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Der Bundesrat stimmt am Mittwoch über die Novelle ab.

© Fabrizio Bensch/dpa

„Lobby scheint sich durchgesetzt zu haben“: Höhere Hürden für Geldwäsche-Ermittlungen in Berlin durch Bundesgesetz

Eine Novelle könnte den Kampf des Senats gegen illegale Geschäfte einschränken. Der Bundesrat kann das noch stoppen.

Anfang 2020 hat der Senat eine „Task Force“ zur Bekämpfung von Geldwäsche eingerichtet. Mit Erfolg. 80 Fälle mutmaßlicher Einschleusung von Geld aus illegalen Geschäften – etwa mit Drogen, Schutzgelderpressung oder Raub – in den normalen Wirtschaftskreislauf haben die Ermittler den Spezialeinheiten des Zolls gemeldet. Das geschieht beispielsweise durch Gründung von Firmen.

Nun könnte die gerade gegründeten Einheit aber schon wieder aufgelöst werden – sehr wahrscheinlich droht eine weitreichende Beschneidung der Befugnisse. Dies befürchten die Ermittler selbst, die Senatsverwaltung für Justiz sowie die Finanzexpertin der Grünen im Bundestag Lisa Paus.

Der Grund: Eine Gesetzesnovelle des Bundes würde eine Meldung auf Fälle von Geldwäsche beschränken, bei denen die kriminellen Hintergründe offensichtlich seien - ein einfacher Verdacht würde nicht reichen.

Das neue „Transparenz- und Informationsgesetz“ der Regierungskoalition im Bund würge die Arbeit des rot-rot-grünen-Senats gegen Geldwäsche im Immobiliensektor ab, sagte Paus. „Die Notar- und Immobilienlobby scheint sich hier mal wieder durchgesetzt zu haben.“

Der Bundestag hat die Novelle verabschiedet. Nur der Bundesrat könnte die folgenreiche Regulierung noch verhindern - am Mittwoch wird darüber abgestimmt.

Gesetz würde Meldungen erschweren

Der Hintergrund: In das Gesetz soll eine Passage eingeschleust worden sein, das ein teilweises „Verbot der Meldung“ mutmaßlicher Geldwäsche bewirkt, die die Experten des Landes Berlin bisher an die Geldwäsche-Einheit des Bundes beim Zoll leisten, an die so genannten „Financial Intelligence Unit“ (FIU). Dies bestätigten Experten aus der Task Force zur Geldwäsche-Bekämpfung im Gespräch mit dem Tagesspiegel.

Die Ergänzung des Paragrafen 44 des Geldwäsche-Gesetzes führe zu einer „wesentlichen Erschwernis unserer Arbeit“. Falls die Novelle so komme, dürften die Experten zahlreiche Fälle mutmaßlicher Geldwäsche gar nicht mehr melden.

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Vor allem nicht jene, bei denen zur Verschleierung von Einkünften aus kriminellen Quellen, großer Summen bar gezahlt werden, etwa zur Gründung von Firmen, zur Eintragung von Grundschulden bei Immobilien oder beim Gewähren von Darlehen.

EU fordert konsequente Bekämpfung

Legale Geschäftsfelder wären durch die Gesetzesnovelle also wieder völlig frei von Kontrolle, denn Rechtsanwälte und Notare dürfen hier ebenso wenig Verdachtsfälle melden. Dass ein solche „Liberalisierung“ im Bundestag durchgekommen ist, sei umso erstaunlicher, als die Europäische Union in Richtlinien eine konsequentere Bekämpfung der Geldwäsche fordert.

Auf Druck der EU war das deutsche Gesetz zur Bekämpfung der Geldwäsche vor zwei Jahren erlassen worden, das die Möglichkeit der Einrichtung von Task Forces wie in Berlin möglich gemacht hatte. Dieser Erfolg werde durch die Novelle wieder verspielt.

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„Mit dieser Regelung wird das Ziel, die Geldwäsche in Deutschland effektiv zu bekämpfen, nicht erreicht. Im Ergebnis können die Aufsichtsbehörden bei entscheidenden Fällen einen Geldwäscheverdacht nicht mehr melden. So wird Deutschland seinen Ruf als Geldwäscheparadies auf absehbare Zeit nicht verlieren“, sagte Justizstaatssekretärin Daniela Brückner dem Tagesspiegel.

Durch die Beschneidung des „Gesetzes über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten“ dürften die Experten aus der Verwaltung nur noch dann Verdachtsfälle melden, wenn auch ein Notar dazu befugt wäre.

Die Befugnisse der Notare sind auf ganz wenige offenkundige Fälle begrenzt. Das belegen auch Zahlen: Von 77.252 Geldwäsche-Verdachtsfällen, die 2018 der Financial Intelligence Unit (FIU) in Deutschland gemeldet wurden, kamen nur acht von Notaren.

80 Fälle gemeldet

Auf diesen Missstand hatte die Berliner Justiz mit der Gründung ihrer Task-Force zur Geldwäsche bei der Notaraufsicht am Berliner Landgericht reagiert. Die Task-Force wurde im Januar 2020 eingesetzt. Mit Stand heute wurden 80 meldepflichtige Sachverhalte an die FIU übermittelt – allein aus Berlin.

Die geplanten höheren Hürden für staatlicher Stellen im Kampf gegen das Geld krimineller Banden ist erstaunlich, denn die internationale „Financial Action Task Force“ prüft die Güte der Bekämpfung der Geldwäsche hierzulande in diesem Jahr.

Das geschieht turnusmäßig. Vor gut zehn Jahren war der Bundesrepublik in deren Bericht bescheinigt worden „dass Deutschland für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung anfällig ist“.

Entsprechende „Mängel“ bei der Bekämpfung seine identifiziert worden. Das Waschen von Geld aus kriminellen Quellen soll Schätzungen zufolge ein Volumen von mehr als 50 Milliarden Euro haben.

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