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Barbara Slowik ist seit dem 10. April 2018 Polizeipräsidentin in Berlin.

© Kai-Uwe Heinrich

Update

Kritik an Polizeipräsidentin Slowik: "Eine Strukturreform wie ein Trojanisches Pferd"

Mehrere Monate schmiedete eine AG der Berliner Polizeipräsidentin Reformpläne. Der SPD-Innenpolitiker Tom Schreiber und die GdP sehen sich getäuscht.

Der Berliner SPD-Innenexperte Tom Schreiber und die Gewerkschaft der Polizei (GdP) werfen Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik vor, die Reform der Polizeistrukturen durchpeitschen zu wollen. Anlass ist eine Antwort von Innenstaatssekretär Torsten Akmann (SPD) auf eine Anfrage Schreibers.

Demnach ist die vierköpfige „Arbeitsgruppe Struktur“, die die Pläne für den Neuzuschnitt der Direktionen und Führungsstrukturen geschmiedet hat, am 11. Oktober 2018 eingerichtet worden. Leiter der Arbeitsgruppe ist Polizeivizepräsident Marco Langner. Am selben Tag seien auch die Leiter der sechs örtlichen Direktionen und die Beschäftigtenvertretungen über die Arbeitsgruppe informiert worden.

Kaum vorstellbar ist, dass bei einem solch schwerwiegenden Eingriff in Struktur und Aufbau der Polizei die politische Führung, also die Innenverwaltung von Senator Andreas Geisel (SPD), nicht über die Pläne informiert war. Schreiber wollte jedenfalls wissen, wann die Innenverwaltung „mit der AG Struktur befasst“ war. Akmanns Antwort: Am 3. Januar 2019 sei die Arbeitsgruppe der Innenverwaltung vorgestellt worden.

Schreiber glaubt den Angaben nicht – und bezichtigt den Innensenator, den Staatssekretär und die Polizeipräsidentin indirekt, die Unwahrheit gesagt zu haben. Denn in einer internen Runde der Innenpolitiker der rot-rot-grünen Koalition Ende November habe er ausdrücklich nachgefragt, ob eine Strukturreform geplant sei. In der Runde seien auch Geisel, Akmann und Slowik anwesend gewesen, seine Frage nach den Reformplänen sei aber verneint worden. „Ich bin bestürzt, dass mir nicht die Wahrheit gesagt wurde, dieser Umgang mit Abgeordneten ist nicht zu akzeptieren", erklärte Schreiber nun.

Die Direktionen der Polizei Berlin werden neu zugeschnitten.
Die Direktionen der Polizei Berlin werden neu zugeschnitten.

© Böttcher

Schreiber hat den Verdacht, dass die Reform um jeden Preis in kürzester Zeit durchgeboxt werden soll. Es sei zwar klar gewesen, dass die bisherigen Strukturen geändert werden müssten. Doch dies sei auch nicht – wie von Slowik angekündigt – kostenneutral zu machen. Zudem warnte Schreiber vor dem Zeitdruck, diese Erfahrung sei bei der vorherigen Reform, mit der vor einigen Jahren die Strukturen bei Einsatzeinheiten und Stäben gestrafft wurden, gemacht worden. „Wir wissen doch, dass sich die Mitarbeiter nicht mitgenommen fühlen, wenn man ein zu hohes Tempo an den Tag legt. Das Reformtempo ist zu hoch“, sagte Schreiber. Bemerkenswert ist auch: Dass Beamte, die das Konzept für die vorherige Reform erarbeitet haben, nun wieder in Langners Arbeitsgruppe sitzen.

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Auch GdP-Landeschef Norbert Cioma äußerte Kritik am Vorgehen der Polizeiführung. „Die Strukturreform wurde wie ein Trojanisches Pferd in die Berliner Polizei hereingerollt“, sagte Cioma dem Tagesspiegel. „Es wurde immer kommuniziert, dass es eine umfassende Evaluation der vorherigen Strukturreform geben muss, um flächendeckend noch Anpassungen vornehmen zu können. Eine behördenweite Neustruktur stand nicht auf der offiziellen Agenda.“

Cioma bemängelt auch, dass die Direktionsleiter und die Beschäftigtenvertretungen zwar über die Gründung der Reform-Arbeitsgruppen informiert worden, über den genauen Auftrag aber „im Dunkeln gelassen“ worden seien. Das habe „nichts mit Transparenz und dem Mitnehmen“ der Mitarbeiter der Polizei zu tun.

„Aus unserer Sicht wurden die Karten viel zu spät offen auf den Tisch gelegt“, sagte der GdP-Landeschef. „Aber wir spielen nicht den Schwarzen Peter. Insofern werden wir die Chance, die man uns jetzt endlich ermöglicht, nutzen, und uns als GdP im Sinne der Kolleginnen und Kollegen konstruktiv-kritisch einbringen.“

Die Polizeiführung kann die Kritik der GdP nicht recht nachvollziehen. Gerade die Direktionsleiter seien eingebunden worden. So seien die Direktionsleiter Ende Januar bei einem Workshop mit der "Arbeitsgruppe Struktur" und der Behördenleitung informiert worden. Dabei sei auch beraten worden, welche Zuschnitte und welche Zahl für die Direktionen sinnvoll seien.

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Besonders die letzte Aussage des GdP-Landeschefs zur künftigen Zusammenarbeit hat einen konkreten Anlass, denn Slowiks Pläne hatten intern zu Verwerfungen geführt. Die anderen Verbände und Gewerkschaften wie Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG), Unabhängige und Bund Deutscher Kriminalbeamter (BD) waren Ende März von Vizepräsident Langner über die Reformpläne informiert worden, die GdP hatte zu dem Gespräch keinen Vertreter entsandt. Stattdessen hatte die GdP ein Positionspapier veröffentlicht. Darin beklagte die GdP die fehlende Einbindung der Belegschaft und Gewerkschaften.

Noch in dieser Woche soll ein Begleitgremium für die Reform berufen werden. In dem Gremium sollen "Mitglieder der Personalvertretungen, Gewerkschaften und Interessengruppen" sitzen, wie die Innenverwaltung mitteilte. Daneben müssen aber auch auch die Personalräte und Beschäftigtenvertretung beteiligt werden.

Es soll neue Grenzen der Polizeidirektionen geben

Mit der Reform sollen die Grenzen der Direktionen neu gezogen werden. Das Regierungsviertel in Berlin-Mitte wird künftig von Spandau aus gesichert. Und nicht nur die Direktion 5, sondern auch die Direktion 3 in Mitte soll nun entgegen früherer Angaben zerschlagen werden. Die Abschnitte 31 (Volkspark am Weinberg) und 32 (Keibelstraße) gehen mit dem Kriminalitätsschwerpunkt Alexanderplatz in der neuen Brennpunkt-Direktion mit Friedrichshain-Kreuzberg und Teilen Neuköllns inklusive Hermannstraße auf.

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Das ist dann die neue Direktion mit den Kriminalitätsschwerpunkten - mit Messerstechereien, Drogendealern, Gewaltdelikten und Clans. Sie soll mit einer eigenen Brennpunkt-Hundertschaft ausgestattet werden. Die neue Direktion erstreckt sich über drei Bezirke.

Die Wedding-Abschnitte 35 (Oudenarder Straße) und 36 (Pankstraße) der Direktion 3 werden der Direktion 1 (Pankow/Reinickendorf) unterstellt. Die Abschnitte 33 und 34 (Moabit und Mitte) – zuständig für das Regierungsviertel und Straße des 17. Juni – werden der Direktion 2 in Spandau mit Sitz im Ortsteil Ruhleben übertragen, die neben Messe, Olympiastadion und Ku‘damm dann noch mehr zu tun hat.

Der Neuköllner Abschnitt 56 mit den Ortsteilen Britz, Buckow, Gropiusstadt und Rudow wird der Direktion 4 (Steglitz-Zehlendorf, Tempelhof-Schöneberg) zugeschlagen. Nur eine Direktion bleibt von der Strukturreform unberührt: die Direktion 6 (Treptow-Köpenick, Lichtenberg-Hohenschönhausen, Marzahn-Hellersdorf).

Neue Landespolizeidirektion und Umbau beim LKA

Daneben soll eine neue Landespolizeidirektion aufgebaut werden. Die soll künftig für die örtlichen Direktionen, die Direktion Einsatz mit den Hundertschaften und die Verkehrspolizei zuständig sein. Die alte Führung der Polizei hatte sich stark in das Tagesgeschäft eingeschaltet. Slowik dagegen will Aufgaben abgeben und sich stärker auf die strategische Ausrichtung konzentrieren.

An die neue Direktion angegliedert sind die Direktion Einsatz mit ihren Hundertschaften, die neue, bislang zerstreute Zentrale Serviceeinheit für Personal und Technik sowie die Verkehrspolizei, die bisher Teil der Einsatzdirektion war. Die Verkehrspolizei wird zu einer Direktion aufgewertet.

Auch dem Landeskriminalamt steht ein Umbau bevor: LKA-Chef Christian Steiof bekommt wie in anderen Bundesländern üblich einen ständigen Vertreter. Das LKA erhält eine achte Abteilung: Die Terrorabwehr wird aus dem für politisch motivierte Straftaten zuständigen Staatsschutz herausgelöst und ab 2020 wohl mit den Spezialeinheiten in das neue Anti-Terror-Zentrum in der Ringbahnstraße in Tempelhof ziehen. Weitere Veränderungen im LKA sind möglich.

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