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„Liebe Grüße“ – eine Lüge?: Wenn sich Abschiedsformeln abnutzen

Einmal in der Woche fragen Sie unsere Autorin, wie man mit komplizierten Situationen so umgeht, dass es keine Verstimmungen gibt. Diesmal: die Floskel „LG“.

Mich stört die Abkürzung „LG“ für „Liebe Grüße“ am Ende einer Mail oder WhatsApp-Nachricht. „Liebe Grüße“ sende ich nicht jedem und durch „LG“ werden sie zur Floskel. Da die Wörter auf WhatsApp-Tastaturen gespeichert sind, wäre es nicht einmal mehr Mühe, das auszuschreiben, wenn man es so meint. Man könnte auch „FG“ - freundliche Grüße - vermitteln. Das habe ich noch nicht erlebt. (Annette, ungekürzt)

Die Abschiedsformel „Liebe Grüße“ ist im Privatbereich das Äquivalent zu den „freundlichen Grüßen“, die man beruflichen oder geschäftlichen Korrespondenzpartnern sendet, unabhängig davon, wie sehr oder wie wenig man sie mag.

Dass Ihnen da noch keine Abkürzung begegnet ist, könnte einen einfachen Grund haben. In der geschäftlichen Korrespondenz beschränkt man sich in aller Regel auf wirklich notwendige Schreiben mit eher formellem Charakter. Da bleibt genug Zeit, die freundlichen Grüße auszuschreiben.

Private Nachrichten haben sich in den letzten Jahren inflationär vermehrt. Das liegt an den vielen neuen Möglichkeiten, die entstanden sind, darunter auch die Messenger-Dienste.

Für einen handgeschriebenen Brief musste man sich an einen Tisch setzen, nachdenken und sich Zeit nehmen. Eine Kurznachricht an die Freunde kann man auch in der Kassenschlange im Supermarkt, beim Spaziergang oder beim Kochen schreiben. Wenn nicht gerade Corona ist, geht das sogar im Kino, während eines Konzerts oder im Restaurant. Also praktisch immer.

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Klar, dass diese Möglichkeiten viel mehr Mitteilungen zur Folge haben, die nicht alle so ausgefeilt sind, wie beispielsweise der Inhalt eines handgeschriebenen Briefes. Mit all den Emojis und Kurzformen wie „lol“ hat sich eine neue Abkürzungssprache entwickelt, die zunächst nur von digitalen Insidern verstanden werden konnte.

[Wenn Sie alle aktuellen Nachrichten live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Das Wissen um die Bedeutungen hat sich in den letzten Jahren stetig in die Breite entwickelt. Auch die Generation Ü50 kann sich in der neuen digitalen Sprache größtenteils gut ausdrücken. Da bedeutet „LG“ eben nicht mehr von Herzen empfundene, richtig lieb gemeinte Grüße an den innigen Freund, sondern blitzschnell verfasste Alltagsgrüße an Freunde, Kollegen oder auch Bekannte.

Die Herausforderung liegt nun darin, im intensiven Austausch mit einem geliebten oder herzensnahen Menschen, egal ob der per Mail, Brief oder Messenger-Dienst erfolgt, neue Formulierungen zu finden, die individuell und persönlich sind. Damit kann man die zu Floskeln abgestiegenen „lg“ oder „lieben Grüße“ individuell ersetzen. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.

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