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Fahrradbügel am Heinrichplatz an der Oranienstraße in Berlin Kreuzberg.

© Doris Spiekermann-Klaas

Lücke im Berliner Verkehrskonzept: Wieso die Stadt mehr Fahrradparkplätze braucht

Suchen, Kriechen, Zerren, Verheddern: Wer in Berlin sein Rad sicher anketten will, braucht Ausdauer und Nerven. Das ist diskriminierend. Ein Kommentar.

Als ich mich kürzlich auf den Weg zu einer Kinoverabredung machte, dachte ich beim Losfahren: Wo wirst du bloß parken? Ich war darüber sehr verdrossen. Denn ich wollte nicht mit dem Auto los, sondern mit dem Fahrrad.

Es gibt in Berlin zu wenig Möglichkeiten, ein Rad an etwas Einbetoniertes anzuketten. Das ist aber Pflicht, wenn man es behalten will.

Fahrradparkplätze sind ein Punkt, der in den ganzen Debatten um Verkehr in der Stadt und das Fahrrad im Besonderen völlig unterbelichtet ist. Es geht fast immer nur um Radwege, Ampelschaltungen, Helme, Einhaltung von Verkehrsregeln und Mindestabstände. Dabei sind Parkmöglichkeiten essenziell. Denn dass Radler bis direkt vor die Tür fahren können, ist doch ihr eigentlicher und wahrer Hauptgewinn.

[Die Tagesspiegel-Sonderseiten zum Thema Radfahren und Verkehr gibt es hier: www.tagesspiegel.de/themen/fahrrad-verkehr]

Wenn man aber irgendwo hingeradelt ist, womöglich nassgeregnet und angehupt wurde, um Outfit und Leben bangen musste, und dann findet man keine geeignete Abstellmöglichkeit, fragt man sich schon: Darf das wahr sein?

Im Notfall hilft nur der Postbriefkasten

Die Verkehrsschilderstangen und Laternenpfähle (immer erste Wahl) sind mit anderer Leute Rädern belegt, wie auch die Dreiecksbügel links und rechts der Straßenbäume. Wobei bei denen das Risiko groß ist, dass man in Hundehaufen oder sonstigen Dreck latscht, wenn man das Rad zwischen Baum und Metall parken muss, weil außen schon belegt ist.

Als Notfalloption muss dann – soweit noch vorhanden – der Postbriefkasten ran. Das geht aber nur, wenn man in Sport mindestens eine 2 hatte. Erst recht, wenn ein Kindersitz das Volumen des Rads verdoppelt, oder das Vorderrad mittels Schnellspanner an der Gabel montiert ist. Dann kriecht man nämlich eine Viertelstunde ruckelnd und zerrend um den Kasten herum, bis Rad und Rahmen und Postkastenstange ineinandergefädelt sind.

Zwar gibt es einige Läden, Cafés oder Restaurants, die Fahrradständer aufstellen, aber das sind meist die unpraktischen sogenannten Reihenparker. An denen kann man ausschließlich das Vorderrad anketten – und das, wenn die Dinger gut genutzt sind, im Grunde auch nur in Bauchlage. Außerdem verheddern sich bei Reihenparkern die Bremskabel der Lenkräder ineinander.

Am sinnvollsten wäre wohl erstmal eine berlinweite Beseitigung der ganzen Schrotträder, die seit Unzeiten vor sich hingammeln und die Plätze blockieren.

schreibt NutzerIn tempus_fugit

Bitte mehr Anlehnbügel!

Auch manche Kaufhäuser mühen sich in letzter Zeit, radelnden Kunden eine Parkgelegenheit zu bieten. Als ich kürzlich bei Karstadt am Hermannplatz mein Rad gewohnheitsmäßig eingangsnah am Rand der Autoparkplätze an eine Hinweisschildstange anschloss, wurde ich angeschnauzt, dass es genügend „richtige“ Radparkplätze gebe. Ach, wo denn?, fragte ich und dann folgte mein Blick einem Arm, der ans Ende des Autoparkplatzes zu einem Holzbau zeigte. Wer sein Rad dort abstellt, hat es bis zum Kaufhauseingang viel weiter als die Autoabsteller.

In einigen Bezirken werden derzeit vermehrt die sogenannten Anlehnbügel aufgestellt. Anlehnbügel sind sehr gut. Sie können von zwei Seiten angesteuert werden, man kann sein Vorderrad einigermaßen verrenkungsarm mitanschließen, Kindersitze stören auch nicht, und sie fallen, schlank und grau, wie sie sind, im Stadtbild kaum auf.

Höchstens da, wo sie keinen Sinn machen, wo man sie offensichtlich errichtet hat, weil da eben Platz war. An öden Ausfallstraßen etwa. Merke: Wo kein Aufenthaltsgrund, da kein Fahrradparkbedarf.

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