im neuen Spandau-Newsletter des Tagesspiegel.

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