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Weihnachten fällt 2020 eine Nummer kleiner aus - hier eine Bude in der Friedrichstraße.

© imago images/Future Image

Lockdown an Weihnachten und Silvester: Vier Fragen und Antworten zur neuen Berliner Corona-Verordnung

Mit wem darf ich mich treffen? Was gilt Weihnachten und Silvester? Und wo weicht Berlin von den bundesweiten Regeln ab? Ein Blick in die neue Verordnung.

Wie ganz Deutschland geht auch Berlin ganz schnell in den Lockdown: Am Sonntagvormittag verständigten sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder auf eine weitgehende Einschränkung des öffentlichen Lebens, die binnen drei Tagen in Kraft treten soll: nämlich ab diesem Mittwoch.

Für die Landesregierungen und ihre Verwaltungen bedeutete das Detailarbeit im Expresstempo: Am Sonntagnachmittag verständigte sich der Berliner Senat in einer Sondersitzung auf die Übernahme der Vereinbarungen mit wenigen Sonderregelungen. Am Montagabend bereits beschloss er die dazugehörige Verordnung, die aus der politischen Übereinkunft geltendes Recht macht.

Zu später Stunde veröffentlichte die Senatskanzlei eine Pressemitteilung mit Link zur neuen Verordnung, während Senatssprecherin Melanie Reinsch einen Link zum dazugehörigen PDF-Dokument twitterte. Bei dem Tempo blieb Kritik nicht aus: Pankows Bürgermeister Sören Benn (Linke) monierte am Dienstagmorgen, dass die Bezirke die Verordnung noch nicht direkt erhalten haben. "Oder ist das das neue Normal, dass wir Twitter scannen müssen?"

Ein Blick in das 41 Seiten lange Dokument zeigt: Berlin schreibt in vielen Bereichen die geltenden Regeln bis zum 10. Januar fort und setzt zudem die Bund-Länder-Vereinbarungen weitestgehend um. Einige Details waren nach den Beschlüssen vom Sonntag so jedoch nicht zu erwarten - und einzelne Punkte sind noch auslegungsbedürftig. Auch wir können an diesem Dienstag noch nicht alles erklären, versuchen aber, die Fragen nach und nach zu recherchieren.

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1. Gilt in Berlin jetzt eine Ausgangssperre?

Diese Behauptung stellten Twitter-Nutzer gleich unter dem Tweet der Senatssprecherin auf. Doch sie stimmt nicht. Eine Formulierung in Paragraf 2, Absatz 1 scheint das zunächst nahezulegen. Dort steht: "Das Verlassen der eigenen Wohnung oder gewöhnlichen Unterkunft ist nur aus triftigen Gründen zulässig." In Absatz 3 folgen dann allerdings 14 Punkte, die als "triftige Gründe" gelten: Dazu zählen etwa das Einkaufen (wobei der Einzelhandel bis auf die Daseinsvorsorge bekanntlich geschlossen wird), der Weg zur Arbeit oder jegliche berufliche und ehrenamtliche Tätigkeiten, Arztbesuche, die Einkehr in Gotteshäusern oder auch Besuche bei Lebenspartnerinnen und Lebenspartnern und den gemeinsamen Kindern.

Punkt 12 erlaubt "die Teilnahme an und die Durchführung von nach dieser Verordnung zulässigen Veranstaltungen, Versammlungen, Besuchen oder privaten Zusammenkünften", womit für den Alltag vor allem die Obergrenzen für private Treffen in den Blick kommen. Punkt 14 gestattet auch weiterhin Sport im Freien. Nach Paragraf 18 muss er kontaktfrei und mit Abstand, in der Regel allein oder zu zweit oder mit den Angehörigen des eigenen Haushalts sowie getrennt lebenden eigenen Kindern erfolgen. Bei Kindern bis zwölf Jahren sowie im Reha-Sport sind auch feste Gruppen mit bis zu zehn Leuten plus Betreuerin oder Betreuer gestattet.

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Insbesondere gilt aber die Aufforderung an die gesamte Bevölkerung, "die physisch sozialen Kontakte zu anderen Menschen, die nicht zum eigenen Haushalt gehören, auf das absolut nötige Minimum zu reduzieren und auf Reisen zu verzichten". Besonders beachten sollten das Menschen mit Covid-19-Symptomen. An Unternehmen ergeht der explizite Appell, "unbürokratisch Home-Office für ihre Beschäftigten zu ermöglichen".

Wie bisher auch schon, gilt von 23 bis 6 Uhr ein Alkoholverkaufsverbot. Neu ist allerdings, dass ganztägig der Verkauf von offenen alkoholischen Getränken "zum unmittelbaren Verzehr" sowie generell der Alkoholkonsum im öffentlichen Raum im Freien verboten sind. Das ist eine Reaktion auf die "Glühwein-Pulks", die sich zuletzt vielerorts vor Lokalen gebildet hatten - und sogar von der Kanzlerin beklagt worden waren.

2. Welche Regeln gibt es für private Treffen?

Generell gilt für private Treffen eine Obergrenze von fünf Personen ab zwölf Jahren. Eigene Kinder unter zwölf Jahren werden nicht mitgezählt, die Gruppe darf mit ihnen also größer sein. Folgende Konstellationen sind erlaubt:

  • allein oder mit Personen des eigenen Haushalts,
  • maximal ein weiterer Haushalt (also insgesamt zwei Haushalte).

Diese Regeln gelten sowohl für Treffen im öffentlichen Raum (Paragraf 2, Absatz 4), als auch für Treffen in der eigenen Wohnung oder anderen privaten Räumen (etwas versteckt in Paragraf 9, Absatz 7).

Auffällig ist die Altersgrenze bei Kindern: Während die Bund-Länder-Vereinbarung vom Sonntag vorsah, Kinder unter 14 Jahren nicht in die Berechnung der Obergrenze einzubeziehen, legt Berlin mit zwölf Jahren einen strengeren Maßstab an.

3. Welche Regeln gelten für Weihnachten?

Für Heiligabend, den ersten und den zweiten Weihnachtsfeiertag gelten auch in Berlin etwas weniger scharfe Kontaktbeschränkungen für Treffen im Freien und zu Hause. Nach dem Wortlaut der Verordnung sind vom 24. bis 26. Dezember zwei Varianten vorgesehen.

Variante 1:

  • maximal fünf Personen ab 14 Jahren gleichzeitig,
  • dazu deren Kinder unter 14 Jahren in beliebiger Zahl,
  • maximal aber fünf Haushalte (den eigenen mitgezählt).

Variante 2:

  • der eigene Haushalt,
  • bis zu vier nicht dem eigenen Haushalt angehörende Verwandte in gerader Linie, Geschwister und deren Haushaltsangehörige,
  • dazu deren Kinder unter 14 Jahren in beliebiger Zahl.

Erkennbar ist: Bei der zweiten Variante wird es schnell kompliziert. Sie ergibt sich aus dem Wunsch, dass eine Familie sich nicht zwischen zwei Omas entscheiden muss. Weil der Senat sich aber nicht auf rein zahlenmäßige Vorgaben beschränkt, sondern auch noch Verwandtschaftsverhältnisse einbezieht, wird die Regelung unübersichtlich und stark auslegungsbedürftig, was die Orientierung erschwert.

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Verwandte in gerader Linie sind Großeltern, Eltern und Kinder, nicht aber Onkel und Tanten oder Neffen und Nichten. Sofern man unterstellt, dass Geschwister aus der Sicht des gastgebenden Haushalts gewertet werden (der Wortlaut der Verordnung ist hier nicht eindeutig), könnte es schon einen Unterschied machen, in wessen Wohnung sich eine Familie trifft: Wenn Oma und Opa einladen, dürfen auch der Bruder des Opas und dessen Frau dabei sein, denn dann fallen sie unter Geschwister und deren Haushaltsangehörige; wenn eine Familie Oma und Opa zu sich holt, dürfen Onkel und Tante schon nicht mehr kommen.

Es ist möglich, dass die Regel kulanter gehandhabt wird, als es in der Verordnung steht, das müsste der Senat dann noch erklären. Eine verlässliche Angabe allein auf Basis des Verordnungstextes können wir an dieser Stelle noch nicht machen.

4. Welche Regeln gelten für Silvester und Neujahr?

Zum Jahreswechsel gelten anders als Weihnachten die strengeren Kontaktbeschränkungen. Darüber hinaus hat der Senat einige Sonderregelungen eingeführt, wie sie auch bundesweit verabredet worden sind:

  • Es gibt ein Verkaufsverbot für Feuerwerk.
  • Das Alkoholverkaufsverbot gilt von 14 Uhr an Silvester bis 6 Uhr am Neujahrsmorgen.
  • Innensenator Andreas Geisel (SPD) wird ermächtigt, für Silvester und Neujahr Orte, Straßen, Plätze auszuweisen, an denen a) der Aufenthalt und b) das Böllern verboten ist.
  • In ganz Berlin gilt ein Demonstrationsverbot an Silvester und Neujahr.

Bislang war bekannt, dass der Innensenator mit dem nördlichen Alexanderplatz und einem Teil der Schöneberger Pallasstraße zwei Böllerverbotszonen ausweisen will. Ob er dort auch zugleich den Aufenthalt untersagt, ist noch unklar. Das Demonstrationsverbot für Berlin trifft auch den von der "Querdenken"-Bewegung geplanten Protest am Brandenburger Tor am letzten Tag des Jahres.

Über die hier genannten Regeln für den Aufenthalt im Freien, private Treffen generell und an Weihnachten sowie die Feier des Jahreswechsels hinaus enthält die neue Corona-Verordnung die schon bekannt gewordenen Beschränkungen: eine weitgehende Schließung von Geschäften, eine Aussetzung des Präsenzunterrichts an Schulen sowie des Regelbetriebs in Kindergärten.

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