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Nicht alles macht in TXL bald den Abflug.

© Christophe Gateau/dpa

Kunst, Technik, Rindsledersessel: Diese Dinge ziehen von TXL zum BER

Lilienthals Bronze kommt mit zum BER, die rostige alte Boeing nicht. Der Airport Tegel bleibt bis zu seiner Übergabe im Mai 2021 flugfähig.

Ein Flughafen kann sich nicht einfach in Luft auflösen. Wenn die letzte Maschine am 8. November Tegel verlässt, bleibt der Flughafen TXL erstmal weiter „betriebsfähig“, wie es amtlich heißt. „Die echte Übergabe im materiellen Sinn ist im Mai 2021 geplant“, sagt Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup.

Ein halbes Jahr lang wird Tegel ein Gespensterflughafen sein, fast ohne Menschen, aber mit einsatzfähiger Technik, mit Gepäckförderbändern und Flugsteigen, der Befeuerung für Starts und Landungen und einem Tower zur Flugüberwachung.

Ein großer Ausverkauf von Inventar, von Computern, Bildschirmen, Möbeln, Lampen und Werbe-Krimskrams, eine große Resterampe, ist derzeit nicht geplant. Was die Flughafengesellschaft nicht mitnimmt, fällt automatisch in die Zuständigkeit der Tegel Projekt GmbH.

Doch die beschäftigt sich derzeit nur grob mit der Erbsache TXL. „Grundsätzlich ist es zwischen der Berliner Flughafengesellschaft und uns so geregelt, dass alles, was fest mit den Gebäuden verbunden ist, so bleibt, wie es steht und liegt. ‚Lose Gegenstände‘ werden von der Flughafengesellschaft entfernt“, sagt Constanze Döll, Sprecherin von Tegel Projekt. Was genau lose Gegenstände sind, weiß die Flughafengesellschaft (FBB) auch noch nicht.

„Der Flughafen steht unter Denkmalschutz, es wird vieles bleiben. Was genau, wird im Zuge der Rückgabe der Immobile an die Eigentümer Land Berlin und Bund gerade im Detail geklärt“, sagt FBB-Sprecherin Sabine Deckwerth, und Döll ergänzt: „Wir gehen davon aus, dass ikonische Elemente wie Anzeigetafeln, Leitsystem et cetera verbleiben und möglichst auch in die Nachnutzung integriert werden.“

[Adieu TXL: 46 Jahre flog Berlin auf Tegel, im November ist Schluss im Hexagon. Wir erinnern an Kofferberge, Prominenz im Provinz-Flair und schauen, wer in Zukunft im Berliner Norden landet. Die Themenseite TXL]

Sehr interessiert an Tegel-Preziosen ist das Berliner Technikmuseum, das schon viele Erinnerungsstücke aus dem Nachlass von Air Berlin übernommen hat. Es habe auch schon einen gemeinsamen Rundgang durch die Terminals gegeben, sagt Heiko Triesch, Leiter der Abteilung Luft- und Raumfahrt, aber auf wirklich spannende Details aus der Frühphase des Flughafens sei man nicht gestoßen. Er hofft noch auf Fundstücke in Lagerräumen und Depots, die noch verschlossen sind.

Niemand hat Interesse an der alten Boeing

Interesse hätte das Museum auch an den Reliefporträts der Raketenforscher, die Anfang der 1930er Jahre auf dem damaligen Militärgelände mit Triebwerken experimentierten. Die waren im Terminal angebracht, wurden aber vor zweieinhalb Jahren abgenommen, nachdem es irritierte Nachfragen von Passagieren gab, wie Flughafensprecher Daniel Tolksdorf erklärt. Unter den Porträtierten ist auch Wernher von Braun, der für die Nazis die V2 entwickelte. Kunst am Bau fällt ansonsten unter Denkmalschutz, zumal der BER eigene Kunstinstallationen spendiert bekam. Da überrascht es schon, dass die FBB per Tweet mitteilt, die Skulptur „Der Fall Daidalos und Ikaros“, 1985 von Rolf Scholz erschaffen, sei sicher am BER gelandet. Die Bronze zeigt den Flugpionier Otto Lilienthal, nach dem der Flughafen Tegel benannt ist. Sie stand am Eingang zur Besucherterrasse. „Der BER führt einen Teil der Tegeler Luftfahrtgeschichte weiter“, sagt Tolksdorf. Für ihn sei der Umzug der Skulptur schlüssig.

Das Kunstwerk, das Flugpionier Otto Lilienthal zeigt, ist schon umgezogen.
Das Kunstwerk, das Flugpionier Otto Lilienthal zeigt, ist schon umgezogen.

© Christophe Gateau

Zurückbleiben wird dagegen die ramponierte Boeing 707, die am westlichen Ende des Flughafengeländes seit 1987 vor sich hinrottet. Die Lufthansa wollte sie der Stadt Berlin schenken, zur 750- Jahr-Feier, doch das Geschenk kam beim Empfänger nicht gut an. Das Technikmuseum sollte sich um die Boeing kümmern, hatte aber keine Halle zum Unterstellen. Laut Triesch verblieb man mit der Lufthansa so, dass die Boeing in Tegel bleibt und notfalls auf Kosten der Lufthansa verschrottet wird.

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Mit den Jahren kamen viele Teile der Boeing-Inneneinrichtung abhanden, trotz Sicherheitszauns. Wind und Regen taten ein Übriges. Niemand habe Interesse an der verrosteten Maschine, sagt Triesch. Deshalb werde sie wohl ausgeschlachtet und dann verschrottet. „Wertvoll ist für uns insbesondere die Kabinenausstattung, die von der Lufthansa stammt, vielleicht auch das Seitenleitwerk, ein Triebwerk, Türen und weitere Kleinteile.“ Das hänge von den Kosten für Abbau und Transport ab.

Nur noch Schrott? Die alte Boeing bleibt in Tegel und soll verschrottet werden.
Nur noch Schrott? Die alte Boeing bleibt in Tegel und soll verschrottet werden.

© Thomas Loy

Großgeräte wie Flugzeugschlepper und Fluggasttreppen sind längst in Schönefeld. Weil nur noch wenige Flugzeuge in Tegel abzufertigen waren, standen viele Geräte nur noch nutzlos herum. Für Bodendienstleister wie Wisag oder Aerogorund, die sehr unter der Pandemieflaute leiden, lief der Umzug gerade wegen der Flaute relativ entspannt.

Leder soweit das Auge reicht. Was passiert mit den alten Sesseln?
Leder soweit das Auge reicht. Was passiert mit den alten Sesseln?

© Thomas Loy

Am einfachsten haben es die Fluggesellschaften. Sie lassen ihre Flieger in Tegel abheben und in Schönefeld landen. Platzhirsche wie die Lufthansa haben auch am Boden Besitztümer, um die sie sich kümmern müssen. Etwa Sessel aus Rindsleder, Typ Zelda 970, dunkelblau, aus der Senator Lounge. Sowie Barhocker von „Lapalma“, ebenfalls in Blau, Chromgestell, höhenverstellbar. Edles Mobiliar, das keineswegs auf Ebay verscherbelt werden soll, sondern im BER Weiterverwendung findet. Die Hocker und Sessel werden auf die Meeting- und Aufenthaltsräume der Mitarbeiter verteilt, wie Sprecherin Sandra Courant versichert.

Und was passiert mit der Überwachungstechnik im TXL-Tower? Das ist Hoheitsgebiet der Deutschen Flugsicherung. Die DFS ist wie der ganze Flughafen theoretisch noch bis Anfang Mai 2021 im Dienst. „Die Technik wird entsprechend weiter instand gehalten“, sagt DFS-Sprecher Stefan Jaekel. Was danach passiert, sei noch unklar, wahrscheinlich würden die noch brauchbaren Teile als Reserve für andere Standorte der Flugsicherung verwendet. Am BER gibt es schon seit 2012 einen voll funktionsfähigen Tower, der den Flugverkehr in Schönefeld abwickelt. „Mitgenommen werden nur persönliche Gegenstände wie etwa eine alte Kernbohrung der beiden TXL-Pisten oder Devotionalien, die bereits aus dem Tempelhofer Tower stammen – etwa eine Dankes-Plakette von damaligen französischen Kollegen.“

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