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Termine in einer Berliner KfZ-Zulassungsstelle haben in Berlin lange Wartezeiten.

© David Ebener/dpa

Lange Wartezeiten: KfZ-Zulassung in Berlin bekommt 40 neue Stellen

Staatssekretärin Smentek verspricht mehr Personal für die Behörden. Händler sollen nur noch zwei bis drei Tage auf einen Termin warten müssen.

Von Sabine Beikler

Familie Lampe ist mit den Nerven fertig. Erst verschwand ihr Auto mitten in Berlin am Gendarmenmarkt, dann tauchte es nach Tagen wieder an einem anderen Ort auf. Und nun liegt am frühen Morgen eine gut einstündige Fahrt aus Spandau zur KfZ-Zulassungsstelle Lichtenberg hinter den Senioren. „Mir wäre Kreuzberg lieber gewesen, aber Hauptsache ein Termin“, sagt der Spandauer Wolfgang Lampe und schraubt seine neuen Nummernschilder an sein wiedergefundenes Auto.

Anna Lampe ist nach den Telefonaten mit Polizei und Behörden sehr aufgeregt. Beim ersten Anruf wurde ihr „schnodderig“ gesagt, auf einen Termin müsse sie mindestens acht Wochen warten. Als sie zum zweiten Mal anriefen, hatte jemand anders kurz zuvor abgesagt. Nach acht Tagen erhielten die Senioren einen Termin in der KfZ-Zulassungsstelle in der Ferdinand-Schultze-Straße. So viel Glück wie sie haben nicht alle.

Auch nicht die Autohäuser, die ihre Zulassungen in der Regel über Zulassungsdienste abwickeln. Sie haben Wartezeiten von drei bis vier Wochen. Zum Ärger der Kunden und Händler, die in finanzielle Vorleistung gehen müssen und den Herstellern den Kaufpreis zahlen, bevor sie das Geld vom Kunden erhalten. Die Bank, die in der Regel einen Neuwagen mitfinanziert, zahlt das Geld aber erst bei Vorlage der Zulassung aus. Für einige Händler ist das existenzbedrohend.

„Wollen nicht, dass Händler in Not geraten“

„Wir wollen nicht, dass Händler in Not geraten“, sagte Sabine Smentek (SPD), Staatssekretärin für Informations- und Kommunikationstechnik bei der Innenverwaltung, dem Tagesspiegel. Bis Ende September soll nun die Wartezeit am gewerblichen Händlerschalter auf zwei bis drei Tage abgebaut werden. Die Rückstände würden jetzt abgebaut. Das habe ihr das für die KfZ-Zulassungsstellen verantwortliche Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (Labo) zugesagt. Smentek traf sich am Freitag zu einer „regulären Arbeitssitzung“, wie sie sagte, mit der Labo-Verwaltungsspitze. Dabei wurden weitere Maßnahmen und auch ein Personalkonzept besprochen.

Zu den 223 Mitarbeitern im Publikumsbereich für Händler und Privatkunden kommen ab 1. August 19 Mitarbeiter und ab 1. September weitere 16 Mitarbeiter hinzu. Bei weiteren fünf laufen derzeit noch die Auswahlverfahren. „Es werden 40 Mitarbeiter mehr sein, die dort arbeiten und nicht nur die normale Fluktuation ausgleichen“, sagte Smentek. Und diese war im Vorjahr gerade in den Zulassungsstellen groß: Innerhalb von einem Jahr gingen zehn Prozent der Beschäftigten oder wechselten die Behörde.

Nicht nur für Smentek sind die schlechten Arbeitsbedingungen vor allem am Standort Kreuzberg in der Jüterboger Straße offensichtlich. Eine Sanierung ist überfällig. 200.000 Euro Planungsmittel dafür sind laut Smentek inzwischen bewilligt, im nächsten Jahr soll es losgehen.

Die Kreuzberger Klientel ist nicht einfach

Das Mobiliar ist alt, hellbraune Schreibtische, die Bürostühle alles andere als ergonomisch, die Wandfarbe an vielen Stellen abgeblättert. Und die paar Pflanzen auf den Tischen schaffen es nicht, die Räume aufzuwerten. Die Warteräume für Kunden schauen nicht besser aus. Beige Türen, schwarzer Rahmen, abgeblätterter Lack und schwarze, im Boden festverschraubte Metall- oder Kunststoffbänke. Die Leute starren auf die Monitore mit langen Zahlenreihen und hoffen beim nächsten „Ding-Dong“, dass ihre Vorgangsnummer erscheint und sie aus dem Warteraum flüchten können.

An der Wand hängt eine Hausordnung: keine Tiere, keine Zigaretten, Abfall bitte in die Behälter werfen. Auch nicht „unter Alkohol- oder Drogeneinwirkung oder sehr verschmutzt oder übelriechend“ möge man erscheinen. „Die Bedienung kann ansonsten abgelehnt werden.“

Die Klientel, die in Kreuzberg erscheint, ist nicht immer einfach. Das erzählen Sachbearbeiter und Händler. Manche Kunden seien aggressiv, einige verstünden kaum deutsch. Es kommt auch vor, dass Mitarbeiter bedroht werden.

„Es ist ekelig hier“, flüstert eine Erzieherin, die ihren Namen nicht nennen will. „Fünf Wochen musste ich warten, um mein Auto nach dem Kauf anzumelden“, erzählt sie. Sie hatte sich mit dem Käufer darauf geeinigt, dass er das Auto abmeldet. Über „Vitamin B“, sagt sie, habe sie ihr Auto bis zum Anmeldetermin ohne Nummernschild auf einem Privatgelände abstellen können.

Die Wartezeiten für Privatkunden sollen mit dem zusätzlichen Personal ebenfalls abgebaut werden, ein konkretes Ziel nennt Smentek aber nicht. Dass kurz- oder mittelfristige Termine demnächst wieder online gebucht werden können, ist aber eher unwahrscheinlich: Pro Tag werden 80 bis 100 sogenannte „Fake E-Mails“, sagt Smentek, gelöscht. Darunter sind E-Mails von nicht seriösen Zulassungsdiensten, die durch das Blocken von Terminen das Angebot verknappen wollen, um Privatkunden zu zwingen, ihre Dienste zu teuren Preisen in Anspruch zu nehmen. „Wir werden nicht akzeptieren, dass Privatkunden übers Internet ausgegrenzt werden“, sagt Smentek. Sie will demnächst Gespräche mit Branchenvertretern zu der Frage führen, wie man die „Schwarzen Schafe“ unter den Zulassungsdiensten herausfiltern könne.

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