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DDR-Bürger gehen am 18. März 1990 in Berlin zur ersten und gleichzeitig letzten Wahl zur Volkskammer der DDR.

© imago/epd

Letzte Volkskammerwahl der DDR: Der 18. März sollte ein Gedenktag sein

Schicksalstag: Am 18. März 1990 fanden die ersten freien Wahlen in Ostdeutschland statt. Es ist wichtig, das Ereignis zu feiern. Ein Gastbeitrag.

Am 18. März gedenken wir in Berlin der Revolution von 1848. Das ist eine gute Tradition, und das Datum ist so auch im Berliner Feiertagsgesetz festgehalten. Dabei gerät allerdings mitunter das historisch viel näher liegende Ereignis des Jahres 1990 aus dem Blickfeld.

Der 18. März 1990 war das große Finale der friedlichen Revolution in der DDR. An diesem Tag fand nach mehr als 40 Jahren die erste demokratische Parlamentswahl im Osten Deutschlands statt. Eine Wahl, bei der es den Menschen zum allerersten Mal möglich war, zwischen verschiedenen Parteien auszuwählen. Und eine Wahl, wo nichts gefälscht wurde. Zuvor gab es bei DDR-Wahlen sogenannte Einheitslisten, die im Wahllokal ausgegeben und im Regelfall einfach in die Urne geworfen wurden.

Wer eine Wahlkabine benutzte, machte sich verdächtig. Die "Ergebnisse" standen vorher fest und die Zustimmung zu den Kandidaten der Nationalen Front wurde regelmäßig von der SED mit 99 Prozent verkündet. Schon bei der ersten Volkskammerwahl 1950 verkündete die Staatsführung 99,7 Prozent Zustimmung. Die Partei verfuhr nach dem Motto von Walter Ulbricht: „Es muss demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand haben.“

Die Kommunalwahlen 1989 waren ein Sargnagel für das SED-System

Dass Wahlfälschung irgendwann nicht nur gefühlt, sondern nachgewiesen und öffentlich gemacht werden würde, damit hatte die SED nicht gerechnet. Doch am 7. Mai 1989 war es soweit. Während Politbüromitglied Egon Krenz verkündete, dass 98,85 Prozent für die Einheitslisten gestimmt hätten, war durch Oppositionsgruppen für einzelne Wahlbezirke nachgewiesen worden, dass es deutlich mehr Gegenstimmen gegeben hatte.

Dieses Ereignis war ein Sargnagel für das System der SED und einer der Startpunkte für den Herbst ’89. Demonstrationen, Verhaftungen, Rücktritt Honeckers, Maueröffnung, Runder Tisch – all das waren Stationen auf dem Weg zu einer demokratischen Wahl und einer selbstbestimmten Entscheidung über die Zukunft der DDR.

Das Datum 18. März 1990 als Wahltag wurde am Runden Tisch vereinbart. Ein Ausdruck dafür, dass die Revolution von 1989 genauso wie 1848 ein Kampf für Freiheit und gegen Unterdrückung war. Zum Glück ein Kampf mit friedlichen Mitteln.

Die DDR-Bürger entschieden sich für einen schnellen Weg zur Wiedervereinigung

Am 18. März 1990 wählte die Bevölkerung zwischen alten und neuen Parteien. Damit verbunden war die Entscheidung über das ob und wie der Wiedervereinigung mit der Bundesrepublik. Die Allianz für Deutschland mit CDU, DSU und dem Demokratischen Aufbruch erreichte fast die Hälfte der Stimmen. Damit war der schnelle Weg in die deutsche Einheit vorgezeichnet. All jene, die von einem ganz eigenen Weg der DDR geträumt hatten, waren enttäuscht.

Doch die Mehrheit hatte sich klar dagegen entschieden. Gerade im Jahr des 30. Jubiläums der friedlichen Revolution wird darüber diskutiert, ob die Vereinigung richtig oder falsch, bestmöglich oder ganz schlecht war. Darüber kann man verschiedener Ansicht sein.

Der 18. März sollte im Feiertagsgesetz vermerkt werden

In jedem Fall war die Wiedervereinigung eine deutliche Mehrheitsentscheidung der Bürgerinnen und Bürger in der DDR, die am 18. März im Vollbesitz der gerade errungenen politischen Macht und Freiheit gewählt haben. Mit etwas Abstand kann ich nur sagen: Sie haben richtig entschieden.

So wurde der 18. März nicht nur der Tag der ersten, sondern auch der letzten freien Wahl zur Volkskammer der DDR. Ein Schicksalstag im besten Sinne. Und genau deshalb sollte er im nächsten Jahr auch als besonderer Gedenktag gewürdigt und im Berliner Feiertagsgesetz vermerkt sein.

Der Autor ist Mitglied der Fraktion Bündnis 90/Grüne im Berliner Abgeordnetenhaus. In der Wendezeit trat er in die neu gegründete Grüne Partei der DDR ein.

Andreas Otto

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