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In der Kritik: Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst (SPD).

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Update

Laxe Förderungsvergabe: Brandenburgs Bildungsministerin Ernst im Visier des Landesrechnungshofs

Die oberste Finanzkontrollbehörde des Landes rügt die überhöhte Förderung für den Landessportbund. Doch das ist nicht der einzige Fall von Geldverschwendung.

Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) ist erneut ins Visier des Landesrechnungshofs geraten. Im aktuellen Jahresbericht rügt die oberste Finanzkontrollbehörde des Landes, dass das Ernst-Ressort gegen ausdrückliche Warnungen des Rechnungshofs dem Landessportbund einen überhöhten Förderbescheid für das „Haus des Sports“ in Potsdam ausstellte, womit das Land unnötig mindestens eine Million Euro ausgab. 

Der Rechnungshof hatte bereits 2018 im Zusammenhang mit der Internationalen Schule Kleinmachnow die Förderpraxis des Bildungsministeriums angeprangert. Auch sonst finden sich in dem 252 Seiten langen Bericht wieder zahlreiche Fälle von Missmanagement, Schlendrian und Vergeudung durch Ministerien und Behörden des Landes – ein Überblick. 

Es kommt nicht häufig vor, dass der Rechnungshof bereits vor Vergeudung warnt, ehe es zu spät ist und Verantwortliche Förderentscheidungen getroffen haben. Genau dies geschah im Fall des Potsdamer „Hauses des Sports“, ein Großprojekt des brandenburgischen Landessportbunds, dem 2019 dafür vom Bildungsministerium 8,1 Millionen Euro bewilligt worden waren. 

Die Förderung war höher als der damals geplante Eigenanteil des LSB von 6,4 Millionen Euro. Die Zuwendung hätte „um mindestens eine Million Euro niedriger ausfallen müssen“, sagte Präsident Christoph Weiser. Denn der LSB und dessen Tochtergesellschaft hätten laut Rechnungshof selbst über genügend Mittel verfügt und zur Finanzierung auch die LSB-Immobilie in zentraler Innenstadtlage einsetzen können. 

Auf den frühzeitigen Hinweis des Rechnungshofes habe das Ministerium „erst mehrere Monate nach Erlass des Zuwendungsbescheides“ reagiert, so der Hof. Es vertrat die Position, dass der Sportbund keine höheren Mittel aufbringen könne. Dass das nicht stimmte, zeigte sich bald: Als sich der Bau kurz darauf um 4,2 Millionen Euro verteuerte, zahlte der Landessportbund das selbst. Plötzlich hatte der Verband genug Geld. Einen weiteren Förderantrag des LSB hatte das Ministerium abgelehnt. 

Selbstbedienung bei Gewässerverbänden    

Brandenburg hat 32.000 Kilometer Fließgewässer. Um die kümmern sich 25 teils über Beiträge, teils öffentlich finanzierte Gewässerunterhaltungsverbände, die auch für Hochwasserschutz zuständig sind, und die eher selten ins Blickfeld von Öffentlichkeit und Behörden geraten. Die Prüfung bei drei Verbänden brachte krasse Vergeudung und Vergabeverstöße zutage: So habe ein Verband in zweieinhalb Jahren nicht vom Tarifrecht gedeckte Zulagen von 250.000 Euro gezahlt, davon allein 100.000 Euro für den damaligen Geschäftsführer. 

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Alle drei Verbände haben demnach Beschäftigten zu großzügig Dienstwagen zur Verfügung gestellt, „in einem Fall sogar für Fahrten ins Ausland, was im Vergleich zum Land nicht einmal Mitglieder der Regierung dürfen“, heißt es. „Auch zahlte ein Verband seinem damaligen Geschäftsführer eine Miete dafür, dass dieser den privat genutzten Dienstwagen zu Hause in der eigenen Garage parkte. Der Rechnungshof spricht von „Vorteilsgewährung“. Es könnte ein Fall für die Staatsanwaltschaft werden.   

Der Rechnungshof rügt, dass das Umweltministerium - Minister ist Axel Vogel (Grüne) - die Aufsicht ungenügend wahrgenommen hat. Der Hof empfiehlt eine Überprüfung aller Verbände. Vom Ministerium habe es „nur Lavieren und Ausflüchte gegeben“, sagte Vizepräsidentin Sieglinde Reinhardt. Sie mahnt auch aus einem anderen Grund ein Abstellen der Defizite an: „Gerade für Brandenburg  ist ein sorgsamer Umgang mit Wasser ein Gebot der Stunde.“ 

Das Umweltministerium entgegnete in einer Stellungnahme, für die Kontrolle der Wasserverbände seien die Mitglieder, also die Kommunen zuständig. Das Ministerium nehme aber die Kritik des Landesrechnungshofs ernst und wolle Anfang kommenden Jahres eine neue Rechtsverordnung zur Haushalts- und Wirtschaftsführung der Wasserverbände veröffentlichen, die eine bessere Kontrolle der Verbände durch das Ministerium als Aufsichtsbehörde ermöglichen solle.

Schrottblitzer bei der Verkehrspolizei 

Brandenburg gilt als Land mit vielen Verkehrstoten und hoher Blitzerdichte, die Bußgeldeinnahmen des Landes steigen Jahr für Jahr. Doch diesmal fängt sich die Verkehrspolizei, zuständig ist Innenminister Michael Stübgen (CDU), wegen eines kaum einsatzbereiten Abstandsmessgeräts eine Rüge des Hofs ein.

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Das Gerät war 2019 für rund 270.000 Euro neu angeschafft worden, funktionierte aber nicht richtig. Mal störte das Licht, mal war der Sprechfunk zwischen Messstelle und herauswinkenden Beamten gestört, mal taugten die Bilder nichts. 2019 konnten keine Bescheide erlassen werden. „Der Hersteller empfahl, mit den Geräten ganz, ganz langsam zu arbeiten. Sechs von sieben Messungen waren unbrauchbar“, sagte Rechnungshofdirektor Thomas Kersting.    

Die Folge: Von Juni bis Oktober 2020 erfasste das Messsystem 22.000 Verdachtsfälle, doch nur 240 Verwarn- und Bußgelder wurden erlassen. Das entspreche einer Erfolgsquote von nur 1,09 Prozent, so der Hof. 

Dabei sei zu geringer Abstand die Hauptursache von Verkehrsunfällen. Neben mangelnden Einnahmen sei die Unfall-Prävention durch die Mängel erheblich beeinträchtigt, monierte Kersting.

Auch 13 andere Geräte, die als „Blitzer-Anhänger“ bekannten, eigentlich vollautomatischen PoliScanSpeed-Geräte (PSS) sorgten für Probleme wegen häufiger Ausfälle. Die durchschnittliche Nutzung der Lasermessgeräte sei seit 2014 um 47 Prozent zurückgegangen. Aber auch Einsätze, bei denen Personal dabei war, seien seit 2014 im Schnitt um ein Drittel zurückgegangen. Fazit: Es besteht erheblicher Optimierungsbedarf.   

Land gibt 1,6 Milliarden Euro zu viel aus      

Scharf kritisierte Rechnungshofpräsident Weiser die Haushaltspolitik ungedeckter Schecks des Landes Brandenburg, das derzeit jährlich rund 14 Milliarden Euro ausgibt. „Der Landeshaushalt befindet sich nicht im Lot“, sagte Weiser. Denn es gebe ein strukturelles Defizit von 1,6 Milliarden Euro – und neue Kredite seien mit der Schuldenbremse nicht zulässig. 

Der Gesetzgeber habe mit dem Haushalt 2021 und dem geplanten Etat 2022 „keine hinreichenden Anstrengungen unternommen, um konsumtive Ausgaben zurückzufahren“, warnte Weiser. „Und die schweren Jahre kommen erst noch.“ Im Bericht heißt es: „Die Haushaltslage Brandenburgs wird zusehends düsterer.“

Finanzministerin Katrin Lange (SPD) verwies in einer Stellungnahme auf die besondere Notlage in der Corona-Pandemie: „Die Haushalte der Jahre 2020 und 2021 waren Ausnahmehaushalte in einer Ausnahmesituation“, erklärte Lange. „Das sieht man nicht zuletzt an den erforderlichen Neuverschuldungen.“ Künftig werde der Umfang des Landeshaushalts und die Neuverschuldung aber weit geringer ausfallen als in den Krisenjahren.

(mit dpa)

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