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Schlagerspaß. Immer Freitags bilden sich Schlangen vor der Hafenbar. 300 Berliner feiern dann zu Schlagerhits die Nacht durch.

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Kult-Disko in Berlin-Mitte macht dicht: Hölle, Hölle, Hölle! Schlagerdisko "Hafenbar" muss schließen

Ein halbes Jahrhundert haben Schlagerfans in der Hafenbar Nächte durchgefeiert. Nun soll Schluss sein – weil ein Investor das Grundstück gekauft hat.

Wie sang schon Lale Andersen? Im roten Licht der Hafenbar, da wurden schon so viele Träume wahr. So schön, so wahr – auch wenn natürlich nicht diese Bar hier an der Chausseestraße 20 in Mitte gemeint war, in der Generationen von Schlagerfans die Nächte durchgefeiert haben. Doch jetzt hat es sich offenbar ausgesungen: Nach 48 Jahren muss die Hafenbar zum Ende des Jahres schließen.

Das bestätigte Klaus Zagermann, Gründer und Inhaber der Hafenbar, am Freitag. Ein Investor soll das Grundstück gekauft haben, laut Zagermann, um Wohnungen oder ein Hotel zu bauen. „Der Investor lässt in einem Vorbescheidsantrag gerade Höhe und Tiefe eines möglichen Neubaus prüfen“, sagt eine Sprecherin der Bauaufsicht Mitte. Wer der Investor ist, wollten beide nicht sagen. Bis ein Bauantrag gestellt werde, könne es aber noch dauern, hieß es bei der Bauaufsicht.

Etwa 300 Leute kommen jeden Freitag

Es darf also erst mal weitergefeiert werden. „Alle Gäste können davon ausgehen, dass wir bis Ende des Jahres 2015 geöffnet haben“, schreiben die Betreiber auf ihrer Internetseite. Einen Vertrag bis zum 31. Dezember mit dem neuen Vermieter hat Zagermann am Freitag unterschrieben und abgeschickt. Der 72-jährige Inhaber zeigt sich pragmatisch: „Wir freuen uns über jeden Tag, an dem es weitergeht.“

Wo sich einst DDR-Größen bei Livemusik amüsierten, werden heute jeden Freitag die größten deutschen Schlagerhits gefeiert. „Es ist unglaublich schade, dass das nun alles einfach so weggebaggert werden soll“, sagt Radio-Eins-Moderator Stefan Rupp, der die Schlagerparty „Stimmen in Aspik“ seit 19 Jahren moderiert. Etwa 300 Leute kommen jeden Freitag, die meisten seien Berliner, viele Stammgäste kommen jede Woche. „Wir sind wie eine irre große Familie“, sagt Rupp.

Auch für Petra Fleischer ist die Hafenbar in den vergangenen neun Jahren ein zweites Zuhause geworden. „Hafenbar bedeutet für mich: Kopf aus, Musik an und Spaß haben, lachen, tanzen, glücklich sein“, sagt die 27-Jährige aus Heiligendamm. Mindestens einmal im Monat komme sie in die Hafenbar, um sich den Kopf frei zu tanzen. „Bei Roland Kaiser, Vicky Leandros und Michelle geht mein Herz auf“, sagt Fleischer. „Hier sind schon Freundschaften fürs Leben entstanden.“

Es gebe Überlegungen, weiterzumachen, sagt Zagermann, den hier alle nur den „Captain“ nennen. Alles hänge aber an der Finanzierung. „Die Ecke hier ist über die Jahre ganz schön teuer geworden“, sagt er. Und ihn selbst betrifft es dann sowieso nur noch am Rande: Der 72-Jährige gibt die Bar Ende des Jahres an seine Söhne ab. Wie es weitergeht, müssen dann sie entscheiden.

"Die treuen Hafenbar-Gäste fahren auch woandershin"

Das Fischernetz und die Schiffsschaukeln einfach woanders aufbauen? Stefan Rupp hat da seine Zweifel. „Ich bin mir nicht sicher, ob das funktionieren würde“, sagt der Moderator. Der Unterstützung ihrer Gäste kann sich das Team jedenfalls sicher sein. Im Internet bekunden Gäste und Freunde bereits ihre Trauer über das Ende. „Die Hafenbar ist das schönste nächtliche Wohnzimmer der Stadt“, schreibt ein Besucher auf der Facebook-Seite.

„Die treuen Hafenbar-Gäste fahren auch woandershin, um zu Howie, Roland und Andrea zu feiern“, glaubt Stammgast Andrea Fleischer. „Ich helfe gerne beim Kartons packen – aber nur, um sie woanders wieder auszupacken.“

Lesen Sie mehr im Tagesspiegel (I.): Ohne Marianne Rosenberg geht hier gar nichts. Mindestens einmal am Abend muss "Er gehört zu mir …" gespielt werden. Sonst wird garantiert gemeutert in der Hafenbar.

Lesen Sie mehr im Tagesspiegel (II:): Partys mit deutschen Hits haben die Hafenbar in Berlin-Mitte legendär gemacht. Das Tanzlokal war Kulisse für den Film "Harts 5 - Geld ist nicht alles".

Lesen Sie mehr im Tagesspiegel (III.): Die Hafenbar feierte 2007 ihr 40-jähriges Bestehen, und von Anfang an war Klaus Zagermann ihr „Kapitän“, wie er selbst sagt. Ein Geburtstagsbesuch

Luisa Jacobs

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