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In der Ausstellung zur ehemaligen Inspektion der Konzentrationslager (IKL) in Oranienburg können Besucher an einem virtuellen Regal Originaldokumente und Fotos betrachten.

© dpa/Bernd Settnik

KZ Sachsenhausen: Im Haus der Schreibtischtäter

Eine neue Ausstellung in Oranienburg beleuchtet die Übergriffe der NS-Lagerinspekteure zwischen 1938 und 1945.

Oranienburg - Wie ein großes T liegt die Zentrale des KZ-Terrors in Oranienburg da, im Scheitelpunkt das ehemalige Dienstzimmer des obersten Verwalters aller 32 Hauptlager und 1000 Nebenlager. Grausige Endstation für Millionen Häftlinge des NS-Regimes. Vom Balkon aus war der Blick frei auf die aufmarschierenden Wacheinheiten der SS des benachbarten KZ Sachsenhausen. Eine neue Ausstellung setzt sich mit der bedrückenden Geschichte des „T-Gebäudes“ zwischen 1934 und 1945 auseinander. Vom heutigen Sonntag an ist sie zu sehen – am Ort des Geschehens.

Dort entschieden während Hitlers Regime Schreibtischtäter über das Schicksal von Millionen KZ-Häftlingen. Mehr als 100 SS-Angehörige urteilten in ihren Dienstzimmern über Ernährung, Bekleidung und Unterbringung der Häftlinge, über Transporte in andere Lager und Todesmärsche, über Bestrafungen und Hinrichtungen, über Zwangsarbeit, medizinische Experimente und Massenmorde. 500 Dokumente, Fotos, Zeichnungen und Gegenstände aus den Lagern im früheren Dienstzimmer des Leiters und im Treppenhaus belegen die dramatischen Folgen. 40 Biografen erzählen von den Karrieren der Angestellten.

„Wir hoffen, dass die neue Dauerausstellung dazu beitragen wird, diese für die KZ-Verbrechen so bedeutsame Institution stärker in das öffentliche Bewusstsein zu heben“, sagt Günter Morsch, Direktor der Gedenkstättenstiftung. „Immerhin ist das Gebäude nach der Zerstörung des ehemaligen Reichssicherheitshauptamtes in Berlin das wichtigste erhaltene Bauzeugnis der nationalsozialistischen Schreibtischtäter.“ Morsch selbst nutzt mit seinen Angestellten einige Zimmer in dem Komplex.

Im Untergeschoss lagerten für jeden KZ-Häftling Karteikarten und Formulare. In einer virtuellen Bibliothek werden diese Dokumente nun zu einem Archiv des Terrors. Von den bis zum Kriegsende hier arbeitenden Tätern wurden nur wenige zur Rechenschaft gezogen. Der erste Leiter der Inspektion, Theodor Eicke, kam bei einem Flugzeugunglück ums Leben. Sein Nachfolger Richard Glücks nahm sich 1945 das Leben.

Nach Kriegsende übernahm zunächst die Rote Armee das Gelände, das später der NVA als Kaserne diente. Die Vergangenheit war vorübergehend vergessen. Erst, als 1990 darüber diskutiert wurde, ob dort das Finanzamt einziehen solle, wurde die grausige Geschichte des Gebäudes wieder wach.

Die Schreibtischtäter der NS-Zeit spielen demnächst auch in der Galerie Schwartzsche Villa in Steglitz eine Rolle. Dort eröffnet am 5. November die Ausstellung „Hitlers Schreibtischtäter. Das SS-Amt Unter den Eichen“.

„Die Inspektion der Konzentrationslager 1934–1945. Eine Ausstellung am historischen Ort.“ Heinrich-Grüber-Platz 3, Oranienburg. Montag bis Freitag, 8 bis 18 Uhr, an Wochenenden 12 bis 16 Uhr. www.stiftung-bg.de

„Hitlers Schreibtischtäter. Das SS-Amt Unter den Eichen.“ Schwartzsche Villa, Grunewaldstraße 55, Steglitz. Ab 5. November täglich außer montags, 10 bis 18 Uhr. www.schwartzsche-villa.de

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