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Menschen flanieren am 2. Adventsonntag in der Friedrichstrasse in Berlin. am 6. Dezember 2020.

© imago images/Emmanuele Contini

Läden zu, Schulen zu, Kitas offen?: Berlin geht in den harten Lockdown – was dabei noch unklar ist

Läden und Schulen sollen schließen, Kitas aber offen bleiben. Das kündigte der Regierende Bürgermeister an. Der 21. Dezember ist als Stichtag im Gespräch.

Berlin steuert auf einen erneuten harten Lockdown zu – womöglich schon vor Weihnachten. In der Plenardebatte des Abgeordnetenhauses am Donnerstag erklärte der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD): „Wir werden den Einzelhandel runterfahren müssen, auch bis zum 10. Januar. Es geht nicht anders.“

Müller zufolge haben die Anfang November ergriffenen Maßnahmen zwar etwas gebracht, „aber nicht das, was nötig ist“. Es sei jetzt ein Punkt erreicht, an dem Entscheidungen überdacht und verschärft werden müssen.

Ab wann der harte Lockdown gelten soll, ließ Müller offen. „Ich kann Ihnen noch nicht konkret den Tag sagen, ob es nun der 23. ist oder der 20., weil wir das auch mit Brandenburg abstimmen müssen und abstimmen wollen“, sagte Müller. Der Senat wird die neuen Maßnahmen voraussichtlich kommenden Dienstag (15.12) beschließen.

Tagesspiegel-Informationen zufolge ist intern der 21. Dezember als erster Tag des Lockdowns im Gespräch – ein Montag. Der Regierende Bürgermeister kündigte allerdings an, dass auch der am vierten Advent (20.12) vorgesehene verkaufsoffene Sonntag nicht wie geplant stattfinden werde.

„Das können wir nicht zulassen“, sagte Müller und verwies auf anhaltend hohe Corona-Infektionszahlen. Das ist zwischen Müller und Arbeitssenatorin Elke Breitenbach (Linke) abgestimmt.

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) bei der Plenarsitzung im Berliner Abgeordnetenhaus am Donnerstag.
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) bei der Plenarsitzung im Berliner Abgeordnetenhaus am Donnerstag.

© Jörg Carstensen/dpa

Auch sie sprach sich gegen den verkaufsoffenen Sonntag aus. „Die Gesundheit der Menschen ist in der aktuellen Corona-Pandemie wichtiger als ein verkaufsoffener Sonntag“, erklärte Breitenbach am Donnerstag.

Den ursprünglich geplanten verkaufsoffenen Sonntag angesichts der Pandemie-Entwicklung weiterhin zu gewähren, wäre „unter diesem Aspekt unverantwortlich, so leid es mir für die Inhaber und die Beschäftigten im Berliner Einzelhandel auch tut“, sagte Breitenbach weiter.

Es gehe darum, Kontakte und Menschenansammlungen in Einkaufsstraßen zu vermeiden, sagte Breitenbach weiter und kündigte an, entsprechende Regelungen werde der Senat in der kommenden Woche festlegen.

Der Senat will über eine Absage des verkaufsoffenen Sonntags in seiner Sitzung am kommenden Dienstag entscheiden. Aus den Reihen des Einzelhandelsverbands Berlin-Brandenburg hieß es dazu, rechtliche Schritte würden geprüft.

Sonntagsshopping am 20. Dezember soll gestrichen werden

Er habe sich die Situation am verkaufsoffenen Sonntag am 6. Dezember selbst auf dem Tauentzien angeschaut. „Es geht so nicht. Es ist viel los, es ist eine dichtes Gedränge auf den Straßen“, beschrieb Müller seine Eindrücke. Und wenn man sich überlege, dass am 20. Dezember noch Menschen aus Brandenburg in die Stadt strömten und kurz vor dem Fest das „typische Weihnachtsfieber“ ausbreche, „dann entstehen Situationen im Einzelhandel und auf den Geschäftsstraßen, die wir nicht akzeptieren können.“

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Müller weiter: „Es geht nicht in einer weltweiten Krise, in der Menschen sterben, dass wir sagen, uns ist dieser Adventssonntag wichtiger.“ Er bleibe dabei: „Die Gesundheit der Berlinerinnen und Berliner ist mir wichtiger als ein Shoppingerlebnis.“

Für diese Wortwahl wurde Müller von FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja als „herablassend“ kritisiert. „Es geht den meisten Menschen nicht um ein „Shopping-Erlebnis“, wie er behauptet, sondern darum, dass ein Freiheitsrecht nach dem anderen eingeschränkt wird“, sagte Czaja.

Müller plädiert für Schulschließungen

Über den Einzelhandel hinaus – von den Plänen ausgenommen sind Geschäfte zur Lebensmittelversorgung – plädierte Müller für eine Schließung der Schulen. Diese sollten über das ursprüngliche Ferienende am 4. Januar hinaus geschlossen bleiben – ebenfalls bis zum 10. Januar.

Alternativer Unterricht sei denkbar und angeraten. Eine Beschulung im Präsenzunterricht, wie ihn Müller bis zuletzt vehement verteidigt hatte, jedoch nicht.

Offen bleiben sollen hingegen die Kitas. Auf die Nachfrage eines Zeit-Online-Journalisten zu absehbaren Kita-Schließungen wie im Frühjahr twitterte der Regierende: „Die Kitas sollen nach derz. Stand auch in einem verschärften Lockdown geöffnet bleiben.“

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Absehbar ist, dass die Koalitionspartner von Linken und Grünen Müller auf seinem Kurs unterstützen. Die Fraktionsvorsitzende der Berliner Grünen, Silke Gebel, hat sich für einen harten Lockdown nach den Weihnachtsfeiertagen ausgesprochen.

„Lasst uns 14 Tage das Virus zu Hause in Berlin aussitzen!“, erklärte Gebel am Donnerstag im Berliner Abgeordnetenhaus. Sie sprach sich dafür aus, Reisen zu Weihnachten auf ein absolutes Minimum zu reduzieren und auf Verwandtenbesuche zu verzichten: „Reisen ist 2020 nicht drin. Weil Corona ist“, sagte Gebel.

Silke Gebel lobte Investitionen in Klimaschutz und Gesundheitsversorgung.
Silke Gebel lobte Investitionen in Klimaschutz und Gesundheitsversorgung.

© Jörg Carstensen/dpa

„Und natürlich ist das Mist“, fuhr sie fort. „Aber Weihnachten 2020 darf nicht zum Corona-Super-Spreading-Event werden, das noch dazu in die Familiengeschichte eingeht, weil es das letzte Mal war, dass man die Oma gesehen hat.“

Daher sei es wichtig, in diesem Jahr Weihnachten nur im kleinsten Kreis zu feiern. „Denn das rettet Leben. Auch die Leben unserer Liebsten“, sagte Gebel mit Blick auf volle Intensivstationen, viele Schwerkranke und Tote.

Außerdem forderte sie ein Verkaufsverbot für Feuerwerkskörper und ein bundesweites Böllerverbot und rief die derzeit tagende Innenministerkonferenz dazu auf, entsprechende Regelungen zu treffen.

Saleh: „Wir brauchen in den nächsten Wochen einen echten Cut“

SPD-Fraktionschef Raed Saleh sagte bei der Sitzung im Abgeordnetenhaus: „Wir brauchen in den nächsten Wochen einen echten Cut, so sehr es weh tut.“ Die Berliner müssten sich darauf einstellen, dass der Einzelhandel bald eingeschränkt wird, genau wie die Schulen. „Es geht leider nicht anders.“

Klar sei, dass die harten Einschnitte viele treffen, sagte Saleh weiter und nannte Kultur, Veranstaltungsbranche oder Gastronomie als Beispiel. Um den Betroffenen zu helfen, werde der Landeshaushalt noch einmal aufgestockt. „Wir müssen sicherstellen, dass niemand durch Corona in die Armut fällt“, unterstrich der SPD-Politiker.

Carsten Schatz, Vorsitzender der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, erklärte mit Blick auf die Infektionszahlen, diese lägen trotz leichtem Rückgang „viel zu hoch“. Er stellte die Berlinerinnen und Berliner darauf ein: „Vor uns liegen weitere schwere Wochen.“

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Der FDP-Abgeordnete Florian Kluckert attackierte den Berliner Senat in der Debatte scharf. „Kaltherziger als alle anderen Bundesländer“ habe Berlin die Kontaktbeschränkungen zu Weihnachten auf maximal fünf Personen und zwei Haushalte begrenzt, kritisierte Kluckert und erklärte: „Der Senat hat sich nicht einzumischen, wie die Menschen das Fest feiern dürfen.“

Er forderte den Senat dazu auf, die maximale Personenzahl bei privaten Treffen über Weihnachten auf zehn anzuheben und bezeichnete die gegenwärtig geltenden Regeln als „Eingriff in die Menschenrechte und Familien, der völlig unverhältnismäßig ist.“

Dregger (CDU) fordert vom Senat entschlossenes Handeln

CDU-Fraktionschef Burkard Dregger forderte den Senat zu konsequenten Maßnahmen gegen die anhaltende Corona-Pandemie. „Unser Handeln darf und kann sich nicht danach richten, ob unsere Entscheidungen bequem sind, ob sie kritisiert werden“, sagte Dregger im Abgeordnetenhaus.

Gefragt sei entschlossenes Handeln. Das sei auch mit Blick auf die Wirtschaft wichtig: „Ein Hin und Her, ein Vor und Zurück in den Entscheidungen ist Gift für unsere Unternehmen“, warnte Dregger. „Es kommt darauf an, ihnen keine falschen Hoffnungen zu machen, die dann enttäuscht werden.“

Der CDU-Fraktionschef warf dem Senat Versäumnisse in der Coronakrise vor. Es sei nicht zu verstehen, warum sich an der Digitalausstattung der Berliner Schulen so wenig so langsam ändere, um Distanzunterricht zu ermöglichen.

„Wir haben entsprechende Vorschläge gleich zu Beginn der Pandemie gemacht. Passiert ist wirklich wenig“, sagte der CDU-Politiker. Dregger forderte außerdem, die geltenden Corona-Regeln konsequent durchzusetzen und diejenigen zur Rechenschaft zu ziehen, die sie nicht einhielten und sich damit anderen gegenüber rücksichtslos verhielten.

„Als größte Oppositionsfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus haben wir immer deutlich gemacht, dass wir es als unsere staatspolitische Pflicht betrachten, den Senat in der Bewältigung der Krise zu unterstützen“, sagte der CDU-Fraktionschef. „Das werden wir auch weiterhin, mit Augenmaß, mit politischem Anstand und mit politischem Abstand.“ (mit dpa)

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