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Franziska Giffey (SPD), die Regierende Bürgermeisterin von Berlin, besuchte am Dienstag die Covid-Intensivstation des Universitätsklinikums.

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Update

„Lockdown ist der letzte Schritt“: Ungewissheit über weiteres Vorgehen – doch Giffey hält an Präsenzpflicht an Berliner Schulen fest

Nach dem Besuch einer Covid-Intensivstation ist Berlins Regierende Bürgermeisterin beeindruckt. Sie warnt dennoch vor harten Maßnahmen und wirbt für „Balance“.

Angesichts fehlender Zahlen und einer auch auf Berlin zurollenden Welle von Corona-Infektionen mit der Omikron-Variante sind sich Politik und Gesundheitsversorgung im Unklaren über das weitere Vorgehen. Nach einem Besuch der Covid-Intensivstation der Charité gestanden am Dienstag sowohl Klinik-Chef Heyo Kroemer als auch die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) ein, nicht genau zu wissen, was da auf Berlin zukommt.

Von einer „ziemlich schwierigen Übergangssituation“ sprach Kroemer und antwortete auf die Frage nach seiner Prognose für die nahe Zukunft: „Wir wissen es nicht genau.“ Es gebe eine „große Unsicherheit mit Blick auf die kommenden Tage und Wochen“. Die Belastung des Gesundheitssystems lasse sich auf Grundlage der aktuell verfügbaren Daten schwer abschätzen.

Kroemer kritisierte in dem Zusammenhang, dass die Gesundheitsämter der Bezirke auch knapp zwei Jahre nach Ausbruch der Pandemie nur lückenhaft Daten beispielsweise über den Anteil der Omikron-Variante an allen Neuinfektionen zur Verfügung stellten. „Die fehlenden Zahlen sind ein Problem“, sagte Kroemer und ergänzte, tagesaktuelle und digital einlaufende Werte sollten eigentlich eine „Selbstverständlichkeit“ sein.

Statistiken des Robert-Koch-Instituts (RKI) wiederum würden darauf hindeuten, dass der Anteil der Omikron-Fälle auch in Berlin steigt. Deutschlandweit konnten am Dienstag laut RKI mindestens 10 443 Covid-19-Fälle der hoch-ansteckenden Variante des Coronavirus zugeordnet werden. Das entspreche einem Zuwachs von 45 Prozent oder 3218 Fällen gegenüber dem Vortag, teilte das RKI mit. In Berlin hatte sich der Anteil der registrierten Omikron-Fälle zuletzt im Wochenvergleich nahezu verdoppelt.

Lockdown ist nicht ausgeschlossen

Giffey erklärte im Anschluss an den Besuch der Intensivstation, die Politik müsse gegebenenfalls „sehr sehr kurzfristig“ auf den erwarteten Anstieg der Infektionszahlen reagieren. Sie schloss einen erneuten Lockdown zwar nicht aus, hält den passenden Zeitpunkt dafür aber derzeit noch nicht gekommen.

„Ich bleibe bei der Haltung, dass wir noch nicht an dem Punkt für einen Lockdown sind“, erklärte Giffey im Anschluss an das Treffen mit Ärzt:innen und Pfleger:innen der Station. Sie schränkte aber ein, dass sich die Situation jederzeit ändern könne. „Wir werden uns sehr genau anschauen, was darüber hinaus notwendig ist.

Es geht immer um die Balance zwischen Aufrechterhaltung des öffentlichen Lebens und dem Schutz der Bevölkerung sowie der Funktionsfähigkeit von kritischer Infrastruktur“, sagte Giffey. Ein Lockdown müsse „der letzte Schritt“ sein. Ehe dieser getätigt werde, könnten andere Maßnahmen in Kraft gesetzt, sagte Giffey, nannte aber keine Beispiele.

Treffen des Krisenstabs am Mittwoch

Darüber hinaus kündigte sie an, dass sich am Mittwoch der Krisenstab treffen und darüber verständigen werde, wie der Betrieb der kritischen Infrastruktur im Fall eines starken Anstiegs der Infektionszahlen aufrecht erhalten werden kann. Modellierungen zur Ausbreitung der Omikron-Variante hatten Szenarien entworfen, in denen Institutionen wie Polizei, Feuerwehr und Energieversorger auf bis zu 30 Prozent des eigenen Personals verzichten müssen, weil die Mitarbeiter:innen infiziert ausfallen.

An dem Treffen wird auch Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) teilnehmen. Ebenfalls am Mittwoch besuchen beide das Impfzentrum am ICC. Giffey appellierte: „Lassen Sie sich impfen!“

Ungeachtet der teils heftigen Kritik am Vorgehen der Bildungsverwaltung hält Giffey an der Präsenzpflicht an den Schulen nach dem Ende der Weihnachtsferien fest. „Es ist elementar wichtig, dass wir den Schulbetrieb aufrecht erhalten, solange es irgend geht“, sagte Giffey. Schulschließungen und die Rückkehr zum Distanzunterricht hätten teilweise gravierende Auswirkungen auf Schüler:innen und deren Familien, diese gelte es zu vermeiden.

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Klar scheint, dass die seit Dienstag in Berlin geltenden Corona-Regeln wie Kontaktbeschränkungen für Geimpfte wie Ungeimpfte bei privaten Treffen vor dem 4. Januar nicht weiter verschärft werden. Zwar hieß es aus der Senatsverwaltung für Gesundheit, die Obergrenzen für Großveranstaltungen fielen in Berlin im Vergleich zum Bund nur deshalb höher aus, weil SPD und Linke das so gewollt hätten.

Entscheidungen wie diese fielen am Ende aber immer im Kompromiss, das sei „ein ganz normaler Vorgang“. Allen Beteiligten sei klar, dass die Maßnahmen bereits in der ersten Januarwoche wieder auf den Prüfstand gehörten, hieß es weiter. Bis dahin dürfte der Anteil der Omikron-Fälle deutlich gestiegen sein.

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