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Aus der Langzeitarbeitslosigkeit kommen manche nur schwer wieder heraus.

© imago/photothek

Kritik am solidarischen Grundeinkommen: Senatorin warnt vor Ausbeutung

Elke Breitenbach bezweifelt, dass Tätigkeiten, die Arbeitslose im solidarischen Grundeinkommen machen, zu dauerhaften Jobs führen. Sie fordert Verbesserungen.

Von Ronja Ringelstein

Arbeitssenatorin Elke Breitenbach (Linke) sieht Nachbesserungsbedarf beim solidarischen Grundeinkommen (SGE). Das neue Pilotprojekt des Berliner Senats war als Maßnahme am Arbeitsmarkt gedacht, damit langzeitarbeitslose Menschen über eine geförderte Tätigkeit wieder in den Arbeitsmarkt kommen können.

Doch genau hier zeigte sich die Senatorin im Arbeitsausschuss im Abgeordnetenhaus am Donnerstag noch skeptisch. Bei einigen der Tätigkeitsfelder, auf denen die Langzeitarbeitslosen arbeiten sollen, erschließe sich nicht, wie die die Arbeit der Menschen am Ende der Förderung zu einem Job führen soll, sagte Breitenbach. „Ich finde, wir müssen da gegensteuern.“ Sie wolle in Zukunft die „Debatte weiterführen und sehen, ob wir nicht arbeitsmarktnähere Tätigkeiten einrichten können.“

Breitenbach warnt warnt vor Missbrauch der Förderung und Ausbeutung

Die Tätigkeitsfelder umfassen etwa Citylotse und Quartiersläufer – sie kümmern sich um Sauberkeit im Öffentlichen Raum, Obdachlosenlotse, die Hilfsangebote für wohnungslose Menschen unterstützen, oder Kitahelfer. Diese Tätigkeiten existieren neben dem regulären Arbeitsmarkt.

Dies ist auch gewollt, damit es nicht zu einer Verdrängung kommt. Wenn aber eine Quartiersläuferin beispielsweise immer nur die Sauberkeit im Kiez kontrolliere, sei völlig offen, wie diese ohne eine Weiterbildung anschließend eine Tätigkeit auf dem ersten Arbeitsmarkt finden solle.

Das solidarisches Grundeinkommen richtet sich an 1000 freiwillige Langzeitarbeitslose, die einen Arbeitsvertrag bei Landesbetrieben, Bezirken, Hauptverwaltung und gemeinnützigen Trägern mit einer vollen Fünf-Jahres-Förderung erhalten sollen.

Verbunden ist die freiwillige Tätigkeit mit einem verpflichtenden Coaching, auch ein Beirat wurde eingerichtet, der die Tätigkeitsfelder ausgearbeitet hat und Missbrauch vorbeugen soll. Elke Breitenbach warnte nun außerdem im Ausschuss davor, dass Unternehmen die Fördermaßnahme nur ausnutzten könnten, ohne die Arbeitslosen auch für eine längerfristige Beschäftigung weiterzubilden. „Eins will ich nicht, dass die Unternehmen sagen: 'Super, ich krieg jetzt für kleines Geld Arbeitskräfte, die nehme ich mal mit und dann schicke ich die nach Förderende wieder nach Hause'“, sagte Breitenbach. Sie rief die Job-Coaches und den Beirat und auch ihre eigene Verwaltung dazu auf, hier immer wieder zu kontrollieren.

Das Unternehmen „Stadt und Land“ sieht Hilfe gegen Fachkräftemangel

Wie es nach Vorstellung der Senatorin richtig geht, präsentierte Ingo Malter, Geschäftsführer der landeseigenen Wohnbaugesellschaft „Stadt und Land“ GmbH. Malter war neben drei weiteren Experten zur Anhörung in den Ausschuss am Donnerstag eingeladen worden, um über die praktische Umsetzung des solidarischen Grundeinkommens sowie des Teilhabechancengesetzes zu erzählen.

In den vergangenen zwei Jahren liefen Stellenausschreibungen bei „Stadt und Land“ ins Leere, berichtete Malter, der Fachkräftemangel sei deutlich – und zwar nicht nur im hochqualifizierten Bereich, sondern eben auch im Bereich von niedrigschwelligen Ausbildungen, etwa in der Hauswarttätigkeit. „Hier haben wir haben über das Modellprojekt Personal gewinnen können“, sagt er.

Laut dem Geschäftsführer laufe es in dem landeseigene Unternehmen aber so ab, dass bereits im Bewerbungsgespräch geschaut würde, wie eine Qualifizierung laufen könne und wo man sich eine langfristige Tätigkeit vorstellen könne. „Denn wir hören nicht damit auf, dass wir den Förderantrag stellen und dann den Förderzeitraum nutzen , um die Menschen danach wieder zu entlassen“, sagte Malter. Man wolle diese Menschen in den ersten Arbeitsmarkt bringen, „nur dort ist uns langfristig geholfen“.

Inzwischen sind es 61 Arbeitsverhältnisse übers SGE

Das solidarische Grundeinkommen ist ein Herzensprojekt des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD). Allerdings sind innerhalb der Koalition vor allem die Grünen kritisch, dass es das neue Instrument am Arbeitsmarkt wirklich brauche. Die Opposition im Abgeordnetenhaus lehnt das SGE ab.

In der ersten Pilotphase zwischen Juli und Dezember 2019 sollten 250 der insgesamt 1000 anvisierten Stellen über das SGE besetzt sein, die aktuelle Zahl der Beschäftigungsverhältnisse, die am Donnerstag im Ausschuss von der Sozialsenatorin genannt wurde, liegt allerdings bei 61.

Breitenbach gab zu, dass das nicht „die Welt“ sei, aber sie rechne damit, dass es nun schneller mehr würden. Wie berichtet hatte die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales auf Anfangsschwierigkeiten in der Umsetzung des solidarischen Grundeinkommens hingewiesen. Zu beurteilen, ob das solidarische Grundeinkommen grundsätzlich dafür geeignet sei, dass Menschen ein Unternehmen niedrigschwellig kennenlernen und sich dort weiterentwickeln können, dafür sei es noch zu früh, sagte die Arbeitssenatorin.

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